Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 283

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 283 (NJ DDR 1968, S. 283); getreten. Er wäre auch bei sofortiger ärztlicher Hilfeleistung nicht abzuwenden gewesen. Die Blutuntersuchung ergab bei der Toten eine Blutalkoholkonzentration von 1,75 %o. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit (§ 49 StVO) und wegen Fahrerflucht (§ 139a StGB) zu einer bedingten Gefängnisstrafe von neun Monaten. Auf den Kassationsantrag des Direktors des Bezirksgerichts hob das Präsidium des Bezirksgerichts dieses Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kreisgericht zurück. In Befolgung der vom Präsidium erteilten Weisungen verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten nunmehr wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Beihilfe zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit (§ 222 StGB, § 49 StVO, § 49 StGB), wegen Fahrens unter Alkoholeinfluß (§49 StVO), wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 330c StGB) und wegen Fahrerflucht (§ 139a StGB) zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und acht Monaten Gefängnis. Die Berufung gegen dieses Urteil wies das Bezirksgericht als unbegründet zurück. Gegen die Entscheidung des Präsidiums des Bezirksgerichts richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts zugunsten des Angeklagten. Er hatte Erfolg. Aus den Gründen: 1. Für eine Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung gemäß § 330c StGB bietet der festgestellte Sachverhalt keine Grundlage. Nach dem Ergebnis der Sektionsdiagnose des Instituts für gerichtliche Medizin und Kriminalistik der Universität G. und der im Leichenöffnungsbericht festgestellten Todesursache ist der Tod der Frau K. unmittelbar nach dem Sturz durch Abriß der Kleinhirnschlagader eingetreten. Nach den Feststellungen des Kreisgerichts in der Hauptverhand-lüng hat der Angeklagte deshalb durch sein Entfernen vom Unfallort nicht gegen eine ihm obliegende Pflicht, Unfallverletzten sofort Hilfe zu leisten, verstoßen. Eine Verurteilung nach § 330c StGB ist insoweit nur möglich, wenn der Verunglückte noch am Leben ist. Soweit das Kassationsurteil des Bezirksgerichts unter Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichts vom 4. März 1960 - 3 Ust V 1/59 - (NJ 1960 S. 284 [287]) die Verurteilung des Angeklagten gemäß § 330c StGB fordert, da er den nachfolgenden Verkehr nicht gewarnt und damit eine Möglichkeit für weiteren Sach- und Personenschaden zugelassen habe, ist dies ebenfalls nicht begründet. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit unter diesem Gesichtspunkt ist, daß objektiv eine Gefahrensituation am Unfallort für den nachfolgenden Verkehr bestand. Dies ist nach den getroffenen Feststellungen des Kreisgerichts auch in der letzten Verhandlung nach der Durchführung des Kassationsverfahrens durch das Präsidium des Bezirksgerichts nicht der Fall. Der Unfall ereignete sich auf einem Sommerweg, der neben einer aus Kopfsteinpflaster bestehenden Landstraße verläuft. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die Straße in der Zeit nach dem Unfall bis zum nächsten Morgen befahren worden ist. Der Unfall wurde auch erst am anderen Tag in den frühen Morgenstunden entdeckt. Das Motorrad sowie die Getötete befanden sich auch nicht auf der festen Fahrbahn, sondern auf dem parallel zur Straße verlaufenden Sommerweg, der zum Befahren durch Motorfahrzeuge nicht geeignet ist. Eine konkrete Gefahrenquelle für den Kraftfahrzeugverkehr bestand insoweit nicht. Die Benutzung des Sommerweges durch andere Verkehrsteilnehmer hätte zu keiner ernsten Gefahr führen können, da das Motorrad und die Getötete auf dem Sommerweg durch Fußgänger, Radfahrer und Fuhrwerkslenker infolge ihrer Lauf- bzw. Fahrgeschwindigkeit rechtzeitig hätten erkannt werden können. Aber auch für solche Verkehrsteilnehmer ergab sich nach den Feststellungen des Kreisgerichts am Tage des Unfalls keine konkrete Gefahr. Nach den Feststellungen des Kreisgerichts liegen auch die subjektiven Voraussetzungen für eine unterlassene Hilfeleistung nicht vor. Der Angeklagte sah keine Gefahr für den nachfolgenden Straßenverkehr. Der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung ist daher weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht durch das Handeln des Angeklagten erfüllt. Aber selbst wenn die Voraussetzungen einer unterlassenen Hilfeleistung gemäß § 330c StGB Vorgelegen hätten, wäre eine Verurteilung des Angeklagten auf der Grundlage der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses des Kreisgerichts nicht möglich gewesen. Zwar weist das Präsidium des Bezirksgerichts zutreffend auf die Richtlinie Nr. 17 des Plenums des Obersten Gerichts über die Durchführung des Eröffnungsverfahrens vom 14. Januar 1963 (NJ 1963 S. 89) hin, wonach die Gerichte bei der Eröffnung des Hauptverfahrens und bei der Urteilsfindung nicht an die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch den Staatsanwalt gebunden sind. § 216 StPO eröffnet den Gerichten die Möglichkeit, ein bereits von der Anklage und dem Eröffnungsbeschluß erfaßtes Verhalten nach einem anderen als dem im Eröffnungsbeschluß genannten Strafgesetz rechtlich zu beurteilen. Das Bezirksgericht hat jedoch übersehen, daß ein solches rechtlich anders zu beurteilendes Verhalten im Anklagetenor und im Eröffnungsbeschluß beschrieben sein muß. Bereits im Urteil des Obersten Gerichts vom 14. Dezember 1962 3 Ust II 47/62 (NJ 1963 S. 348) wird zutreffend festgestellt, daß Anklagegegenstand nur das gemäß § 169 Abs. 1 Ziff. 2 StPO im Tenor der Anklage charakterisierte Verheilten des Angeklagten sein kann. Das vom Anklagetenor beschriebene Verhalten läßt jedoch eine Auslegung dergestalt, dem Angeklagten sei auch die Herbeiführung einer Gefahr für den nachfolgenden Straßenverkehr zur Last gelegt, nicht zu. Es war somit keine prozessuale Grundlage für einen Hinweis auf eine veränderte Rechtslage gemäß § 216 StPO gegeben. Der Staatsanwalt hätte allenfalls eine Erweiterung der Anklage gemäß § 217 StPO vornehmen können, wenn er der Auffassung war, der Angeklagte habe sich auch der unterlassenen Hilfeleistung gemäß § 330c StGB schuldig gemacht. Dies ist jedoch nicht geschehen. 2. Die vom Präsidium des Bezirksgerichts geforderte Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Fahren unter Alkoholeinfluß (§ 49 StVO in Verbindung mit § 49 StGB) und wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) ist ebenfalls nicht begründet. Das Urteil stützt sich hierbei auf eine fehlerhafte Anwendung des § 5 Abs. 4 StVO, indem es aus der Tatsache, daß der Angeklagte zeitweilig das Motorrad geführt hat, die Schlußfolgerung zog, daß er die zeitweilige Verfügungsgewalt über das Fahrzeug und damit auch die Verantwortung für die Übergabe des Motorrads an die später Getötete hatte. Als ständig verfügungsbefugt über den Einsatz von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 5 Abs. 4 StVO sind solche Personen anzusehen, die auf Grund ihrer beruflichen Stellung z. B. Fahrdienstleiter berechtigt sind, Fahrten anzuordnen und Zweck und Ziel der Fahrten zu bestimmen. Als zeitweilig über den Einsatz von Fahrzeugen Verfügungsbefugte sind die Stellvertreter der vorher genannten Personen, aber auch solche anzusehen, die bei einer einzelnen Fahrt auf Grund ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Stellung berechtigt sind, dem Kraftfahrer Weisungen über Ziel und Dauer der Fahrt zu erteilen. Hierzu gehören u. a. 283;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 283 (NJ DDR 1968, S. 283) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 283 (NJ DDR 1968, S. 283)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges in und-außerhalb der Untersuchungshaftanstalten rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu unterbinden und zur Abwendung weiterer Gefahren differenziert, der Situation entsprechend angepaßt, zu reagieren. Die hohe Ordnung und Sicherheit im UntersuchungshaftVollzug ist stets an die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit des stellen. Diese neuen qualitativen Maßstäbe resultieren aus objektiven gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten bei Her weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft erfordert nicht nur die allmähliche Überwindung des sozialen Erbes vorsozialistischer Gesellschaftsordnungen, sondern ist ebenso mit der Bewältigung weiterer vielgestaltiger Entwicklungsprobleme insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen bei Vorführungen sowie - die vorbeugende Verhinderung bzw, maximale Einschränkung von feindlich-negativen und provokatorisch-demonstrativen Handlungen bei Vorführungen, insbesondere während der gerichtlichen Hauptverhandlung. Überraschungen weitestgehend auszusohlieSen und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt zu wahren, sind bei der Realisierung dieser Aufgaben Grnnderfordernisao und durch alle eingesetzten Angehörigen konsequent zu gewährleisten durohzusetzen. Stets muß beachtet werden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Un- Da den durch die U-Organe Staatssicherheit bearbeiteten Ermitt-lungsverfähren vielfach operative Bearbeitungsergebnisse zugrunde liegen und infolgedessen bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit ohne Haft enden, so hat die zuständige Untersuchungsabteilung dem Leiter des Untersuchungsorgans den Vorschlag zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens zu unterbreit.n.

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