Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 172

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 172 (NJ DDR 1968, S. 172); unter Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Zusammenhänge der Erziehungspflichtverletzung differenziert einzuschätzen, was mit dem Verfahren erreicht werden soll und ob diese Ziele real sind. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Ordnungsstrafverfahrens ist, daß die bisherige erzieherische Einwirkung auf die Erziehungspflichtigen intensiv erfolgt ist und die gesellschaftlicnen Möglichkeiten genutzt wurden. Die Durchführung von Ordnungsstrafverfahren bei Verletzung der Schulpflichtbestimmungen muß insbesondere der Vorbeugung weiterer Pflichtverletzungen dienen. Das wird dadurch erreicht, daß der Rechtsverletzer rechtzeitig und unabwendbar für seine Pflichtverletzungen einstehen muß und daß durch eine gründliche Aufdeckung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen im Ordnungsstrafverfahren die Hemmnisse erkannt und durch Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte beseitigt werden. Oberrichter Dr. JOACHIM SCHLEGEL, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts und Vorsitzender des Kollegiums für Strafsachen Die Hauptverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit Die Mitwirkung der Bevölkerung an der Strafrechtspflege ist ein Ausfluß des Grundrechts aller Bürger auf Mitgestaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens1. Dieses Mitwirkungsrecht hat in Art. 6 des neuen StGB und in § 4 der neuen StPO seine grundsätzliche Ausgestaltung erfahren. Durch ihre unmittelbare Mitwirkung am Strafverfahren leisten die Bürger der DDR zugleich einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des sozialistischen Staats- und Rechtsbewußtseins. Dabei spielen Strafverfahrenvor erweiterter Öffentlichkeit eine nicht unbedeutende Rolle. Nach § 201 der neuen StPO sind Termin und Ort der Hauptverhandlung so zu bestimmen, daß die Teilnahme der an der Strafsache interessierten Bürger gewährleistet ist, um das Staats- und Rechtsbewußtsein der Bürger zu entwickeln, ihre Verbundenheit zu den Organen des sozialistischen Staates zu festigen, die erzieherische Wirkung der Hauptverhandlung zu erhöhen und die Kraft der Öffentlichkeit auf die Überwindung von Gesetzesverletzungen zu lenken (Abs. 1). Das Gericht hat die Hauptverhandlung in sozialistischen Betrieben, Genossenschaften, Einrichtungen und in Wohngebieten durchzuführen, wenn dadurch in besonderem Maße die Mobilisierung gesellschaftlicher Kräfte zur Verhütung von Straftaten und anderen Rechtsverletzungen und zur Beseitigung ihrer Ursachen und Bedingungen erreicht werden kann (Abs. 2). Mit dieser Bestimmung und der Regelung über die Aufforderung zur Teilnahme an der Hauptverhandlung (§ 209) und über die Mitwirkung der Bürger im Rechtsmittelverfahren (§ 296) sind den Gerichten Maßstäbe für die differenzierte Durchführung gesellschaftlich wirksamer Verfahren in die Hand gegeben. Das Kollegium für Strafsachen des Obersten Gerichts hat sich mit den Erfahrungen der Gerichte bei der Durchführung von Verhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit befaßt und daraus Schlußfolgerungen gezogen. Verschiedene Bezirksgerichte wie Halle, Rostock, Frankfurt (Oder), Magdeburg, Neubrandenburg und Schwerin haben die Praxis der Kreisgerichte hierzu analysiert und ebenfalls Maßnahmen eingeleitet, um die Effektivität der gerichtlichen Tätigkeit durch Verhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit zu erhöhen. Die gründlichen Einschätzungen dieser Bezirksgerichte zeigen, daß sich die Schlußfolgerungen des Obersten Gerichts mit den Erfahrungen der Kreis- und Bezirksgerichte decken. Aus dieser Analyse der gegenwärtigen Praxis sind folgende Gesichtspunkte bedeutsam: Zu den Kriterien für die Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit Charakteristisch für Strafverfahren vor erweiterter Öffentlichkeit ist, daß die Teilnahme der Bürger vom Gericht organisiert wird und der Zuhörerkreis wesentlich größer als bei der normalen öffentlichen Verhand- l Vgl. hierzu Art. 20 des Entwurfs der sozialistischen Verfassung der DDR. lung ist. Es kann also dann von einer Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit gesprochen werden, wenn zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Verfahrens eine größere Zahl von Bürgern aus dem Ar-beits- oder Lebensbereich des Angeklagten zur Teilnahme an der Hauptverhandlung aufgefordert wird, ohne daß dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist. Eine erweiterte Öffentlichkeit ist auch dann gegeben, wenn die Rechtspflegeorgane in größerem Umfange Vertreter von Gewerkschaftsleitungen, Ausschüssen der Nationalen Front, Leitungen der FDJ, staats- und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Einrichtungen oder Kollektiven zur Hauptverhandlung einladen. Von einer erweiterten Öffentlichkeit kann jedoch dann keine Rede sein, wenn das Gericht zur Hauptverhandlung Mitglieder einer Brigade oder einer Hausgemeinschaftsleitung ladet. Eine solche Form entspricht normalen Anforderungen an eine öffentliche Verhandlung. Jedoch sollen Mitglieder gesellschaftlicher Kollektive nur in dem Umfange geladen werden, wie es den Erfordernissen der konkreten Strafsache entspricht. Auch hier gilt der Grundsatz der Differenziertheit und Geeignetheit des Strafverfahrens. Diese Entscheidung hat das Gericht im Eröffnungsverfahren zu treffen2. Vor erweiterter Öffentlichkeit sollte dann verhandelt werden, wenn a) die Mobilisierung der Öffentlichkeit zur Bekämpfung und Verhütung von Rechtsverletzungen, zur Beseitigung von begünstigenden Faktoren und zur Einhaltung und Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit notwendig ist; b) die Öffentlichkeit über die Straftat, die ihr zugrunde liegenden Umstände und Zusammenhänge, die Folgen der Tat und die strafrechtliche Beurteilung der Handlung informiert werden muß; c) eine wirksame erzieherische Einflußnahme auf einen bestimmten Personenkreis erzielt werden soll. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Straftat durch schlechte Arbeitsmoral oder Disziplin bzw. durch fehlerhafte Auffassungen im Wohn- bzw. Betriebskollektiv begünstigt wurde und es dadurch zu erheblichen Störungen in der Zusammenarbeit bzw. im Zusammenleben der Bürger kam; durch Vernachlässigung von Ordnung und Sicherheit im Betrieb, in der Genossenschaft oder Einrichtung begünstigt wurde; in engem Zusammenhang mit dem Betriebsgeschehen stand, sie z. B. erhebliche volkswirtschaftliche Aus Wirkungen hatte und die Mobilisierung aller Werktätigen des Betriebes zur Überwindung der Mängel erforderlich ist (z. B. bei Rechtsverletzungen auf dem Gebiet des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes und bei Wirtschaftsstraftaten); 2 Vgl. Abschn. II Ziff. 1 der OG-Richtlinie Nr. 17 vom 14. Januar 1963 - RP1. 1 63 - (NJ 1963 S. 89). 172;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 172 (NJ DDR 1968, S. 172) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 172 (NJ DDR 1968, S. 172)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Hauptabteilung und der Abteilung strikt zu gewährleisten ist. Über die Aufnahme des BeSucherVerkehrs von Strafgefangenen, deren Freiheitsstrafe im Verantwortungsbereich der Abteilung vollzogen wird, entscheidet der Leiter der Abteilung über die Art der Unterbringung. Weisungen über die Art der Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern - politisch-ideologische Erziehung und Befähigung der Kontroll- und Sicherungskräfte zur Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der konsequenten Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Verfassung void anderer Rechtsvorschriften gewährleistet. Die Verantwortung Staatssicherheit als zentrales staatliches Organ für die Gewährleistung der staatlichen besteht in der Realisierung folgender Hauptaufgaben: Aufklärung und Bekämpfung der Pläne und Absichten des Gegners und die Einleitung offensiver Gegenmaßnahmen auf politischem, ideologischem oder rechtlichem Gebiet, Aufdeckung von feindlichen Kräften im Innern der deren Unwirksammachung und Bekämpfung, Feststellung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen gesehen. Es geht also insgesamt darum, die operative Bearbeitung von Personen Vorkommnissen direkter, ausgehend von den entsprechenden Straftatbeständen, zu organisieren.

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