Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 300

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 300 (NJ DDR 1968, S. 300); wirkt, so daß aus diesen Gründen die Beiziehung eines Sachverständigen nicht erforderlich gewesen wäre. Aber auch in den Verfahren, in denen die Gerichte aus eigenen Erwägungen ohne Antrag eines Prozeßbeteiligten ein Gutachten beiziehen, sind derartige Mängel anzutreffen. In einer Strafsache wurde beispielsweise von der Mutter folgendes vorgetragen: Der Junge sei sehr schwerfällig wenn sie eine Stunde mit ihm Schularbeiten gemacht habe, habe er den Lernstoff begriffen, jedoch später wieder vergessen ; ferner habe er Scharlach gehabt, und „es könne mit dem Kleinhirn Zusammenhängen“. Obwohl der zur Tatzeit 16 Jahre alte Jugendliche durchschnittliche schulische Leistungen hatte, beschloß das Gericht, ein Gutachten beizuziehen. Im Ergebnis der Untersuchung wurde der Jugendliche nicht exkulpiert. Das Verfahren verzögerte sich um ein halbes Jahr, und der Jugendliche hatte die ausgesprochene Strafe bereits durch die Untersuchungshaft verbüßt. Die Frage nach einem erzieherischen Erfolg dieses Verfahrens erübrigt sich. Der Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 13. Oktober 1965 orientiert darauf, in der Regel je nach der Lage des konkreten Falles ein Kollektivgutachten, erstattet von einem Psychiater und von einem Psychologen, beizuziehen, da vom Erscheinungsbild her oft schwer erkennbar ist, ob bestimmte Auffälligkeiten bzw. Störungen nur entwicklungsbedingt und somit bedeutsam für die Schuldfähigkeit (§ 66 StGB) sind oder ob sie psychopathologischer Natur sind und deshalb für die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit (§§ 15, 16 StGB) Bedeutung haben können. Der Jugendliche ist nur von einem Psychologen begutachten zu lassen, wenn erkennbar ist, daß bei ihm entwicklungsbedingte, auf-holbare Entwicklungsstörungen vorliegen. In einigen Verfahren wurde nur ein Psychiater mit der Begutachtung des Jugendlichen betraut. Das ist nicht richtig, weil bei Jugendlichen stets auch die Fragen der sich vollziehenden Persönlichkeitsentwicklung tatbezogen zu klären sind, die der psychologischen Einschätzung obliegen. Nur dann, wenn eine offensichtliche krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt (im Sinne des § 15 StGB z. B. jugendliches Irresein, Schizophrenie u. ä.), kann die Erstattung eines nur psychiatrischen Gutachtens gerechtfertigt sein. Zur Gutachtertätigkeit und zur Arbeit der Gerichte mit den Gutachten Die Qualität der Gutachten ist sehr unterschiedlich. Neben klar auf die Problemstellung ausgerichteten Gutachten, in denen bei der Einschätzung des Entwicklungsstandes der Persönlichkeit von den dafür maßgeblichen Kriterien ausgegangen wird und diese unter dem Aspekt der Straftat auch bewertet werden, gibt es eine nicht geringe Anzahl von Gutachten, die den Anforderungen noch nicht gerecht werden. Im folgenden wird im Interesse der weiteren Verbesserung der gerichtlichen und der Gutachtertätigkeit auf diesem Gebiet auf einige Mängel der Gutachten hingewiesen. Es wurde bereits dargelegt, daß die Beschlüsse der Gerichte über die Beiziehung von Gutachten die Sachverständigen oftmals gar nicht oder nur ungenügend auf die Einschätzung der für das Strafverfahren maßgeblichen Umstände orientieren. Das spiegelt sich dann meist in einer unzureichenden Aussage der Gutachten im Hinblick auf die juristische Fragestellung wider. Vielfach sind die Gutachten recht allgemein gehalten, und die Untersuchungsbefunde werden in allen, für das Gericht zum Teil uninteressanten Einzelheiten dargestellt. Sie beschränken sich oft auf Einschätzungen zum somatischen Persönlichkeitsbild des Jugendlichen, zu seinem intellektuellen Leistungsvermögen, seiner psychischen Verfassung und ggf. psychischen Auffälligkeiten oder psychopathologischen Veränderungen. Dem Gericht werden häufig nur bestimmte Diagnoseergebnisse aus dem organischen (hirnorganisch-neurologischen) und psychischen Bereich des zu Begutachtenden vermittelt, ohne diese in Beziehung zum Tatgeschehen zu setzen und unter dem Gesichtspunkt der Schuldfähigkeit des Jugendlichen einzuschätzen. Soweit in den Gutachten die Ergebnisse psychiatrischneurologischer Untersuchungen dargelegt und bewertet werden, handelt es sich meistens um medizinisch gesicherte Diagnosen, aus denen sich z. B. ergibt, ob bei dem Jugendlichen psychopathologische Störungen bzw. Veränderungen vorliegen. Diese Diagnoseergebnisse werden vom Gutachter in der Regel auch zur psychischen Persönlichkeitsstruktur des Jugendlichen, zu seinem Gesamtverhalten, seinem Leistungsvermögen usw. ins Verhältnis gesetzt. Ein Mangel dieses Teils der Begutachtung ist jedoch, daß vielfach nicht eingeschätzt wird, ob diesen Faktoren im Hinblick auf die konkrete Straftat des Jugendlichen Bedeutung zukommt, ob, in welchem Maße und aus welchen Gründen sie diese mit bestimmt und somit Einfluß auf die Schuldfähigkeit haben. Letzteres trifft auch auf die gutachterlichen Stellungnahmen aus psychologischer Sicht zu. Die Aussagefähigkeit und Überzeugungskraft insbesondere dieses Teils der Gutachten leidet in manchen Fällen darunter, daß eine Fülle von Fakten und Begriffen aus dem Persönlichkeitsbereich des Jugendlichen vermittelt werden, die es dem Gericht erschweren, mit dem Gutachten zu arbeiten, weil ihre Beziehung zur konkreten Straftat nicht ersichtlich ist. So wurde beispielsweise bei einem Diebstahl formuliert, der Jugendliche leide „an einem Mangel an Plastizität des Denkens“, obgleich er über eine durchschnittliche intellektuelle Befähigung verfügt. Und bei einem Sexualdelikt wurde eingeschätzt, daß der Jugendliche in seiner „aktiven Modulationsfähigkeit“ gemindert gewesen sei ohne die Bedeutung dieser Einschätzung für das Tatgeschehen zu begründen. Das geistige Entwicklungsniveau wird im allgemeinen zutreffend auf der Grundlage der intellektuellen Fähigkeiten des Jugendlichen geprüft, die seinem Alter entsprechen müßten und die ihn befähigen, verstandesmäßig die Gefährlichkeit der Tat einzusehen und sich entsprechend zu steuern. Jedoch werden dem Gericht auch insoweit oft nur Fakten vermittelt, wie z. B.: „Es handelt sich um einen normal befähigten, altersgerecht begabten oder leicht debilen Jugendlichen“ u. ä ohne sie zu den übrigen Feststellungen und zur Tat in Beziehung zu setzen. Bei der Prüfung des Standes der sittlich-sozialen Persönlichkeitsentwicklung wird vielfach nur ganz allgemein dargelegt, ob und inwieweit ein Jugendlicher fähig ist, gesellschaftliche Normen, Werte und Verhaltensregeln zu verstehen und sie zur Richtschnur seines Handelns zu nehmen. In einer gutachterlichen Einschätzung eines Jugendlichen, der sehr zielstrebig unzüchtige Handlungen an einem Kind vorgenommen hatte, heißt es z. B.: „Allgemeingültige moralisch-ethische Wertnormen sind dem Jugendlichen zwar bekannt, aber er fühlt sich nicht an sie gebunden und demzufolge auch nicht an das Verbot, sexuelle Beziehungen zu Minderjährigen aufzunehmen, weil er keine richtige Vorstellung von der Art der gesetzlich festgelegten Handlung besitzt und weil er infolge einer völlig mangelhaften Sexualerziehung kein rechtes Verständnis für diese Probleme hatte. Er verfügt deshalb nicht über die erforderliche geistige und sittliche Reife.“ Das Gutachten sagt jedoch nichts 300;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 300 (NJ DDR 1968, S. 300) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 300 (NJ DDR 1968, S. 300)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

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