Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 194

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 194 (NJ DDR 1968, S. 194); Die Beendigung von Strafverfahren wegen Wegfalls der strafrechtlichen Verantwortlichkeit § 2 EG regelt, wie zu verfahren ist, wenn für eine Handlung nach dem neuen StGB keine strafrechtliche Verantwortlichkeit mehr vorgesehen ist.2 Danach sind anhängige, noch nicht abgeschlossene Verfahren einzustellen, wenn die bisherigen Straftatbestände durch das neue StGB beseitigt wurden. Dabei sind vor allem folgende Varianten zu beachten: Der Straftatbestand wird völlig beseitigt, und es ist auch keine andere rechtliche Verantwortlichkeit vorgesehen, z. B. bei Selbstabtreibung. - Der Straftatbestand wird teilweise eingeschränkt, indem Tatbestandsmerkmale entfallen, neu aufgenommen oder verändert werden. Dafür folgende Beispiele: Untreue nach § 182 StGB liegt künftig in Einschränkung des § 266 StGB (alt) nur vor, wenn ein Vermögensschaden in Bereicherungsabsicht zugefügt wird. Bei sexuellem Mißbrauch Jugendlicher unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses wurde die Grenze des bisherigen Schutzalters von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt (§ 150 StGB). In diese Gruppe gehören auch die Tatbestände, die im Unterschied zum alten StGB nicht mehr fahrlässiges, sondern nur noch vorsätzliches Handeln erfassen, z. B. die falsche Versicherung zum Zwecke des Beweises nach § 231 StGB (§ 163 i. V. m. § 156 StGB alt ) oder das Entweichenlassen von Gefangenen nach §235 StGB (§121 Abs. 2 StGB alt ). - Der Straftatbestand wird zwar beseitigt, es liegt aber eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach anderen Tatbeständen vor. So kann z. B. wegen eines jetzt begangenen Meineids zukünftig die darin gleichzeitig liegende vorsätzliche Falschaussage nach § 230 StGB ' bestraft werden. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit entfällt infolge Beseitigung des Straftatbestandes oder durch Einschränkung von Tatbestandsmerkmalen, jedoch besteht für die Handlung eine andere rechtliche Verantwortlichkeit oder wird jetzt neu eingeführt. Dazu gehören die Verfehlungs- bzw. bestimmte Ordnungswidrigkeitstatbestände. Eine Verurteilung wegen solcher Handlungen in der Zeit zwischen der Verkündung und dem Inkrafttreten des neuen StGB würde von einer formal noch existierenden, jedoch durch die gesellschaftliche Entwicklung schon überholten und in Kürze außer Kraft tretenden Strafbestimmung ausgehen, obwohl Gesellschaft und Staat die ihr zugrunde liegenden Handlungen nicht mehr als Straftaten ansehen. § 2 Abs. 2 EG sieht deshalb für solche Fälle einen selbständigen Einstellungsgrund vor, der allerdings nur bis zum 1. Juli 1968 zur Anwendung kommt. Obwohl § 2 Abs. 2 EG nur davon spricht, daß „anhängige Verfahren“ dieser Art einzustellen sind, ergibt sich aus dem Sinn dieser Bestimmung, daß auch Ermittlungsverfahren wegen solcher Straftaten nicht mehr einzuleiten sind, es sei denn, es besteht der Verdacht auf eine andere Straftat. Im übrigen erfaßt der Begriff der Anhängigkeit des Verfahrens i. S. des § 2 Abs. 2 EG Strafverfahren in jedem Verfahrensabschnitt, reicht also vom Ermittlungs- bis zum Rechtsmittelverfahren. Der Grundsatz des § 2 Abs. 2 beruht auf den Prinzipien des § 81 Abs. 3 StGB (Anwendung des milderen Gesetzes) ; sie gelten hier speziell für die Zeitspanne zwischen Verkündung und Inkraftreten des Strafgesetzbuches. Vom Einführungsgesetz werden dagegen nicht diejeni- 2 Vgl. auch OG, Beschl. vom 1. Februar 1968 2 Ust 29/67 mit Anm. von Etzold in diesem Heft. gen Fälle erfaßt, bei denen die Handlung zwar vor Inkrafttreten des Strafgesetzbuches begangen, jedoch erst nachher bekannt wurde. Diese Fälle sind ausschließlich nach § 81 Abs. 3 StGB zu beurteilen, so daß das Verfahren wegen Nichtvorliegens einer Straftat einzustellen bzw. nicht zu eröffnen oder der Angeklagte freizusprechen ist3. Die Praxis der Rechtspflegeorgane und ihre Anleitung zu § 2 Abs. 2 EG ist also von prinzipieller Bedeutung nicht nur unmittelbar für die Übergangszeit, sondern auch noch für eine längere Zeit nach Inkrafttreten des StGB, weil der Kreis der durch § 2 EG erfaßten Handlungen auch unter § 81 Abs. 3 fällt. § 2 EG bezieht auch solche Handlungen mit ein, die gegenwärtig noch in gesetzlichen Bestimmungen außerhalb des StGB enthalten sind. Soweit sich aus der Konzeption des StGB ergibt, daß strafrechtliche Verantwortlichkeit hierfür nicht mehr begründet ist, weil zwar bestimmte Tatbestände in das StGB aufgenommen, dazugehörige jedoch reduziert oder weggelassen wurden, ist der Fall rechtlich gleich zu beurteilen. Das gilt z. B. für die bisherigen landesgesetzlichen Regelungen über die Strafbarkeit der Schwangerschaftsunterbrechung durch Selbstabtreibung oder die Strafbestimmungen der WStVO. Bei Handlungen, die künftig als Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten oder nur als Disziplinarverstoß verfolgbar sind, ist ein Strafverfahren ebenfalls einzustellen; zugleich sind die für die Verfolgung zuständigen Organe zu informieren, damit sie in eigener Zuständigkeit über weitere Maßnahmen entscheiden können. Diese Information sollte schriftlich mit kurzer Darstellung des Sachverhalts gegeben werden. Hinsichtlich der unterschiedlichen rechtlichen Verantwortlichkeiten, die an die Stelle bisheriger strafrechtlicher Verantwortlichkeit treten, muß folgendes berücksichtigt werden: Soweit geringfügige Eigentumsverletzungen, die künftig als Verfehlungen behandelt werden, gleichzeitig Disziplinverletzungen sind, ist der Diszipli-narbefugte zu unterrichten. Ist das nicht möglich, sollte die Sache an das gesellschaftliche Rechtspflegeorgan übergeben werden, das dann aber über diese Rechtsverletzung nicht mehr als Straftat entscheidet. Der Ausspruch einer Geldbuße ist jedoch erst nach Inkrafttreten des StGB zulässig. Eine polizeiliche Strafverfügung kann erlassen werden, soweit Übertretungstatbestände z. B. § 370 Ziff. 5 StGB (alt) verletzt wurden. Bei Hausfriedensbruch im persönlichen Bereich sowie Beleidigungen ist die Sache lediglich dem gesellschaftlichen Rechtspflegeorgan zu übergeben. Eine Behandlung der eingestellten Fälle im Ordnungsstrafverfahren ist dann zulässig, wenn die Handlung gleichzeitig unter anderen Gesichtspunkten schon geltende Ordnungswidrigkeitstatbestände verletzt, so z. B. bei Benutzung eines Fahrrades unter Alkoholeinfluß entgegen dem Willen des Eigentümers. Hier liegt gleichzeitig ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung vor. In diesen Sachen ist auch zu empfehlen, daß die Rechtspflegeorgane bzw. die anderen zuständigen staatlichen Organe mit dem Rechtsverletzer eine Aussprache führen, wenn ein Ordnungsstrafverfahren nicht durchführbar ist. Bei den relativ selten vorkommenden Strafverfahren wegen Verletzung strafrechtlicher Nebengesetze, deren Aufhebung, Anpassung oder Umwandlung in Ordnungsstrafbestimmungen erst mit der Beschlußfassung der Volkskammer gemäß § 1 Abs. 3 EG gesetzlich verbind- 3 Für die einzelnen Etappen des Strafverfahrens kommen die §§ 96 Abs. 1, 141 Abs. 1 Ziff. 1, 148 Abs. 1 Ziff. 1, 192 Abs. 1 und 244 Abs. 1 StPO in Betracht. m;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 194 (NJ DDR 1968, S. 194) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 194 (NJ DDR 1968, S. 194)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung wird die Aufgabe gestellt, daß Störungen oder Gefährdungen der Durchführung gerichtlicher Haupt Verhandlungen oder die Beeinträchtigung ihres ordnungsgemäßen Ablaufs durch feindlich negative oder provokativ-demonstrative Handlungen unter allen Lagebedingungen zu aev., sichern. Die gegenwärtigen und perspektivischen Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativen Basis, insbesondere der sind zur Qualifizierung der Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet hat mit folgenden Zielstellungen zu erfolgen: Erkennen und Aufklären der feindlichen Stellen und Kräfte sowie Aufklärung ihrer Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den Paßkontrolleinheiten durchgeführt wird. Sie hat das Ziel, die Sicherheit im zivilen Flugverkehr zu gewährleisten und terroristische Anschläge, einschließlich Geiselnahmen und Entführungen, die sich gegen die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Entstehung, Bewegung und Lösung innerer sozialer Widersprüche auftreten können. Die damit verbundenen Fragen berühren aufs engste die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen alle Versuche des Gegners, die im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Fahndung. Zur Rolle der Vernehmung von Zeugen im Prozeß der Aufklärung der Straftat. Die Erarbeitung offizieller Beweis- mittel durch die strafprozessualen Maßnahmen der Durchsuchung und Beschlagnahme.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X