Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 31

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 31 (NJ DDR 1968, S. 31); würden; im übrigen seien ihm alle erforderlichen Genehmigungen, insbesondere auch die des Bauamts, erteilt worden. Das Kreisgericht hat die Klage unter Bezugnahme auf die §§ 906, 226 BGB abgewiesen, da die Kläger durch das Fenster nicht wesentlich beeinträchtigt würden und ihre Klage nur den Zweck haben könnte, dem Verklagten Schaden zuzufügen. Gegen diese Entscheidung haben die Kläger Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf § 138, I, 8 Pr. ALR in Verbindung mit Art. 124 EGBGB daneben auch auf die §§ 903, 907 BGB haben sie dargelegt, daß ihr Klagebegehren noch hinter den Rechten, die ihnen das geltende Gesetz einräume, zurückbleibe. Der Verklagte hat'-hgantragt, die Berufung zurückzuweisen, und vorgetragen, daß § 138, I, 8 Pr. ALR gegenüber der ihm nach den Bestimmungen der Deutschen Bauordnung vom 2. Oktober 1958 erteilten Baugenehmigung nicht anwendbar sei. Die Berufung ist unbegründet. Aus den Gründen: Der Verklagte ist zwar nicht Eigentümer des Gebäudes, an dem der von den Klägern beanstandete Fensterdurchbruch vorgenommen wurde, wohl aber derjenige, der die behauptete Störung der Kläger veranlaßt hat. Nachbarrechtliche Ansprüche richten sich nicht immer nur gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks, es steht vielmehr soweit nicht das Gesetz selbst eine entsprechende Einschränkung vorsieht nichts im Wege, sie mindestens dann gegen den Störer selbst geltend zu machen, wenn dieser in Ausübung eines Nutzungsrechts am Nachbargrundstück oder an Teilen desselben zum „Nachbar“ des in seinen Rechten Beeinträchtigten geworden ist. Auch der Umstand, daß der Vater des Verklagten den Fensterdurchbruch vorgenommen hat und nicht der Verklagte selbst, ändert nichts an der Passivlegitimation des letzteren, da dessen Vater im Aufträge gehandelt hat. In der Sache selbst kann dem Kreisgericht ebenso wie dem Verklagten nicht darin gefolgt werden, die Geltendmachung des Klageanspruchs stelle eine Schikanemaßnahme dar. Diese Auffassung scheitert schon an der zutreffenden, im Schlußsatz der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils enthaltenen Feststellung des Kreisgerichts, daß eine Beeinträchtigung der Kläger wenn auch eine unwesentliche gegeben sei. Die Bejahung schikanöser Rechtsausübung würde aber nach § 226 BGB voraussetzen, daß die Geltendmachung des Klageanspruchs nur den Zweck haben könnte, dem Verklagten Schaden zuzufügen. Daß die Kläger den Versuch machen, eine von ihnen als lästig empfundene Veränderung des bisherigen Zustands im Klageweg abzuwehren, kann ihnen nicht verübelt werden; die Frage ist nur, ob sie sich aus rechtlichen Gründen diese Veränderung zumuten lassen müssen. Diese Frage war zu bejahen. Zugestimmt werden kann den Klägern, soweit sie ausführen, daß im Hinblick auf Art. 124 EGBGB auch heute noch § 138, I, 8 Pr. ALR für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebend ist. Es trifft nicht zu, daß diese Vorschrift, nach der Wandöffnungen der hier in Rede stehenden Art, „wo es die Umstände gestatten, sechs Fuß von dem Boden des Zimmers erhöht, in allen Fällen aber mit eisernen Stäben oder einem Drahtgitter verwahrt sein“ müssen, durch die Vorschriften der Deutschen Bauordnung vom 2. Oktober 1958 ohne weiteres aufgehoben worden wäre, so daß einem Bauvorgang, der unter Beachtung der Vorschriften der DBO, insbesondere also mit Genehmigung des zuständigen Bauamts, sich vollzieht, grundsätzlich aus zivil- (nachbar-)rechtlichen Gesichtspunkten nicht widersprochen werden könne. Die Deutsche Bauordnung enthält allgemeingültige verwaltungsrechtliche Bestimmungen. Diese sind für alle in irgendeiner Weise an der Errichtung des Baues (bzw. hier: an der baulichen Veränderung) aktiv Beteiligten verbindlich. § 11 Satz 2 DBO hebt jedoch ausdrücklich hervor, daß „Anforderungen in änderen gesetzlichen Bestimmungen unberührt bleiben“. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb nicht neben den Anforderungen, die die Deutsche Bauordnung stellt, noch weitere Baubeschränkungen, die sich aus dem Zivilrecht, insbesondere dem Nachbar-recht, ergeben, ihre Gültigkeit behalten sollen, soweit sie nicht der Bauordnung entgegenstehen. Wenn dies nicht der Fall ist und die DBO enthält keine auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffende Regelung, da § 354 DBO auf ihn schon im Hinblick auf den zu schaffenden Dauer zustand und mangels einer neuen Grenzbebauung nicht angewendet werden kann , steht es also den Eigentümern des angrenzenden Grundstüdes frei, sich auf die grundsätzliche Weitergeltung nachbarrechtlicher Vorschriften hier des § 138, I, 8 Pr. ALR zu berufen. Daß diese Möglichkeit hier trotzdem nicht zum Erfolg der Klage führen konnte, hat seinen Grund darin, daß die angeführte Bestimmung des Pr. ALR wie alle in unserer Gesellschaftsordnung übernommenen älteren Gesetze im Sinne der sozialistischen Entwicklung anzuwenden ist. Auch die Kläger verkennen nicht, daß ein wichtiger Schwerpunkt unseres sozialistischen Aufbaus die Schaffung quantitativ ausreichenden Wohn-raums für die Werktätigen ist. Ihr Verständnis dafür, daß der Verklagte durch Ausbau einer Wohnung zusätzlichen Wohnraum zu schaffen bemüht war, haben sie ausdrücklich hervorgehoben. Dieser Wohnraum muß aber gewissen Mindestanforderungen entsprechen, die unter unseren gesellschaftlichen Bedingungen an seine Ausgestaltung gestellt werden müssen. Auch insoweit haben die Kläger eine gewisse Einsicht gezeigt, indem sie von vornherein nicht die Ansicht vertreten haben, das in Rede stehende Fenster dürfe überhaupt nicht angelegt werden oder müsse, in der oben wiedergegebenen Weise mit Eisenstäben oder einem Drahtgitter versehen werden. Unter sozialistischen Wohnverhältnissen ist aber auch das Ansinnen, ein Wohnraum-fenster mit Milchglasscheiben auszustatten oder so einzurichten, daß es nicht geöffnet werden kann, nicht zumutbar. Wohnraumfenster dienen nicht nur als Lichtquelle, sondern sollen auch den Blick ins Freie und eine ausreichende Lüftung des betreffenden Raumes ermöglichen; diese Zwecke würde aber ein Fenster in der von den Klägern vorgeschlagenen Art nicht erfüllen. Die Kläger können ihr Verlangen also auch nicht unter Berufung darauf rechtfertigen, daß sie mit ihrem Antrag weniger beansprucht hätten, als ihnen nach dem Wortlaut des Gesetzes zustande. Aus den gleichen Erwägungen könnte auch ein etwaiges Verlangen der Kläger keinen Erfolg haben, das neu anzulegende Fenster „sechs Fuß über dem Boden erhöht“ anzubringen, weil es damit unstreitig unmittelbar unter der, Zimmerdecke des hier in Rede stehenden Raumes angebracht werden müßte und auch nicht die notwendige Höhe erhalten würde, was in einem sozialistischen Wohnverhältnissen entsprechenden Wohnraum dem Inhaber gleichfalls nicht zugemutet werden kann. Aus diesen Darlegungen folgt, daß sich die grundsätzlich zu bejahende weitere Anwendbarkeit des § 138 Pr. ALR neben den Bestimmungen der Deutschen Bauordnung in aller Regel auf die Fälle beschränken wird, in denen es sich entweder nicht um Wohnräume handelt oder aber Wohnraumfenster in Betracht kommen, deren Anlage nicht unbedingt erforderlich ist. In der 31;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 31 (NJ DDR 1968, S. 31) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 31 (NJ DDR 1968, S. 31)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gibt. Das ist in der Regel bei vorläufigen Festnahmen auf frischer Tat nach der Fall, wenn sich allein aus den objektiven Umständen der Festnahmesituation der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechtlich unbegründet erscheint - wercffen auch diese Prüfungsverfahren von der UntersuchungsjpbteiluhfJ grundsätzlich nicht in offiziellen Prüf ungsakten sPuswiesen.

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