Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 214

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 214 (NJ DDR 1968, S. 214); die eine oder andere Norm der geltenden Verfassung geändert oder ersetzt werden soll. Sie ist nichts anderes als eine Totalrevision, durch welche gegebenenfalls die geltende demokratische Staatsordnung auf unbestimmte Zeit suspendiert und durch eine militärautoritäre Regelung ersetzt werden soll.“24 Die Notstands-Hearings eigens inszeniert, damit „unter der Obhut des Bundestages Dampf abgelassen werden soll“25 26 haben ihre Funktion nicht in dem erwarteten Maße erfüllt. Eine große Zahl der Sachverständigen hat sich mehr oder weniger konsequent gegen die Regierungsvorlage ausgesprochen. Prof. Dr. Abendroth (Marburg) wies (besonders nachdrücklich darauf hin, daß es sich bei der Notstandsproblematik „um eine verfassungspolitische und nicht unmittelbar um eine verfassungsrechtliche Frage“20 handele. Dabei lenkte er die Aufmerksamkeit auf zwei grundlegende Aspekte der politischen Bewertung der Notstandsverfassung. Abendroth legte zunächst dar, daß der alte Machtapparat aus der Weimarer Republik und der Nazizeit in die Bundesrepublik hinübergerettet wurde, daß „ganze soziale Gruppen übernommen worden sind, die das staatliche System des nationalsozialistisch-faschistischen Staates mit seiner Aufweichung jeder rechtsstaatlichen wie jeder demokratischen Bindungsvorstellung bis zu deren totaler Zerstörung mitgetragen haben Wir alle wissen , daß ein großer Teil der höheren Schichten der Bürokratie, soweit er älter ist, ein großer Teil auch der juristischen Bürokratie und last not least der militärischen Bürokratie, der damals tätig war, heute in unserer Bundesrepublik Deutschland wieder tätig ist.“ Ferner widerlegte Abendroth die immer wieder vorgetragene, zum Arsenal der Staatsdoktrin des Antikommunismus gehörige These von einer angeblichen kommunistischen Bedrohung, indem er u. a. ausführte, „daß akute Gefahren eines in Mitteleuropa stattfindenden Angriffskrieges der sogenannten sozialistischen Staatenwelt bestimmt nicht mehr bestehen, übrigens nach meiner Meinung auch niemals bestanden haben“27. Mit Recht heißt es daher in den „Nürnberger Nachrichten“ vom 23. Januar 1968: „In den Planspielen über Notstandsfälle hätte doch längst auch die Annahme auftauchen müssen, daß der Notstandsapparat von einer zivilen oder militärischen Clique zur Beseitigung der demokratischen Ordnung benutzt werden könnte.“ Die sozialdemokratischen Führer jedoch, an die sich diese Frage in erster Linie richtet, haben sich so weit in das staatsmonopolistsiche Herrschaftssystem eingegliedert, daß sie ebenso wie die CDU/CSU für eine schnelle Verabschiedung der Notstandsverfassung durch den Bundestag eintreten28. In einer Klausurtagung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur Auswertung der „Notstands-Hearings“ im Januar 1968 ist es sozialdemokratischen Ministern gelungen, die Mehrheit der Teilnehmer für eine Zustimmung zur Notstandsverfassung zu bewegen und selbst bei gewerkschaftlichen Notstandsgegnem gewisse Schwankungen hervorzurufen.29 24 So der 1933 von den Faschisten aus Deutschland vertriebene, heute in den USA lebende Professor für politische und Rechtswissenschaft Loewenstein. Zitiert nach: Der Spiegel vom 12. Februar 1968, S. 8. 25 vgl. Christ und Welt vom 5. Januar 1968. 26 vgl. Protokoll der 1. öffentlichen Informationssitzung, a. a. O., S. 40. 27 Ebenda, S. 41. 28 So der Vorsitzende der SP-Bundestagsfraktion, Helmut Schmidt, am 2. März 1968 im Saarländischen Rundfunk. 29 Deutlich geht das aus einem Artikel in der „Welt der Arbeit“ vom 26. Januar 1968, S. 1, hervor, der folgende bemerkenswerte Überschrift trägt: „Neue Notstands-Runde von der SPD ein- geläutet Regierungspläne in wichtigen Punkten entschärft Nach den .Hearings“ kamen bessere Einsichten“. Wenn der „Bayern-Kurier“ vom 3. Februar 1968 kategorisch forderte, „die Sozialdemokraten werden endlich Farbe bekennen müssen, ihr Doppelspiel zwischen Staatsräson und Gewerkschaftsinteressen muß ein Ende haben“, dann sollte allen Notstandsgegnem klar sein, was sich hinter der „Staatsräson“, verbirgt: Die Gewerkschaftsinteressen jedenfalls, die auf soziale Gerechtigkeit und Sicherheit, auf Mitbestimmung in Wirtschaft und Politik, auf Frieden und gesellschaftlichen Fortschritt gerichtet sind und die zugleich mit den Interessen der großen Mehrheit des Volkes völlig identisch sind, werden als mit der „Staatsräson“ unvereinbar erklärt. In diesem Zusammenhang seien nochmals die „Nürnberger Nachrichten“ vom 23. Januar 1968 zitiert: „An der Macht befindliche Gruppen pflegen sich gern mit dem Staat zu identifizieren, und das, was dem Staate nützt, wird nur zu oft auch als das nationale Interesse ausgegeben, doch trifft das eine so wenig wie das andere zu. Wenn die Notstandsgesetze dazu mißbraucht werden würden, die Nation einer Diktatur zu unterwerfen, dann wäre es in der Tat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht all derer, die das erkennen, sich der Anwendung dieser Gesetze aktiv und passiv zu widersetzen.“ Die sozialdemokratischen Führer versuchen, die sozialdemokratischen Mitglieder und die Gewerkschaften über den wahren Charakter der Notstandsverfassung zu täuschen, indem sie zunächst auf eine Reihe demokratisch scheinender Zusätze und Änderungen des Grundgesetzes hinweisen: auf die formelle Aufnahme des „Widerstandsrechts“ und des „Streikrechts“, auf den „stark eingeschränkten Einsatz der Bundeswehr“, auf die angebliche Trennung von „Spannungs- und Verteidigungszustand“, auf die „freiwillige Dienstverpflichtung“ und auf den „gemeinsamen Ausschuß als allerletzten Drücker“30. Damit sollte der Opposition gegen die Notstandsgesetzgebung die Spitze abgebrochen und das Zustandekommen einer einheitlichen Linksopposition verhindert werden. In den jüngsten Koalitionsgesprächen wurde nun jedoch entgegen diesen Versprechungen „Einigung darüber erzielt“, daß das Streikrecht und das Widerstandsrecht nicht in das Grundgesetz aufgenommen werden, „wie es große Teile der SPD zunächst verlangt hatten“, sondern „in einer Entschließung soll der Bundestag am Tage der Verabschiedung der Notstandsverfassung feststellen, daß Arbeitskämpfe, die nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden, nicht unter den inneren Notstand fallen. In diese Entschließung (und nicht in die Verfassung) soll auch ein Hinweis auf das demokratische Widerstandsrecht aufgenommen werden ,“31. Ganz abgesehen davon, daß das Widerstandsrecht bereits nach Art. 1, 20 Abs. 2 und 28 Abs. 1 dem Grundgesetz immanent ist, müßte auch die ausdrückliche Proklamation eines „Widerstandsrechts“ durch den Bundestag eine Farce bleiben, weil sich wie die Erfahrungen der deutschen Geschichte lehren eine imperialistische Staatsgewalt bei der Aufrechterhaltung ihrer Machtpositionen an keinerlei verfassungsrechtliche Regelung gebunden fühlt und jeden Widerstand mit Notstands- und Ermächtigungsgesetzen blutig unterdrückt. Genauso verhielte es sich mit einer beabsichtigten Erklärung über das „Streikrecht“, das ohnehin Wesensbestandteil des Koalitionsrechts nach Art. 9 Abs. 3 GG ist. Mit dem umfassenden System von Notstandsermächtigungen, der Verschärfung des politischen Straf- 30 vgl. das Interview mit dem „Notstandsexperten“ der SP-Bundestagsfraktion, Hirsch, in „Welt der Arbeit“ vom 26. Januar 1968. 31 Zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 8. März 1968. 214;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 214 (NJ DDR 1968, S. 214) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 214 (NJ DDR 1968, S. 214)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

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