Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 362

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 362 (NJ DDR 1968, S. 362); Wahrheitserforschung und Recht auf Verteidigung Die Frage nach der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit kann nur durch eine allseitige, gründliche und unvoreingenommene Erforschung der Wahrheit im Ermittlungsverfahren und in der gerichtlichen Hauptverhandlung mit der gebotenen Zuverlässigkeit beantwortet werden. Streit führte zur Wahrheitserforschung im sozialistischen Strafprozeß aus: „Von größter Bedeutung für die Wahrheitserforschung ist die Objektivität. Für den sozialistischen Strafprozeß kann es nur einen Grundsatz geben: ein Mensch kann nur dann verurteilt werden, wenn der Tatbestand des Verbrechens und die Schuld des Angeklagten mit absoluter Genauigkeit und Glaubwürdigkeit festgestellt wurde Wir dürfen daher keine Auffassungen aufkommen lassen, die einer .annähernden“ Wahrheit oder .größtmöglichsten“ Wahrscheinlichkeit das Wort reden. Zu einem objektiven Urteil ist eine objektive Untersuchung, d. h. die Erforschung der objektiven Wahrheit notwendig. Anders geht das nicht.“2 * Dem entspricht vollinhaltlich der in Art. 4 StGB enthaltene Grundsatz über die Anforderungen an die Wahrheitserforschung. Die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt voraus, daß die Straftat in ihren wesentlichen Zusammenhängen aufgedeckt wird. Die StPO fordert, die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten oder Angeklagten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in be- und entlastender Hinsicht allseitig und unvoreingenommen zu untersuchen (§ 2 Abs. 1, 8, 87 Abs. 2, 101, 222 StPO). Nur auf diese Weise kann die Wahrheit in der Strafsache festgestellt und eine gerechte Entscheidung gefunden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich um die Analyse eines nicht mehr wiederholbaren und deswegen einmaligen Geschehens handelt und daß die entscheidenden Feststellungen auf Beobachtungen und Einschätzungen von Tatsachen beruhen, die in jedem Fall bereits der Vergangenheit angehören Darin liegt der hohe Schwierigkeitsgrad der Bemühungen um die Feststellung der Wahrheit. Der Sicherung der Wahrheitsfeststellung und einer unvoreingenommenen Entscheidung des Gerichts dienen die Regelung der Beweismittel, der Beweiserhebung und der Beweiswürdigung (§ 22 ff. StPO) sowie die Bestimmungen über die Stellung der am Strafverfahren Beteiligten. Die historisch gewachsene institutioneile Trennung von Gericht, Anklagevertretung und Verteidigung spielt eine wichtige Rolle bei der Lösung der Aufgaben des sozialistischen Strafverfahrens. Das Recht auf Verteidigung ist dabei kein „humanitäres Zugeständnis“ oder eine bloße Formsache, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Notwendigkeit zur Verwirklichung der sozialistischen Gerechtigkeit2. Die Verfassung und das neue Strafrecht widmen den Rechten des Beschuldigten bzw. Angeklagten große Aufmerksamkeit. Das Recht auf Verteidigung (§§ 15, 61 StPO) umfaßt das Recht, die Beschuldigung kennenzulernen, über die Beweismittel unterrichtet zu werden, alles vorzubringen, was die erhobene Beschuldigung ausräumen oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit mindern kann, Beweisanträge und andere Anträge zur Durchführung des Verfahrens zu stellen, Rechtsmittel ~ Streit. „Die Wahrheit im Strafverfahren“, in: Festschrift Arthur Baumgarten, Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Jg. XIII (1964), Heft 1, S. 15 f. .'l Vgl. hierzu Pein, a. a. O S. 18 ff. einzulegen, sich selbst zu verteidigen und sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers zu bedienen. Ein wichtiges Element des Rechts auf Verteidigung ist die Präsumtion der Unschuld. Wie Herrmann bereits 1962 ausführte, „beschränkt sich die Präsumtion der Unschuld nicht darauf, Bestandteil des Rechts auf Verteidigung zu sein, sondern darüber hinaus lenkt sie auch die Tätigkeit der Strafverfolgungsorgane“4. Das Prinzip der Präsumtion der Unschuld ist also von allen am Strafverfahren Beteiligten und bei allen hier zu treffenden Entscheidungen zu beachten. Es ist deshalb ein wichtiger Grundsatz unseres sozialistischen Strafverfahrens5. Während die StPO aus dem Jahre 1952 die Präsumtion der Unschuld nicht ausdrücklich gesetzlich fixierte, kommen das neue StGB (Art. 4) und die neue StPO (§ 6 Abs. 2) diesem Erfordernis nach: „Niemand darf als einer Straftat schuldig behandelt werden, bevor nicht in einem gesetzlich durchgeführten Verfahren von einem Gericht oder gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege seine Schuld zweifelsfrei nachgewiesen und rechtskräftig festgestellt worden ist.“ Die StPO hält sich auch in den Bestimmungen über den Abschluß der Hauptverhandlung streng an dieses Prinzip. Deshalb sieht sie und darin liegt eine bemerkenswerte Neuerung von einer qualitativen Differenzierung des Freispruchs ab und erklärt Formulierungen, welche die Unschuld des Freigesprochenen in Zweifel ziehen, für unzulässig (§ 244 Abs. 1 StPO). Die Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung ist jedoch nicht allein Sache des Rechtsanwalts, sondern auch eine aus der Verantwortung für die Wahrung der Grundrechte folgende Verpflichtung des Gerichts, des Staatsanwalts und des Untersuchungsorgans. Diese in der Grundsatzbestimmung des § 3 StPO festgelegte Verpflichtung wird in den Vorschriften für das Ermittlungsverfahren und das gerichtliche Hauptverfahren konkretisiert (vgl. §§ 61 Abs. 2, 87 Abs. 2, 101, 222 StPO). Damit wird die Bedeutung, die der Mitwirkung eines Rechtsanwalts im Strafverfahren beigemessen wird (vgl. Rechtspflegeerlaß des Staatsrates, 6. Abschnitt), keineswegs eingeengt. Das folgt schon aus der unterschiedlichen Stellung des Verteidigers (§ 16 StPO), des Gerichts (§ 9 StPO) und des Staatsanwalts (§ 13 StPO). Der Staatsanwalt beispielsweise tritt im Unterschied zum Verteidiger in Erfüllung seiner Beweisführungspflicht (§§ 22, 23, 101, 222 StPO) dem Beschuldigten oder Angeklagten als Organ des Staates gegenüber, während der Verteidiger seinen Mandanten berät und im Verfahren nur ihn entlastende oder seine Verantwortlichkeit mindernde Umstände vorträgt. Auch der Staatsanwalt hat die Aufgabe, die entlastenden Umstände festzustellen und bei der Würdigung des Verhaltens des Beschuldigten bzw. Angeklagten zu berücksichtigen. Aber man darf nicht übersehen, daß es oftmals sehr schwierig ist, b e lastende und ent lastende Umstände gleichzeitig ohne Vorbehalt und mit der gleichen Aufgeschlossenheit zu erkennen und zu beachten. Insbesondere bei umfangreichen oder komplizierten Sachverhalten sowie in rechtlich schwierigen Fällen wird die Unterstützung des Beschuldigten bzw. Angeklagten durch einen Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich sein schon deshalb, weil es dem Beschuldigten bzw. Angeklagten in solchen Fällen nicht oder nur sehr begrenzt möglich ist, von sich aus alle Entlastungsmomente zu erkennen. Auch in Herrmann, „Die Präsumtion der Unschuld ein die Gesell- Schaftswirksamkeit des sozialistischen Strafverfahrens ver- stärkendes Prinzip“, Staat und Recht 1962, Heft 11, S. 1965 ff. 5 vgl. Beyer, „Ergebnisse der Diskussion über den StPO-Ent-wurf“. NJ 1967 S. 676 if. 362;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 362 (NJ DDR 1968, S. 362) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 362 (NJ DDR 1968, S. 362)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter müssen besser dazu befähigt werden, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu verhindern bei entsprechender Notwendigkeit wirksam zu bekämpfen. Die Verantwortung für die sichere, und ordnungsgemäße Durchführung der Transporte tragen die Leiter der Abteilungen sowie die verantwortlichen Transportoffiziere. Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Dienstobjekten der Staatssicherheit Berlin,. Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung ,V -:k. Aufgaben des Sic herungs- und Köhtroll- Betreuer Postens, bei der BbälisTerung des. Auf - nähmeweitfatrön:s - Aufgaben zur Absicherung der Inhaftier- Betreuer innerhalb und außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik. Entscheidende Voraussetzungen für die wirksame sind - die ständige Qualifizierung der wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit zur Erfüllung der sich aus der neuen Situation ergebenden Aufgaben, unterstreichen, daß die Anforderungen an unsere Kader, an ihre Fähigkeiten, ihre Einsatz- und Kampfbereitschaft und damit an ihre Erziehung weiter wachsen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie. Die Wahrnehmung der im Gesetz normierten Befugnisse durch die Angehörigen der Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit erfordert die strikte Beachtung und Durchsetzung, insbesondere der im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse. Zugleich sind die in der Verfassung der im-.St raf gesetzbuch und in der Strafprozeßordnung, in meinen Befehlen und Weisungen enthaltenen Bestimmungen und Richtlinien strikt durchzusetzen und einzuhalten.

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