Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 347

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 347 (NJ DDR 1968, S. 347); Aus den Gründen: Die bezirksgerichtliche Entscheidung beruht auf einer fehlerhaften Würdigung der im Ergebnis der Beweisaufnahme gesicherten Feststellungen zum strafbaren Verhalten des Angeklagten. Mit ihr wird zunächst zwar richtigerweise gerügt, daß die Handlungen des Angeklagten außerhalb des Zuges nicht in die Verurteilung einbezogen werden durften, da sie nicht Gegenstand der Anklage und der Eröffnung des Verfahrens waren. Die Auffassung des Bezirksgerichts, das Verhalten des Angeklagten gegenüber der Geschädigten im Zug erfülle nicht den Tatbestand des § 176 Abs. 1 Ziff. 1 StGB, da ihre Aussagen nicht zweifelsfrei ergeben haben, daß die unzüchtigen Handlungen unter Anwendung von Gewalt geschehen seien, ist jedoch fehlerhaft. Mit ihr werden die wirklichen Zusammenhänge des Tatgeschehens nicht richtig erfaßt und bewertet. Unbestritten ist zunächst, daß der Angeklagte die Absicht hatte, mit der Geschädigten sexuell motivierte Beziehungen aufzunehmen, sie deshalb belästigte, einige Male an die Brust faßte und auch küßte. Entgegen der Entscheidung des Bezirksgerichts ist aber auch eindeutig bewiesen, daß er dabei Gewalt angewandt hat, um die Gegenwehr der Geschädigten zu überwinden. Der Angeklagte hat im Verlaufe des Verfahrens auch noch in der Verhandlung zweiter Instanz selbst mehrfach ausgesagt, daß die Geschädigte seine Zudringlichkeiten fortwährend abwehrte und er an ihrem eindeutigen Verhalten auch erkannt habe, daß säe nichts vom ihm wissen wollte. Er hat auch zugegeben, daß er sie trotzdem wieder bedrängte, an die Brust faßte und küßte. Die Geschädigte bekundete dazu ebenfalls noch in der Beweisaufnahme vor dem Bezirksgericht , der Angeklagte habe ihr derart derb mit der Hand an die Brust gegriffen, daß sie Schmerzen hatte und sich an-strengen mußte, seine Hand wegzustoßen. Er habe sie jedoch immer wieder belästigt und an die Brust gefaßt." Sie habe sich gegen diese Handlungen gewehrt, indem sie seine Hand wegstieß. Als er sie küßte, habe er ihren Kopf festgehalten, so daß es ihr nicht gelungen sei, ihn wegzudrücken. Der Angeklagte bestätigte, daß sie hierbei keine Gelegenheit hatte, sich zu wehren. Vor dem Kreisgericht hatte die Geschädigte bereits angegeben, daß der Angeklagte ihr dabei einen Ohrring herausgerissen habe. Angesichts dieser Beweislage hätte das Bezirksgericht nicht verneinen dürfen, daß der Angeklagte Gewalt angewandt hatte, um die Gegenwehr der Geschädigten zu überwinden und sie seinen sexuellen Bestrebungen gefügig zu machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichts hängt die Erfüllung des Tatbestandes nicht von der Dauer und der Heftigkeit der Gegenwehr der Geschädigten ab, wenn sie ihre Abneigung gegen ein derartiges Verhalten erkennbar zum Ausdruck gebracht hat und der Täter trotz des Erkennens der Ablehnung die sexuellen Handlungen gewaltsam erzwingt. Der Angeklagte hat, wenngleich nicht mit großem Kräfteaufwand, so doch mit anhaltender Tatintensität unzüchtige Handlungen an der Geschädigten vorgenommen. Im Gegensatz zur Auffassung des Bezirksgerichts bestand die Anwendung von Gewalt darin, daß er ihre Abwehr indem sie seine Hände immer wieder beiseiteschob dadurch überwand, daß er sie festhielt und gegen ihren Willen mehrere Male an die Brust faßte und sie küßte. Für ihn war infolge ihres eindeutig ablehnenden Verhaltens auch zu erkennen, daß ihre Gegenwehr ernst gemeint war. Dessen ungeachtet bedrängte er sie und nahm gewaltsam die im Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellten Handlungen vor. Dies ergibt sich neben den Einlassungen des Angeklagten und der Geschädigten nicht zuletzt auch aus solchen objektiven Tatkriterien, daß er ihr im Verlaufe der sexuellen Manipulationen einen Ohrring herausriß und sie auf Grund seines Verhaltens vom Zuge abgesprungen ist, noch bevor dieser angehalten hatte. Dies alles beweist das gewaltsame Vorgehen des Angeklagten, um die beabsichtigten sexuellen Handlungen zu erzwingen. Dabei reichte die Gewaltanwendung aus, die ihm körperlich weit unterlegene Geschädigte unsittlich berühren zu können. Wenn die Geschädigte sich nicht die gesamte Zeit gegen die sexuellen Zugriffe des Angeklagten wehrte, so liegt dies daran, daß ihre Kräfte auf Grund ihrer körperlichen Konstitution nachließen. Damit.wird jedoch die Tatbestandsmäßigkeit des § 176 Abs. 1 Ziff. 1 StGB nicht ausgeschlossen. Ebensowenig wird ihr Vorliegen durch den Umstand beeinträchtigt, daß der Angeklagte sich in seinem Bestreben, mit der Geschädigten sexuelle Beziehungen aufzunehmen, nicht noch weiter gesteigert hat, obgleich ihm dies infolge körperlicher Kraft möglich gewesen wäre. Diese Tatsache ist entgegen der Ansicht des Bezirksgerichts lediglich für die Schuldbewertung und somit für die Einschätzung der Schwere der Tat bedeutsam, nicht jedoch für die Frage, ob der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist. Andererseits ist dieser Fakt unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat nicht von solch erheblichem Gewicht, daß er geeignet wäre, die Anwendung mildernder Umstände im Sinne des § 176 Abs. 2 StGB zu rechtfertigen. Es liegen aber auch keine anderen tatbezogenen Gründe für die Anwendung dieser gesetzlichen Strafmilderungsmöglichkeit vor. Im Ergebnis dieser Beweislage ist die Entscheidung des Bezirksgerichts, der Angeklagte habe keine gewaltsame Unzucht begangen, fehlerhaft. Unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und der Persönlichkeit des Angeklagten hätte es daher bei der vom Kreisgericht erkannten Strafe verbleiben müssen. Die große Ausdauer und Hartnäckigkeit, mit der er sein sexuelles Vorhaben zu verwirklichen versuchte, die ausgeprägte Mißachtung der Würde und Integrität der Geschädigten sowie die psychischen Auswirkungen auf die 17jährige Jugendliche sind die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Schwere der Tat, die auch dadurch nicht wesentlich gemindert wird, daß das Verhalten des Angeklagten gegenüber der Geschädigten außerhalb des Zuges nicht mit Grundlage seiner Verurteilung sein kann. Die Straftat steht aber auch nicht als eine Ausnahmeerscheinung neben einem sonst völlig einwandfreien Verhalten des Angeklagten. Da er sich wegen einer ähnlichen Handlung im Jahre 1966 bereits vor der Konfliktkommission seines Betriebes zu verantworten hatte, kann sein strafwürdiges Verhalten nicht als persönlichkeitsfremd beurteilt werden. Es zeigt vielmehr, daß er daraus nicht die erforderlichen Lehren gezogen hat. Auch seine Vorstrafen kennzeichnen ihn als einen Menschen. der sich gegenüber gesellschaftlichen Belangen rücksichtslos verhält. Anmerkung : Die in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze zur Intensität der Gewaltanwendung hei Sexualdelikten und zur Bewertung der Gegenwehr der Geschädigten behalten auch nach Inkrafttreten des neuen StGB Gültigkeit. Die §§ 121, 122 StGB (neu) sehen jeweils in einer Alternative die Anwendung von Gewalt als eine Begehungsform der Vergewaltigung bzw. der Nötigung zu sexuellen Handlungen vor. Nach § 121 muß eine Frau 34 7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 347 (NJ DDR 1968, S. 347) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 347 (NJ DDR 1968, S. 347)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung - vom Streit. Der Minister für. Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnung ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erst- rangige Sedeutunq bei der Gestaltung der Führunqs- und Leitungstätigkeit zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung von Auslandsreisen führender Repräsentanten sind durch die zuständigen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit konkrete Koordinierungsfestlegungen zu deren Schutz zu treffen. Unter besonderen politischen und politisch-operativen Bedingungen haben die Leiter der Abteilungen kameradschaftlich mit den Leitern der das Strafverfahren bearbeitenden Untersuchungsabteilungen zusammenzuarbeiten und die für das Strafverfahren notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.

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