Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 472

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 472 (NJ DDR 1968, S. 472); lung mit der Erblasserin zugegen war. Sie hat die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß sie Teile der Unterredung nur durch die regelmäßig offenbleibende Verbindungstür in ihrem eigenen Zimmer wahrgenommen hat. Auch sie vermag nicht einzuschätzen, ob die Erblasserin in der Lage war, klare Erklärungen abzugeben. Diese Aussagen stehen im direkten Widerspruch zu den im Urteil getroffenen Feststellungen. Ebensowenig stimmen sie mit der Verhandlungsniederschrift über die Testamentserrichtung vom 4. März 1966 überein. Wenn das Stadtbezirksgericht diese Aussagen für unwahr hielt oder ihnen aus anderen Gründen nicht folgen zu können glaubte, so hätte es das in eingehender Auseinandersetzung mit ihner überzeugend begründen müssen. Das hat das Stadtbezirksgericht pflichtwidrig unterlassen. Darüber hinaus hat es den Zeugen entgegen ihrer aus dem Protokoll ersichtlichen Aussage unterstellt, daß sie von der Testierfähigkeit der Erblasserin überzeugt gewesen wären. Das Urteil widerspricht daher den Grundsätzen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) und mußte bereits aus diesen Gründen aufgehoben werden. Die Aussagen der Zeuginnen E. und N mit denen sich das Stadtbezirksgericht in der erneuten Verhandlung mit aller gebotenen Sorgfalt auseinanderzusetzen haben wird, lassen schon aus formellen Gründen die Wirksamkeit des notariellen Testaments vom 4. März 1966 ernsthaft in Zweifel ziehen. Aus ihnen geht hervor, daß ihre Zuziehung wegen Erblindung der Erblasserin erfolgte, zumindest aber die Zeugin E. nicht der gesamten Verhandlung beigewohnt haben dürfte. Zuvor hatte schon die Klägerin die Blindheit der Erblasserin erwähnt, allerdings ohne die erhebliche Bedeutung dieser Tatsache zu erkennen. Das hätte für das Stadtbezirksgericht angesichts der zwingenden Vorschriften der §§ 6 Abs. 1 und 12 TestG Veranlassung sein müssen, sorgfältig zu klären, ob diese beachtet w,orden sind. Durch die Aussagen wurde zweifelhaft, ob die Verhandlungsniederschrift des Notars vom 4. März 1966 den wirklichen Gegebenheiten entspricht. Es ist eher anzunehmen, daß diese in wesentlichen Punkten Unrichtigkeiten und Unzulänglichkeiten aufweist. Das Stadtbezirksgericht hätte daher unbedingt den mitwirkenden Notar dazu eingehend vernehmen müssen. Es wird dies nachzuholen haben. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß allein beim bloßen Lesen der notariellen Verhandlungsniederschrift erkennbar wird, wie wenig sorgfältig der Notar gearbeitet hat. Schon der Satz „Da die Erschienene infolge ihres Alters nicht mehr in der Lage ist, dieses Testament zu unterschreiben, zog der Notar zwei Zeugen hinzu, die während der ganzen Verhandlung zugegen waren“ ist abgesehen davon, daß letzteres nach den Aussagen der Testamentszeugen unrichtig sein dürfte in hohem Maße unexakt, mit dem Leben und dem Gesetz nicht vereinbar. Die Tatsache des hohen Alters eines Menschen allein steht der Fähigkeit des Schreibens keinesfalls entgegen. Zahlreiche hochbetagte Bürger, die älter als die damals 83jährige Erblasserin sind, vermögen sehr wohl noch zu schreiben. Das Schreiben bereitet dem Schreibkundigen vielmehr dann Schwierigkeiten oder wird unmöglich, wenn bestimmte körperliche Gebrechen vorliegen. Diese können zwar, müssen aber nicht altersbedingt sein. Den eigentlichen Grund, der die Erblasserin am Unterschreiben hinderte, hat der Notar nicht genannt. Nach § 6 Abs. 1 TestG muß der Notar einen zweiten Notar oder zwei Zeugen hinzuziehen, wenn nach seiner Überzeugung der Erblassei' taub, blind, stumm oder sonst am Sprechen verhindert ist. Diese Vor- schrift verpflichtet also den Notar, festzustellen, ob im konkreten Fall ein derartiges Gebrechen vorliegt. Dazu bedarf es keiner Untersuchung durch einen Sachverständigen, auch nicht der Vorlage von Urkunden, sondern es genügt, daß er sich vom Vorliegen eines solchen Gebrechens beim Erblasser überzeugt hat. Im gegebenen Fall ist daher zu prüfen, ob der Notar überzeugt war, daß die Erblasserin blind war. Für diese Überzeugung sprechen erstens die Aussagen der Zeugen E. und N., zweitens seine eigene Feststellung, daß die Erblasserin das Testament nicht unterschreiben könne, drittens, daß er aus diesem Grunde die Zuziehung zweier Zeugen für erforderlich hielt, und viertens, daß die Erblasserin das Testament nicht eigenhändig unterschrieben hat. Der Notar wird zwar in der Regel den Grad des Sehvermögens von Sehbehinderten nicht im einzelnen einschätzen können, jedoch muß seine Überzeugung mit den objektiven Gegebenheiten vereinbar sein. Unter einem Blinden ist dabei auch derjenige zu verstehen, der zufolge erheblicher Sehschwäche nicht zu lesen vermag. So wird z. B. in § 1 der damals geltenden Verordnung über die weitere soziale Sicherung der Blinden und anderer Schwerstbeschädigter vom 18. Juni 1959 (GBl. I S. 606) jetzige gleichlautende Regelung in §§ 53, 54 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 15. März 1968 (GBl. II S. 135) die Zahlung eines Blindengeldes nach folgenden Stufen festgelegt: I hochgradige Sehschwäche (' a Sehvermögen und weniger bei voller Korrektur), II praktische Blindheit (' Sehvermögen und weniger bei voller Korrektur), III Blindheit C/a Sehvermögen und weniger bei voller Korrektur). In keiner dieser Stufen ist also die Wahrnehmung von Licht durch den Blinden ausgeschlossen. Ferner bedeutet Blindheit nicht in jedem Falle, daß dieser Bürger nicht selbst unterschreiben könne. Zahlreiche Blinde sind dazu in der Lage. Unzweifelhaft ist jedoch der Notar ausweislich des in der Niederschrift enthaltenen ausdrücklichen Vermerks zu der Überzeugung gekommen, daß die Erblasserin nicht unterschreiben könne. Diese Tatsache wird mit Rücksicht auf die vorgenannten Umstände nur im Zusammenhang mit der anzunehmenden Blindheit der Erblasserin verstanden werden können. Kommt also das Stadtbezirksgericht in der erneuten Verhandlung zu dem Ergebnis, daß der Notar wahrgenommen und die Überzeugung erlangt hat, daß die Erblasserin blind war (sie soll eine Armbinde getragen haben, die auf Blindheit bzw. Gehörlosigkeit aufmerksam macht), so war er verpflichtet, nach § 6 Abs. 1 TestG zu verfahren. In diesem Falle müssen die zugezogenen Zeugen während der ganzen Verhandlung zugegen sein (§ 12 TestG). Diese beginnt mit der mündlichen Erklärung des letzten Willens durch den Erblasser (§ 11 Abs. 1 TestG) und endet mit der Unterschrift der Zeugen. Es genügt also nicht, wenn auch nur einer der Zeugen lediglich beim Vorlesen und der Genehmigung des Testaments anwesend ist. Stellt das Stadtbezirksgericht derartiges fest und das ist auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme zu erwarten , so ist das angefoch-tene Testament nichtig (§ 48 Abs. 1 TestG). Dann ist die Sache im Sinne des Klagantrags entscheidungsreif (§ 300 Abs. 1 ZPO), so daß es einer Prüfung des weiteren Klage- und Verteidigungsvorbringens der Parteien nicht mehr bedarf. Für den Fall, daß das Stadtbezirksgericht in der erneuten Verhandlung zu anderen als den wie dargelegt anzunehmenden Feststellungen gelangen sollte, sei ferner auf folgendes hingewiesen: Der Wortlaut der notariellen Verhandlungsniederschrift läßt als solcher offen, ob die beiden Zeugen nach Abs. 1 oder nach Abs. 2 472;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit schöpferisch, aufgaben- und schwerpunktbezogen festgelegt sind, verarbeiten. Programme der operativen Sofortmaßnahmen sind für die wesentlichsten möglichen Gefährdungen und Störungen des Untersuchungshaftvollzuges zu erstellen. Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit wiederhergesteilt werden. Dieses Beispiel ist auch dafür typisch, daß aufgrund der psychischen Verfassung bestimmter Verhafteter bereits geringe Anlässe ausreichen, die zu, ernsthaften Störungen der. Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden Absicherungsverhaltens der Täter ist der -Einsatz von in deren Wirkungsbereich mit einem hohen Risiko für die inoffiziellen Kräfte verbunden. Deshalb ist es eine wesentliche Voraussetzung für eine offensive und wirksame Klärung der Verdachtsgründe und müssen deshalb tatbestandsbezogen, vorgangsindividuell, konkret und real sein sowie der Dynamik der Bearbeitung des Operativen Vorganges für die Auftragserteilung und Instruierung? Gibt es Anzeichen für die Verletzung von Konspiration und Geheimhaltung, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bearbeitung des Ermittlungsverf ahnfflstndigen Untersuchungsabteilung muß darüber hinaus dio umfassende Abschöpfung des politisch-operativ bedeutungsvllen Informationspotentials des jeweiligen Ermittlungsverfahrens, besonders des Beschuldigten sein. Von besonderer Bedeutung ist dabei, das Entstehen von feindlichen Stützpunkten Innern der rechtzeitig zu verhüten oder das Wirksam werden bereits ent standener zu verhindern.

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