Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 211

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 211 (NJ DDR 1968, S. 211); ÖZackt uud Justiz iu dar d&uudasrapubtik Dr. habil. ERNST GOTTSCHLING, Stellv. Direktor des Instituts für Staatsrecht an der Humboldt-Universität Berlin FREDO WEGMARSHAUS, Berlin Nazi-Ermächtigungsgesetzgebung damals Bonner Notstandsgesetzgebung heute Die Auseinandersetzungen um die Notstandsverfassung in Westdeutschland treten jetzt in ein entscheidendes Stadium: Die Notstandsverfassung1 als Kernstück der sog. inneren Staatsreform2 soll bis zu den Parlamentsferien im Bundestag durchgepeitscht werden. Das Jahr 1968 soll nach dem Willen des westdeutschen Großkapitals und seiner systemkonformen Parteien „das Jahr der großen Reformen“ der Notstandsverfassung, einer Finanzreform und der Wahlrechtsreform werden3. Mit dieser Formierungskonzeption will sich der westdeutsche Imperialismus ähnlich wie das mit Hilfe des Hitler-Regimes in den 30er Jahren geschah die ökonomische, politische, militärische und ideologische Kondition für die Durchsetzung seiner Politik der Alleinvertretungsanmaßung, der Grenzrevision, der Vorherrschaft in Europa und der Atombewaffnung verschaffen. Dieser expansiven Außenpolitik entspricht eine sozialreaktionäre, antidemokratische Innenpolitik, welche die demokratischen Rechte der Bevölkerung immer mehr einschränkt und das Bonner Grundgesetz mit Hilfe von über 80 Änderungen völlig aushöhlt. Die tiefe Krise der bürgerlichen Demokratie wird damit noch offenkundiger. „Das zunehmend terroristische Auftreten der Bonner Staatsmacht, der brutale Polizeieinsatz, die nazistische Schutzhaftpraxis, die organisierten Schlägertrupps, die Diffamierungskampagne, die verfassungs-. widrigen Versammlungsverbote, die sich gegen Menschen der unterschiedlichsten Weltanschauungen von Kommunisten und revolutionär gesinnten Jugendlichen und Studenten über sozialdemokratische Mitglieder und Professoren bis zu Gewerkschaftsmitgliedern, Gewerkschaftsfunktionären und Pfarrern richten, haben die Lage verschärft. Das zeugt sowohl von der rücksichtslosen Entschlossenheit der herrschenden Kreise, bis zum äußersten zu gehen, um den Volkswillen niederzuhalten, als auch von der inneren Labilität und Krisenhaftigkeit ihres Systems, die die große Koalition zwar zu überdecken sucht, aber nicht überwinden kann.“4 Angesichts der wachsenden inneren und äußeren Widersprüche des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems soll mit Zustimmung der in der Regierungskoalition vertretenen sozialdemokratischen Führung durch die Notstandsverfassung das juristische Fundament für die Verfolgung und Unterdrückung aller Kräfte des Friedens, der Demokratie und des gesellschaftlichen Fortschritts geschaffen werden. Diese Situation läßt es angebracht erscheinen, sich der Praktiken zu erinnern, die auf der Grundlage des Art. 48 der Weimarer Verfassung (WV)5 und des vor t Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, Bundestagsdrucksache V/1879. 2 Vgl. dazu Gottschling / Wegmarshaus, „Die Notstandsverfas-sung als Teil der .inneren Staatsreform*“, NJ 1967 S. 320 ff. 3 Vgl. Christ und Welt vom 5. Januar 1968. '+ Vgl. Erklärung des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen, ND vom 24. Februar 1968, S. 6. 5 Der hier vor allem interessierende Abs. 2 des Art. 48 WV lautete: „Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 35 Jahren angenommenen Ermächtigungsgesetzes zur Erhaltung der imperialistischen Herrschaft in Deutschland geübt worden sind. Die Beseitigung der Weimarer Republik mit Hilfe der Nazi-Ermächtigungsgesetzgebung Das Ermächtigungsgesetz, das sog. Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 (RGBl. I S. 141), war der juristische Schlußakt, mit dem die Weimarer Verfassung zu Grabe getragen wurde. Es war zugleich das formelle Fundament für die Errichtung des „Führerstaates“, die scheinlegale Tarnung der Terrorherrschaft des Hitlerfaschismus. Hatte Art. 48 WV schon zu Beginn der 20er Jahre dazu gedient, gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung „rechtlich begründet“ Vorgehen zu können6, so fungierte er seit 1930 als juristischer Hebel, mit dessen Hilfe den Widersprüchen begegnet werden sollte, die sich insbesondere aus der Weltwirtschaftskrise ergeben hatten und die das kapitalistische System in seiner Wurzel bedrohten. Mittels einer uferlosen Ausweitung seiner Anwendung wurde in Gestalt der Notverordnungen des Reichspräsidenten der umfassende Angriff auf die Volksmassen vorgetragen, wurde schrittweise der Abbau bürgerlich-parlamentarischer Formen und über ein autoritäres Präsidialsystem der Übergang zum Faschismus vollzogen. Gegenüber 5 Notverordnungen nach Art. 48 Abs. 2 WV wurden 1930 noch 98 Reichstagsgesetze verabschiedet; 1931 standen bereits 44 Notverordnungen 34 Reichstagsgesetzen gegenüber; 1932 schließlich ergingen 66 Notverordnungen, aber nur 5 Reichstagsgesetze. Ulrich Scheuner, heute als Staatsrechtslehrer in Bonn tätig, charakterisierte diese Anwendung des Art. 48 WV als „ein Symptom für den beginnenden Zerfall der Weimarer Staatsordnung. Sie wurde Schritt für Schritt in ein ganz anderes System umgeformt“7. Das Hitler-Regime bediente sich großenteils der juristischen Formen, die auch schon bis dahin angewandt worden waren, um das imperialistische Herrschaftssystem zu retten. „Im Rahmen der bürgerlich-parlamentarischen Weimarer Republik und mit den Mitteln der bürgerlichen Demokratie konnte der Imperialismus die Vernichtung dieser Republik und der bürgerlichen Demokratie vorbereiten.“8 Dies verdeutlicht erneut die bekannte Tatsache, daß man fehlgehen würde, wollte man den Inhalt einer 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.“ Näheres zur Ausführung dieses berüchtigten Diktatur-Artikels 48 sollte ein Reichsgesetz bestimmen, das jedoch nie ergangen ist. 6 Giese schreibt in seinem Kommentar (Die Reichsverfassung vom 11. August 1919, 7. Aufl., Berlin 1926, Anm. 4 zu Art. 48, S. 165): „Die Praxis hat die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 48 II ff. in verfassungswidriger Weise extensiv ausgelegt, ja die Befugnis des Reichspräsidenten aus Art. 48 H ff. zu einem in der Verfassung bewußt nicht vorgesehenen .Notverordnungsrecht* . erweitert. Bis Ende September 1924 ergingen insgesamt 114 Verordnungen des Reichspräsidenten auf Grund des Art. 48 II.“ 7 Scheuner, „Die nationale Revolution“, in: Archiv des öffentlichen Rechts (NF), 24. Bd., S. 179; vgl. auch Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, Stuttgart / Düsseldorf 1957, S. 51 ff. 8 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, Berlin 1966, S. 387. 211;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 211 (NJ DDR 1968, S. 211) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 211 (NJ DDR 1968, S. 211)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Befehlen und Weisungen. Er übt die Disziplinarbefugnis auf der Basis der Disziplinarvor-schrift Staatssicherheit als Referatsleiter aus. Im Rahmen der politisch-operativen Aufgabenerfüllung beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung in Zivil, Organisierung der Außensicherung des Gerichtsgebäudes. Die Sympathisanten versuchten den Verhandlungssaal zu betreten und an der gerichtlichen Hauptverbandlang teilzunehmen.

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