Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 522

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 522 (NJ DDR 1968, S. 522); Der Vertreter des Kollektivs soll zur allseitigen Aufklärung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen und der Persönlichkeit des Täters beitragen (§ 53 Abs. 1 StPO). Er soll die in der kollektiven Beratung vorgenommene Einschätzung des Täters, insbesondere seine Arbeitsmoral und seine Arbeitsleistungen, darlegen und aufzeigen, welche Möglichkeiten zur Erziehung und Selbsterziehung des Täters vorhanden sind und welche Maßnahmen dazu eingeleitet werden müssen. Ferner soll der Kollektivvertreter erläutern, von welchen Fakten und Umständen das Kollektiv in seiner Beratung und Meinungsbildung ausgegangen ist (§ 36 StPO). In den letzten Quartalen wirkten in der DDR durchschnittlich in 76 bis 78 % aller Strafverfahren Vertreter von Kollektiven mit. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß die Entwicklung dieser Mitwirkungsart in den einzelnen Bezirken und Kreisen recht unterschiedlich ist. Die Bezirksgerichte sollten die Ursachen dieser unterschiedlichen Entwicklung in den einzelnen Kreisen analysieren und die besten Erfahrungen verallgemeinern. Die Mitwirkung der Kollektivvertreter am Strafverfahren wird jetzt in der Regel differenzierter gestaltet als in der Vergangenheit. Bei Tätern, die sehr oft die Arbeitsstelle wechseln und wiederholt straffällig geworden sind, wird in der Regel kein Vertreter des Arbeitskollektivs einbezogen. Das ist richtig, weil das Arbeitskollektiv den Täter wegen seiner kurzen Tätigkeit nicht einschätzen kann. Richtigerweise wird auch auf die Beratung solcher Einzelheiten verzichtet, deren Bekanntwerden in der Öffentlichkeit nicht im Interesse der Gesellschaft liegt oder aus Rücksicht auf die am Verfahren beteiligten Personen nicht geboten erscheint (z. B. bei bestimmten Sexualdelikten). Dagegen ist in verschiedenen Verfahren unter dem Gesichtspunkt der angeblichen Differenzierung bereits im Ermittlungsverfahren von der Mitwirkung des Kollektivs ungerechtfertigt abgesehen worden. Die Gerichte haben diesen Mangel teilweise nicht kritisiert und ent-.weder gar nichts unternommen oder sich lediglich schriftlich an den Betrieb mit der Bitte gewandt, einen Vertreter zur Hauptverhandlung zu entsenden2. Dieser „Betriebsvertreter“ gehört zumeist nicht dem Kollektiv des Täters an und kann der ihm übertragenen Aufgabe nicht nachkommen. Er kann nicht an der allseitigen und unvoreingenommenen Aufklärung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen und der Persönlichkeit des Angeklagten zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit mitwirken und ist zumeist auch nicht in der Lage, zur weiteren Erziehung des Angeklagten und zur Mobilisierung der Bevölkerung zur Verhütung weiterer Straftaten beizutragen. In diesen Fällen wird das Gericht seiner sich aus § 4 Abs. 3 StPO ergebenden Verpflichtung, die unmittelbare Mitwirkung der Bürger am Strafverfahren zu gewährleisten, nicht gerecht. Ein weiterer Mängel besteht darin, daß Erklärungen häufig nur über die Person des Täters, insbesondere über seine'Disziplin und Leistung in der Arbeit, abgegeben werden, während die Faktoren, die für die Straftat maßgebend waren, überhaupt nicht oder nur am Rande erörtert werden. Manche Gerichte versuchen, in der Hauptverhandlung die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Tat sowie die Möglichkeiten zu deren Überwindung vom Kollektivvertreter zu erfragen, obwohl dieser auf solche Probleme gar nicht vorbereitet ist. Die Ausführungen des Kollektivvertreters können dann nur dessen persönliche Meinung und nicht die erforderliche Auffassung des Kollektivs enthalten. Damit die Kollektivvertreter aber ihre Aufga- 2 Vgl. „Erfahrungen aus der unmittelbaren Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im gerichtlichen Verfahren (Aus dem Bericht des Präsidiums an das Plenum des Bezirksgerichts Gera vom 26. Oktober 1967)“, NJ 1968 S. 21 fl. ben richtig wahrnehmen können und den Umfang ihrer Rechte kennen, bedürfen sie der Unterstützung durch Gericht, Staatsanwalt und Untersuchungsorgan (§ 53 Abs. 3 StPO). Die dargelegten Mängel sollten schnellstens durch kollektive Beratung der Rechtspflegeorgane in den Kreisen und Bezirken überwunden werden, um in allen Stadien des Verfahrens die sinnvolle und differenzierte Mitwirkung der Kollektivvertreter zu gewährleisten. Hat das Untersuchungsorgan entgegen seiner Verpflichtung aus § 102 StPO im Ermittlungsverfahren ungerechtfertigt die Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte nicht gewährleistet und ist dadurch das Ermittlungsergebnis unvollständig, so hat das Gericht die Sache gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 2 StPO zu weiteren Ermittlungen an den Staatsanwalt zurückzugeben. Eine Rückgabe der Sache ist jedoch unzulässig, wenn sich das Kollektiv in seiner Beratung noch nicht für eine bestimmte Mitwirkungsform oder für eine bestimmte Person als Kollektivvertreter entschieden hatte; der Täter nach der Erhebung der Anklage die Arbeitsstelle wechselte und die Teilnahme eines Vertreters des neuen Kollektivs erforderlich ist; der Angeklagte die Tat bestreitet und das Kollektiv deshalb nur seine Persönlichkeit beurteilen kann; das Gericht neben der Mitwirkung eines Vertreters des Kollektivs noch eine andere Teilnahmeform oder die Übernahme einer Bürgschaft für notwendig hält; bei neuen, dem Kollektiv bisher nicht bekannten Umständen eine andere als die bereits gewählte Art der Mitwirkung erforderlich ist. Es ist Aufgabe des Gerichts, das Kollektiv zu unterstützen, ihm die Rechte und Pflichten bei der Mitwirkung im Strafverfahren zu erläutern, die neuen Umstände zu unterbreiten und ggf. eine Überprüfung der kollektiven Entscheidung anzuregen. Der Vertreter des Kollektivs ist gemäß § 37 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung vor seiner Vernehmung auf seine Pflicht hinzuweisen, die im Kollektiv vorgenommene Einschätzung zum Verhalten und zur Person des Angeklagten wahrheitsgemäß wiederzugeben. Soweit der Kollektivvertreter das Ergebnis der Beratung des Kollektivs vorträgt, tritt niemals eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen vorsätzlich falscher Aussage (§ 230 StGB) ein. Soll derselbe Bürger jedoch über persönliche Wahrnehmungen zur Person des Täters oder zu dessen Straftat gehört werden, so geht seine Pflicht zur Zeugenaussage seiner Mitwirkung als Kollektivvertreter vor. Insoweit ist er auch wie ein Zeuge zu belehren und kann bei einer vorsätzlich falschen Aussage gemäß § 230 StGB strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Der Vertreter des Kollektivs ist verpflichtet, zur Hauptverhandlung zu erscheinen; er kann jedoch nicht dazu gezwungen werden, denn die in § 31 StPO angedrohten Folgen des Ausbleibens eines Zeugen finden gemäß § 37 Abs. 3 StPO keine Anwendung. Die Vernehmung des Vertreters in der Hauptverhandlung ist ausdrücklich vorgeschrieben (§ 227 StPO). Erscheint er aber nicht zur Hauptverhandlung, so hat das Gericht in der Regel einen neuen Termin anzuberaumen, es sei denn, die objektive Wahrheit kann auf andere Weise festgestellt werden. So kann z. B. der Angeklagte auf Vorhalt die im Protokoll über die Beratung im Kollektiv (§ 102 Abs. 3 StPO) enthaltenen Feststellungen bestätigen, oder es können Zeugen zum Verhalten des Angeklagten und zu seiner persönlichen Entwicklung vernommen werden, deren Aussagen mit der Beratung im Kollektiv übereinstimmen. Eine Verlesung des Protokolls über 522;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 522 (NJ DDR 1968, S. 522) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 522 (NJ DDR 1968, S. 522)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Beweisfüh-rung mit Sachverständigengutachten zu gewährleisten ist. VgT. dazu Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom bestimmt. Von besonderer Bedeutung war der Zentrale Erfahrungsaustausch des Leiters der mit allen Abteilungsleitern und weiteren Dienstfunktionären der Linie. Auf der Grundlage der inoffiziellen Beweislage muß ein solcher offizieller Anlaß geschaffen werden, der einerseits den strafprozessualen Regelungen entspricht und durch den andererseits die Konspiration der inoffiziellen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit. Das betrifft auch die Konspirierung des operativen Bear-be ungsze raumes. In dieser Hinsicht kommt es vor allem darauf an, die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die bei lungsverfahren zu lösenden Aufgaben untegrundeeg unter-schiedlicher aualitativer PersönMfahkeitseinenschaften realisiert ,J ÜPo rsuc üh rorn T-oeitunci von Ernitt- werden können.

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