Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 29

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 29 (NJ DDR 1968, S. 29); Aus den Gründen: Das Berufungsvorbringen des Angeklagten, das Kind sei nicht seine leibliche Tochter, vermag nichts an der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens im Sinne des § 173 StGB zu ändern. Diese Bestimmung verlangt nicht, daß im Einzelfall eine leibliche Abstammung des einen Partners vom anderen über die familienrechtliche Regelung der Verwandtschaft hinaus besonders untersucht und erwiesen sein muß. Das kann auch nicht aus dem den Tatbestand im StGB bezeichnenden Begriff „Blutschande“ abgeleitet werden, zumal dieser schon vor Erlaß des § 3 der VO über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 gebräuchlich war, als noch der Beischlaf zwischen Verschwägerten, also zwischen Personen, die in keinem Fall voneinander abstammen, strafbar war. Bei der Auslegung des Begriffs „Verwandte“ i. S. des § 173 StGB ist von den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen, insbesondere den Familienverhältnissen, auszugehen. Mit Recht wurde daher gefordert, derartige Straftaten künftig in die Gruppe der Straftaten gegen die Familie einzuordnen, was im StGB-Entwurf auch geschehen ist. Diese Delikte mißachten die sozialistischen Familienbezaehungen, die auf gegenseitiger Liebe, Achtung und Vertrauen zwischen allen Familienmitgliedern beruhen, in erheblichem Maße. Diese engen Beziehungen werden gestört, wenn bestimmte enge Verwandte in geschlechtliche Beziehungen zueinander treten und damit gegen die sozialistische Moral und Ethik in der Familie verstoßen. Daraus ergibt sich, daß der Begriff „Verwandte“ i. S. des § 173 StGB keine anderen Personen umfassen kann als diejenigen, die nach dem Familiengesetzbuch Verwandte sind; denn diese Personen bilden die zu schützende Familie, treten auch nach außen als Verwandte in Erscheinung und werden vom Gesetz als Verwandte mit allen rechtlichen Konsequenzen behandelt. Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, daß die auf bestimmter Verwandtschaft beruhenden Eheverbote (§ 8 Ziff. 2 und 3 FGB) mit den Strafbestimmungen des § 173 StGB identisch sind. Ob eine Verwandtschaft nach § 8 Ziff. 2 und 3 FGB besteht, wird ebenfalls nur nach den Vorschriften des FGB geprüft. Auch hieraus kann also nicht gefolgert werden, daß der Beischlaf zwischen bestimmten Verwandten nur strafbar ist, wenn die leibliche Abstammung erwiesen ist. Diese braucht nach der gesetzlichen Regelung über Verwandtschaft im Ausnahmefall nicht vorzuliegen. Die Verteidigung vertritt ferner die Ansicht, der Grundgedanke der Strafbarkeit des Beischlafs zwischen bestimmten Verwandten sei die Verhütung biologischer Fehlentwicklung der Nachkommenschaft. Auch diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Es wurde bereits auf den engen Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung der Eheverbote und der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs zwischen bestimmten Familienangehörigen hingewiesen. Aus der Einschränkung dieser Bestimmungen auf einen engeren Personenkreis ergibt sich aber noch nicht die vom Verteidiger genannte Begründung für die Strafbarkeitserklärung. Vielmehr zeigt die geschichtliche Entwicklung, daß die Eheverbote je nach den konkreten gesellschaftlichen Bedingungen unterschiedlich und keineswegs nur unter Berücksichtigung leiblicher Abstammung gestaltet waren. Im vorliegenden Fall war die Geschädigte selbst wenn die mit der Berufung vorgebrachte Behauptung zutrifft ein eheliches Kind des Angeklagten und seiner Frau. Die Eheleute haben auch gewollt, daß das Kind in der Ehe wie ihr eigenes Kind aufwächst. Das älter gewordene Kind hat auch geglaubt, es stamme vom Angeklagten und seiner Frau ab. Es treffen also alle Voraussetzungen zu, die den Schutz dieser Familie erfordern und die verlangen, daß die so entstandenen engen Beziehungen gegenseitiger Liebe, Achtung und gegenseitigen Vertrauens nicht durch geschlechtliche Beziehungen zwischen Vater und Tochter getrübt werden dürfen. Die rechtliche Beurteilung der Straftat als versuchter Verstoß gegen § 173 StGB in Tateinheit mit § 174 Ziff. 1 StGB war somit nicht zu beanstanden. Anmerkung: Der in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung über den vom Tatbestand des § 173 Abs. 1 StGB erfaßten Personenkreis und den damit verbundenen strafrechtlichen Konsequenzen kann nicht gefolgt werden. Das Stadtgericht geht bei der Interpretation des § 173 StGB von folgenden Thesen aus: Der Begriff „Verwandte“ i. S. des § 173 StGB umfasse keine anderen Personen als diejenigen, die nach dem FGB Verwandte sind; die Strafbarkeit der Blutschande falle mit dem Inhalt der Eheverbote (§ 8 Ziff. 2 und 3 FGB) zusammen. In der Entscheidung wird zu Recht darauf hingewiesen, daß die tatbestandliche Ausgestaltung des § 173 StGB und auch die Neuregelung dieser Bestimmung im StGB-Entwurf von den gesellschaftlichen Bedingungen, insbesondere den Familienverhältnissen, ausgeht. Der herkömmliche Streit über den Inhalt dieser Strafbestimmung kann tatsächlich nur auf dieser Grundlage entschieden werden. Da § 17,3 StGB so schlußfolgert das Stadtgericht die sozialistischen Familienbeziehungen schützt, müsse sich konsequenterweise der Straf schütz auch auf solche Personen erstrek-ken, die zwar nicht miteinander leiblich verwandt sind, aber kraft Gesetzes als verwandt gelten und demzufolge dieselbe Rechtsstellung in der Familie einnehmen. In der Entscheidung werden daher die engen familiären Bindungen hervorgehoben, und es wird darauf hingewiesen, daß der StGB-Entwurf diesen Straftatbestand in den Abschnitt „Straftaten gegen Jugend und Familie“ aufgenommen hat. Zweifellos besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Wesen dieses Tatbestandes und den jeweiligen Bestimmungen über Verwandtschaft und Eheverbot im Familienrecht. Als das Eheverbot zwischen Verschwägerten durch § 3 der VO über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 aufgehoben wurde, ist auch die Strafbarkeitserklärung des Beischlafs zwischen Verschwägerten in § 173 StGB gegenstandslos geworden. Das Stadtgericht zieht aus diesem Zusammenhang m. E. einen unrichtigen Schluß. Es sieht nämlich darin eine Bestätigung seiner Auffassung, daß der Tatbestand der Blutschande völlig dem Eheverbot des FGB folge. Indes ist der Tatbestand des § 173 StGB, der sich An seiner alten Fassung sowohl auf „echte“ Blutschande (Beischlaf zwischen Verwandten) als auch auf den Schutz weitläufiger familiärer Beziehungen (Beischlaf zwischen Verschwägerten) erstreckte, mit den Veränderungen familienrechtlicher Bestimmungen auf die Strafbarkeit „echter“ Blutschande eingeengt ivorden. Der Auffassung des Stadtgerichts, daß nach der familienrechtlichen Regelung eine Verwandtschaft auch gegeben sein kann, ohne daß eine leibliche Abstammung vorliege, kann nicht gefolgt werden. Die Verwandtschaft nach dem FGB ist eine Abstammungsbeziehung. § 79 FGB definiert den Begriff der Verwandtschaft. 29;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 29 (NJ DDR 1968, S. 29) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 29 (NJ DDR 1968, S. 29)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

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