Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 294

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 294 (NJ DDR 1968, S. 294); aller Umstände, derentwegen sie beschlossen wird, getroffen werden. Die für die Feststellung der Gesetzesverletzungen und straftatbegünstigenden Umstände erforderliche Aufklärung durch das Gericht darf den Rahmen des Strafverfahrens nicht durch zusätzliche Beweiserhebungen sprengen, da die Gerichtskritik nur im Zusammenhang mit einem konkreten Verfahren geübt werden kann. Dieser Zusammenhang ist bei allen während des Ermittlungs- und des gerichtlichen Verfahrens festgestellten Gesetzesverletzungen gegeben. Dabei hat das Gericht insbesondere die ihm in der Hauptverhandlung im Zusammenhang mit dem Strafverfahren von Fachleuten und Spezialisten vermittelten Kenntnisse zu nutzen. Es hat jedoch keine Sachverständigen oder Zeugen lediglich zu dem Zweck zu laden, eine mögliche Gerichtskritik vorzubereiten. Die gegenüber anderen Staatsorganen, Wirtschaftsorganen, Betrieben und Einrichtungen, Genossenschaften oder gesellschaftlichen Organisationen wegen festgestellter Gesetzesverletzungen oder wegen der notwendigen Beseitigung von Ursachen oder Bedingungen von Straftaten zu übende Gerichtskritik muß sich auf die in der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen stützen. Eine solche Gerichtskritik kann deshalb in aller Regel erst nach Abschluß der Hauptverhandlung erlassen werden. Die Beschlußfassung hierüber sollte aber unverzüglich nach der Urteilsverkündung erfolgen. Die Gerichtskritik, insbesondere gegenüber nachgeord-neten Gerichten oder den anderen Rechtspflegeorganen, kann allerdings auch in jedem früheren Verfahrensstadium, bei dem die Gesetzesverletzung festgestellt wird, z. B. im Haftbefehls- oder im Eröffnungsverfahren, ergehen. Sie sollte jedoch nicht während der Hauptverhandlung erlassen und evtl, noch verkündet werden. Je eine Ausfertigung des Gerichtskritikbeschlusses ist dem Leiter des Betriebes oder der Institution, dem übergeordneten Organ und dem zuständigen Staatsanwalt zu übersenden (§ 19 Abs. 3 StPO). Die Übergabe einer Ausfertigung des Gerichtskritikbeschlusses an den Staatsanwalt unterbleibt, wenn sich die Gerichtskritik an ein nachgeordnetes Gericht richtet (§ 20 Abs. 3 StPO). In Ausnahmefällen kann es angebracht sein, unmittelbar nach der Urteilsverkündung den Inhalt der Gerichtskritik bekanntzumachen, wenn vor einem bestimmten Zuhörerkreis aus Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen verhandelt wurde und die Anwesenden mit zur Überwindung der Gesetzesverletzungen oder der Ursachen bzw. Bedingungen der Straftat beizutragen haben; die Öffentlichkeit dadurch nachhaltiger zum Kampf gegen die Kriminalität und andere Rechtsverletzungen sowie zur Einhaltung und Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit mobilisiert werden kann. Eine solche Bekanntmachung des Inhalts der Gerichtskritik hat zu unterbleiben, wenn die Sicherheit des Staates oder die Geheimhaltung bestimmter Tatsachen es. erfordert oder ein Bekanntwerden von Einzelheiten der Gesetzesverletzung oder der Ursachen bzw. Bedingungen der Straftat in der Öffentlichkeit nicht im Interesse der Gesellschaft liegt. Das Gericht hat zu kontrollieren, ob der Kritisierte zu der Gerichtskritik ordnungsgemäß Stellung nimmt. Erfolgt dies nicht innerhalb von zwei Wochen, so ist wenn eine Erinnerung keinen Erfolg hatte vom übergeordneten Organ eine Stellungnahme anzufordern. Vom Inhalt der Stellungnahme des Kritisierten hat das Gericht den Staatsanwalt, evtl, durch Übergabe einer Abschrift der Stellungnahme, zu informieren. Zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen Kritikbeschlüsse Verschiedentlich ist zum Teil aus formalen Gesichtspunkten die Forderung erhoben worden, gegen den Gerichtskritikbeschluß ein Rechtsmittel zuzulassen und auch die Möglichkeit seiner Kassation zu erwägen3. So begründet z. B. Schulz die Notwendigkeit eines Rechtsmittels u.a. damit, daß bei berechtigten Gegenvorstellungen des Kritisierten eine sorgfältige Prüfung des der Kritik zugrunde liegenden Sachverhalts durch das übergeordnete Gericht erforderlich sei, wenn das Erstgericht den Kritikbeschluß nicht aufhebt. Dabei wird verkannt, daß es mit dem Wesen und der Bedeutung der Gerichtskritik unvereinbar ist, sie einer prozessualen Behandlung in verschiedenen Instanzen zu unterwerfen. Darauf hat das Präsidium des Obersten Gerichts in dem oben genannten Urteil bereits zutreffend hingewiesen. Der Gerichtskritikbeschluß ist eben seinem Wesen nach nicht gleichzusetzen mit der ein bestimmtes Strafverfahren ganz oder teilweise abschließenden Entscheidung. Mit der Gerichtskritik wird, dem Aufgabenbereich und der Eigenverantwortlichkeit der kritisierten Organe und Institutionen Rechnung tragend, nicht mit unmittelbar verbindlicher Wirkung in deren Tätigkeit eingegriffen. Selbstverständlich hilft die Gerichtskritik, einen bestehenden gesellschaftlichen Konflikt zu überwinden. Sie unterscheidet sich jedoch von Urteilen oder anderen gerichtlichen Beschlüssen dadurch, daß weder in materieller noch in prozessualer Hinsicht ein konkreter Konflikt entschieden wird. Die Gerichtskritik trägt mehr helfenden und fördernden Charakter, wenn sie auch eine ernste Kritik an der Arbeit des Empfängers beinhaltet und diesen zu entsprechenden Schritten veranlassen soll. Jedoch kann weder das Gericht noch ein anderes Rechtspflegeorgan diese gerichtliche Entscheidung, wie z. B. ein Urteil, mit Mitteln des staatlichen Zwanges durchsetzen. Wenn das kritisierte Organ der Meinung ist, daß die Gerichtskritik nicht oder nur teilweise begründet war, und wenn unklar ist, ob diese Auffassung des Kritisierten richtig ist, dann hat das ihm übergeordnete Organ zu entscheiden. Erhebt das kritisierte Organ gegen die sachliche Richtigkeit der in der Gerichtskritik getroffenen Feststellungen oder wegen Unzuständigkeit Einwendungen, so hat sich das Gericht nochmals gründlich mit den in Betracht kommenden Fragen zu befassen. Bei dieser Überprüfung seines Beschlusses sollte das Gericht in derselben Besetzung tätig werden wie beim Erlaß des Beschlusses. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, daß der im Kritikbeschluß vertretene Standpunkt unrichtig ist, dann ist es verpflichtet, dies dem kritisierten Organ und den Stellen, denen es den Beschluß zur Kenntnis gebracht hat, mitzuteilen. Hält das Gericht die Einwendungen für unberechtigt, so übermittelt es diese Stellungnahme dem übergeordneten Organ des Kritisierten, in dessen Verantwortungsbereich die Durchsetzung der Gesetzlichkeit fällt. Gerichtskritik im Rechtsmittel- und im Kassationsverfahren Das Rechtsmittelgericht hat in den Fällen, in denen eine erforderliche Gerichtskritik in erster Instanz unterblieben ist, selbst Kritik zu üben, wenn das erstinstanzliche Urteil nicht abgeändert wird. Die gesetzliche Regelung läßt auch die Möglichkeit offen, daß das Rechtsmittelgericht selbst dann Gerichtskritik übt, wenn das erst- 3 vgl. Stenzei, Die Gerichtskritik unter dem besonderen Aspekt ihrer Anwendung gegenüber sozialistischen Industriebetrieben, Dissertation, Jena 1966, S. 209 ff.; Kellner / Kaiser / Schulz, Die Tätigkeit der Gerichte in Arbeitsrechtssachen. Berlin 1966, S. 218 ff., 242; Schulz, „Zur Anwendung der Gerichtskritik“, NJ 1968 S. 210 f. 294;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 294 (NJ DDR 1968, S. 294) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 294 (NJ DDR 1968, S. 294)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten -müssen sich intensiv darum bemühen, diese Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen, um diese Möglichkeiten sowohl für die Abwehrarbeit. Im Innern als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zur. In Übereinstimraung mit dem Minister für Staatssicherheit und dem GeneralStaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, in Abweichung von der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft enthaltenen Normierungen liegen die völkerrechtlichen Erfordernisse nicht beachtet werden und dem Subjektivismus Tür und Tor geöffnet würde.

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