Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 257

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 257 (NJ DDR 1968, S. 257); N UMMER9 JAHRGANG 22 ZEITSCHRIF NEUeIUWZ T FÜR RECHT w UND RECHTSWI BERLIN 1968 1. M A I H E F T SSEN SCHAFT Karl Marx Liber Staat und Recht Am 5. Mai jährt sich zum 150. Male der Geburtstag des großen deutschen Denkers und Revolutionärs Karl Marx. Die Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ gibt aus diesem Anlaß einen Sammelband zu aktuellen Fragen der marxistisch-leninistischen Staats- und Rechtstheorie heraus, der in Kürze unter dem Titel „Karl Marx Begründer der Staats- und Rechtstheorie der Arbeiterklasse“ im Staatsverlag der DDR erscheinen wird. Der Sammelband enthält u. a. einen Beitrag des 1963 verstorbenen Rechtsgelehrten Prof. Dr. Karl Polak, der sich mit der Marxschen Analyse des bürgerlichen Staates, Eigentums und Rechts beschäftigt. Aus diesem Beitrag, dem das Manuskript einer großangelegten, in den Jahren 1949 bis 1951 an der Leipziger Universität gehaltenen Vorlesung Karl Polaks zur Entwicklung der Staatslehre zugrunde liegt, veröffentlichen wir im folgenden einen Auszug, der zum Studium des ganzen Beitrags sowie der übrigen Aufsätze des Sammelbandes anregen möge. D. Red. Marx, 1818 geboren, besucht ab 1835 die Universität Bonn, um Jurisprudenz zu studieren. Das Studium ist schon dem jungen Studenten keineswegs nur Aufnahme des Stoffes, sondern die kritische Auseinandersetzung mit diesem. In dem 19jährigen Studenten meldet sich bereits der ringende Genius, der die erste Schlacht mit der Schuljurisprudenz schlägt und ihre Grundlagen bloßlegt. Mit aller Deutlichkeit spricht er aus, daß die Rechtswissenschaft keine Lehre von Begriffen, von bloßen Denkkonstruktionen sein dürfe, wo man nach der Kantischen Methode die Wirklichkeit selbst als das „Ding an sich“ ignoriere und sich ganz auf das erkennende Subjekt und die aus ihm produzierten Vernunftsbegriffe zurückziehe. Die Rechtswissenschaft müsse vielmehr die Lehre von der Wirklichkeit selbst sein. Er sagt sehr plastisch über den Idealismus und Dogmatismus in der Rechtswissenschaft, sie seien ein System, „wo das Subjekt an der Sache umherläuft, hin und her räsoniert, ohne daß die Sache selbst als reich Entfaltendes, Lebendiges sich gestaltete Darum sei die formale Jurisprudenz „von vornherein Hindernis, das Wahre zu begreifen“1. Es komme eben darauf an, das Recht als den Ausdruck des Wirklichen zu verstehen: „Dagegen im konkreten Ausdruck lebendiger Gedankenwelt, wie es das Recht, der Staat, die Natur, die ganze Philosophie ist, hier muß das Objekt selbst in seiner Entwicklung belauscht, willkürliche Einteilungen dürfen nicht hineingetragen, die Vernunft des Dinges selbst muß als in sich Widerstreitendes fortrollen und in sich seine Einheit finden.“2 Marx sagt, dabei wäre er auf einen weiteren Fehler der 1 Marx/Engels, Werke, Ergänzungsbd., 1. Teil, Berlin 1968, S. 5/6. 2 Ebenda. Schuljurisprudenz gekommen, dem er ursprünglich auch erlegen sei: Der Trennung von Form und Inhalt, so wie es zum Beispiel Savigny getan habe, als er in seiner Lehre des römischen Rechts unterschied zwischen dem was er laut Marx „formelle Begriffsbestimmung nennt, ,die Stelle zu finden, welche die und die Lehre im (fixierten) römischen System einnimmt1 und materiell ,die Lehre von dem Positiven, was die Römer einem so fixierten Begriff beigelegt1“3. Marx sagt, diese Trennung aber von Form und positivem Inhalt der Materie sei falsch: „Der Fehler lag darin, daß ich glaubte, das eine könne und müsse getrennt von dem anderen sich entwickeln, und so keine wirkliche Form, sondern einen Sekretär mit Schubfächern erhielt, in die ich nachher Sand streute In einer philosophischen Entwicklung des Rechts mußte also eins in dem anderen hervorspringen; ja die Form darf nur der Fortgang des Inhaltes sein.“4 Die Wirklichkeit, das Leben selbst, das ist die Sache, um die es überall geht. Er wirft die engen Bedingungen der Schuljurisprudenz von sich und stürzt sich von neuem in das Studium der Philosophie und Geschichte. Die Hegelsche Philosophie, dieses großartige Gedankengebäude, soll ihn in die tiefsten Geheimnisse der Wirklichkeit einführen. Aber er will sich an Hegel nicht nur üben, das befriedigt ihn nicht; es drängt ihn nach Wahrheiten! * Kritik der Hegelschen Staatslehre Bevor Marx Hegels Staatslehre kritisch bearbeitet, die er als die vollendetste Staatslehre der bürgerlichen Gesellschaft betrachtet, unterzieht er Hegels Lehre vom Staatsaufbau einer eingehenden Analyse, um dann wie er später sagt „die mystifizierenden Seiten der Hegelschen Dialektik“ in seiner Staatslehre überhaupt aufzudecken. Für Hegel war das Staatsbewußtsein die höchste Stufe des Bewußtseins, das Sein im Staate die höchste Form des Seins. Hegel hatte keinen Einblick in das Wesen der Gesellschaft; sie war ihm das „wilde Tier“, das sich in sich bewegende Leben eines Totem“. Folglich konnte er das Bewußtwerden der Gesellschaft nicht als Aufgabe stellen. Seine Devise lautete: Bewahrung des Staatsbewußtseins gegenüber dem auftauchenden Ungeheuer der „bürgerlichen Gesellschaft“. Marx dagegen sieht die Wirklichkeit der „bürgerlichen Gesellschaft“, sieht, daß sie die gestaltende Kraft des Daseins der Menschen ist und daß es vor allem notwendig ist, sich auf den Boden der Wirklichkeit zu stellen, das zu erkennen, was ist. Für Marx gibt es vor der Wirklichkeit kein Ausweichen; alles Bewußtsein, das nicht dem wirklichen Sein, das heißt der Wirklichkeit, entspricht, ist Illusion, falsches Bewußtsein. Illusionen aber können nicht von Bestand sein; die Wirklichkeit, das wirkliche Sein, durchbricht sie immer. Der Staat ist das Produkt der Gesellschaft, 3 Ebenda. 4 Ebenda. 257;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 257 (NJ DDR 1968, S. 257) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 257 (NJ DDR 1968, S. 257)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Die zentrale Bedeutung der Wahrheit der Untersuchungsergebnisse erfordert Klarheit darüber, was unter Wahrheit zu verstehen ist und welche Aufgaben sich für den Untersuchungsführer und Leiter im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer?, weiter zu erflehen.

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