Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 468

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 468 (NJ DDR 1968, S. 468); Dieser klaren Rechtslage konnten auch westdeutsche Gerichte nicht in jedem Fall ausweichen. Besonders im Zusammenhang mit Enteignungsmaßnahmen auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens griffen sie zu verschiedenen juristischen Konstruktionen, um enteigneten Nazi- und Kriegsverbrechern ihre Vermögenswerte in Westdeutschland zu erhalten. So hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen dargelegt, daß eine juristische Person auch nach einer von den Behörden ihres Sitzes vollzogenen Enteignung in der Bundesrepublik fortbestehe, sofern dort irgendwelche Vermögenswerte verblieben sind1". Auch das Qberlandesgericht Nürnberg hat das Weiterexistieren einer in der CSSR enteigneten GmbH bejaht, „ohne das es einer Neukonstituierung in Deutschland bedürfe“2". Bemerkenswert an dieser Rechtsprechung ist, daß sie zeitweilig sogar von der Praxis des ehemaligen Reichsgerichts, auf die sich gerade der Bundesgerichtshof sonst stets beruft, abgewichen ist. Das Reichsgericht hatte z. B. das automatische Fortbestehen einer von der Sowjetunion enteigneten ehemaligen Aktiengesellschaft, die Vermögenswerte in Deutschland besaß, ausdrücklich verneint und diese Gesellschaft in Deutschland als nicht existent bezeichnet21. Aber auch westdeutsche Gerichte sind nach 1945 zu gleichen Ergebnissen wie das ehemalige Reichsgericht gelangt allerdings ging es da nicht um die Deutsche Demokratische Republik und andere sozialistische Staaten. So hat z. B. das Landgericht Bremen ebenso wie das Hanseatische Oberlandesgericht die entschädigungslose Enteignung einer holländischen Tabakpflanzungsgesellschaft durch Indonesien anerkannt und eine entsprechende Klage einer deutsch-indonesischen Tabakhandelsgesellschaft auf Herausgabe der in die Bundesrepublik transportierten Tabakernte abgewiesen.22 Die begreiflicherweise selbst in der westdeutschen Literatur weitgehend nicht gebilligte Auffassung von einer automatischen Sitzverlegung mußte schließlich auch vom Bundesgerichtshof dahin eingeschränkt werden, daß sich selbst nach Verlust des satzungsmäßigen Sitzes der Sitz einer juristischen Person nicht automatisch in das Gebiet der westdeutschen Bundesrepublik verlagert habe. Es wurde vielmehr der in der westdeutschen Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannte Satz wieder bekräftigt, daß für die Sitzverlegung einer juristischen Person stets ein besonderer konstitutiver Akt seitens der zuständigen Organe erforderlich ist2". Auf die Problematik, inwieweit eine juristische Person auch bei Mitwirkung ihrer satzungsmäßigen Organe ihren Sitz überhaupt in einen anderen Staat verlegen kann, ist in diesem Zusammenhang wenigstens kurz hinzuweisen. Nach westdeutscher Rechtslehre führt eine solche Sitzverlegung zur Auflösung der Gesellschaft2'1. Bei einer juristischen Person kraft Verleihung führt sogar schon eine Sitzverlegung in ein anderes Bundesland zur Liquidation-1. Das entspricht : BGH. Urteil vom 1. Februar 1952 - 1 ZR 123/50 - (BGHZ Bd. 5 tl. 37) : BGH. Urteil vom 12. April 1954 - IV ZR 231 53 - (BGHZ Bd. 13 S. 106). 20 OLG Nürnberg, Beschluß vom 7. September 1951 3 W 363/50 -(NJW 1952. Heft 3, S. 109). Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11. Juli 1957 - II ZR 318/55 - (BGHZ Bd. 25 S. 148) die Auffassung vertreten, daß eine in der CSSR enteignete Genossenschaft in der Bundesrepublik automatisch fortbestehc. 21 RG. Urteil vom 20. Mai 1930 - 11 385/29 - (RGZ Bd. 129 S. 98). 22 Vgl. hierzu Carl, a. a. O., S. 312. 23 Palandt. a. a. O Anm. g/bb und i vor Art. 7EGBGB: Carl, a. a. O S. 312: BGH. Urteil vom 29. Januar 1959 2 ZR 215/57 (NJW 1959. Heft 15. S. 673). 24 Vgl. Baumbach / Hueck. Kommentar zum Aktiengesetz, io. Aufl Anm. 6 zu § 203. 25 Vgl. Stein Jonas. Kommentar zur ZPO. 18. Aufl., Anm. V (70) zu s 50 ZPO. dem Rechtsstandpunkt’ des ehemaligen Reichsgerichts, den es zur Sitzverlegung einer bergrechtlichen Gewerkschaft Gothaischen Rechts nach Hannover aufgestellt hat2'1. Das gleiche Schicksal wie die Theorie von der „automatischen Sitzverlegung“ erlitt übrigens die ebenfalls zur „Rettung“ der Vermögenswerte enteigneter Nazi-und Kriegsverbrecher entwickelte Theorie vom „Doppelsitz juristischer Personen“; sie wurde von der westdeutschen Rechtsprechung bald wieder aufgegeben. Eindeutig und wohl stets abgelehnt wurde die These vom Doppelsitz jedoch von Anfang an bei Stiftungen, weil „ein gleichzeitiger, doppelter Sitz einer Stiftung logisch nicht denkbar ist“27. Unter prinzipieller Verneinung der Zulässigkeit des Doppelsitzes von Kapitalgesellschaften und eingetragenen Genossenschaften lehnt auch Carl bei Stiftungen einen zweiten Sitz mit der Bemerkung ab, daß dies „keiner besonderen Hervorhebung bedarf“2". Nun soll das Gesetz vom 3. August 1967 aber sogar solche juristischen Personen betreffen, die außerhalb der Bundesrepublik nach wie vor an ihrem Sitz existieren, die von ihrem Sitz aus wirken, ihre sich selbst gestellten Aufgaben erfüllen und gar nicht ihren Sitz verändern wollen bzw. dies entsprechend ihren Satzungen überhaupt nicht können. Für solche Stiftungen ergibt sich in Westdeutschland erst recht die folgende einheitliche Rechtslehre: 1. Eine Stiftung ist unwiderruflich an den Staat gebunden, durch dessen Verwaltungshoheit sie ihre Rechtsfähigkeit erlangt hat. 2. Eine irgendwie geartete automatische Sitzverlegung in einen anderen Staat ist nicht möglich. 3. Für eine Sitzverlegung soweit sie überhaupt satzungsmäßig vorgesehen ist ist in jedem Falle eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Organe der Stiftung erforderlich. 4. Jeder Beschluß auf Änderung des Sitzes einer Stiftung bedarf der ausdrücklichen Entscheidung der Staatsgewalt des ursprünglichen Sitzstaates. 5. Der international-privatrechtliche (und auch interlokalrechtliche) Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht ist der Sitz einer Stiftung. Wenn das Bundesgesetz vom 3. August 1967 fundamentale Rechtsprinzipien und in der Bundesrepublik selbst allgemein anerkannte Lehrmeinungen rigoros mißachtet, so ist das „Ausdruck besonderer Aggressivität des westdeutschen Imperialismus und läuft darauf hinaus, jegliche irgendwie ihr genehmen Stiftungen an sich heranzuziehen, ohne sich an die Gesetze der Staaten zu halten, in denen die Stiftungen bisher gelegen sind“2". * Ein für die westdeutsche Sozialdemokratie beschämender Umstand, der das Zustandekommen dieses Gesetzes betrifft, muß noch erwähnt werden. Als Helfer der Kiesinger/Strauß-Regierung haben sich die rechten SP-Führer ebenso wie bei der Notstandsgesetzgebung auch hier äußerst beflissen gezeigt: Der Gesetzentwurf wurde von der SP-Fraktion mit eingebracht. Das sachlich zuständige Bundesministerium der Justiz wird von dem Sozialdemokraten Dr. Dr. Heinemann geleitet, und so trägt das Gesetz seine Unterschrift ebenso wie die von Willy Brandt als Vizekanzler. Den oben erwähnten Bericht des Rechtsausschusses des Bundes- * 77 26 RG, Urteil vom 22. Januar 1916 - Rep V 293 15 - (RGZ Bd. 88 S. 53). 77 Rechtsgutachten von Prof. Dr. Ernst Wolf, ehern. Präsident des Obersten Gerichtshofes für die britische Zone, vom 23. Juni 1957 zur Frage der Sitzverlegung der Carl-Zeiß-Stiftung Jena. S. 6. 2# Carl. a. a. O S. 305. 2! Rechtsgutachten des Präsidiums des Obersten Gerichts (Ab-schn. Ill B Ziff. 3). NJ 1968 S. 120. 4M;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

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