Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 145

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 145 (NJ DDR 1968, S. 145); gung dieser gerichtlichen Leitungsmethode festgestellt, daß I für die Durchführung des Strafverfahrens und seine Auswertung kein konkretes Ziel gestellt wird; die Gerichtskritik noch nicht bei allen Gerichten als wirkungsvolles Mittel zur Überwindung von Gesetzesverletzungen sowie von Ursachen und begünstigenden Bedingungen von Straftaten und damit für die Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der gerichtlichen Tätigkeit verstanden wird; Fragen der Gerichtskritik erst in oder nach der Hauptverhandlung erörtert werden; bei Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Angeklagten nicht immer die Straftat und die Persönlichkeit des Täters in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang mit ihren Ursachen und begünstigenden Bedingungen allseitig aufgeklärt werden; besonders bei geringfügigen Straftaten die Anwendung einer Gerichtskritik als nicht notwendig angesehen wird; bei den Gerichten Unklarheiten über die Anwendung der Gerichtskritik bestehen, wenn bereits vom Untersuchungsorgan bzw. von der Staatsanwaltschaft bestimmte Maßnahmen getroffen wurden; die Anleitung insbesondere durch die Bezirksgerichte in der Vergangenheit zu allgemein war und den Kreisgerichten deshalb keine allseitige Hilfe gab. Diese Feststellungen sind zwar zutreffend, sie bleiben aber zum Teil noch an der Oberfläche haften. Meines Erachtens liegen die tieferen Ursachen für diese mangelhafte Arbeit darin, daß noch viele Gerichte das, was Gegenstand der Rechtsprechung ist, ausschließlich mit den traditionellen Methoden und Mitteln, wie Verhandlung und Urteil, behandeln. Den damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Problemen, die über den früher abgesteckten Rahmen der Gerichtsverfahren hinausgehen, wenden sie oft nicht die erforderliche Aufmerksamkeit zu. Sie' sehen den komplexen Kampf gegen Gesetzesverletzungen noch zu wenig als ihre eigene und zu sehr als die Pflicht z. B. des Staatsanwalts und der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion an. Zwischen den genannten Ursachen der Vernachlässigung der Gerichtskritik und der Einheit von Ökonomie und Recht besteht ein enger Zusammenhang. Obwohl die sozialistische Staatsmacht als Organisator der sozialistischen Produktionsverhältnisse von dieser Einheit zwischen Ökonomie und Recht ausgeht, wirken auch in der sozialistischen Rechtspflege noch Tendenzen der Trennung von Ökonomie und Recht nach, die auf bürgerliche Ideologien zurückzuführen sind und die auch die Erkenntnisse vom Wesen der Gerichtskritik maßgeblich beeinflussen. Zum Wesen der Gerichtskritik Über das Wesen der Gerichtskritik gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Ihre inneren wesentlichen Zusammenhänge mit der gesellschaftlichen Entwicklung werden sehr treffend von Wesner/Richter dargelegt. Nach ihrer Auffassung stellt die Gerichtskritik „eine staatliche Maßnahme dar, die durch das Bewußtmachen bestimmter Fehler und Mängel auf die Wahrnehmung der vollen Verantwortung einzelner Leiter hinwirkt und dadurch einen Veränderungsprozeß, der sowohl in materieller als auch in ideologischer Hinsicht im Einzelfall und damit im Gesamtinteresse für die gesellschaftliche Entwicklung von Bedeutung ist, einleitet und in Gang setzt“3. 3 Wesner / Richter, „Die Gerichtskritik ein Instrument des Kampfes gegen die Kriminalität“, in: Grundfragen der Durchführung des Rechtspflegeerlasses, Berlin 1964, S. 197. In diesem Sinne wird das Wesen der Gerichtskritik vom Charakter des sozialistischen Staates, besonders unter dem Gesichtspunkt der konsequenten Rechtsverwirklichung, geprägt. Zum anderen wird die Kritik und Selbstkritik als eine Methode zur Aufdeckung und Lösung von Konflikten und Hemmnissen beim Kampf um den Sieg des Sozialismus angewandt. Unter diesem Aspekt wird sie zu einer wesentlichen Triebkraft der sozialistischen Gesellschaft. Sie ist auf die Erkenntnis und Überwindung von Konflikten und Hemmnissen bei der Entwicklung der sozialistischen Beziehungen gerichtet, wodurch sie zur Vervollkommnung der staatlichen Leitung und der Lenkung der Gesellschaft beiträgt. „Die Kritik und Selbstkritik ist die Form, in der sich in der sozialistischen Gesellschaft auf der Grundlage der Gemeinsamkeit der gesellschaftlichen Interessen aller ihrer Glieder der Kampf des Neuen gegen das Alte vollzieht. Sie ist ein politisch-ideologisches Mittel der Lösung von nichtantagonistischen Widersprüchen. Die Kritik schärft den Blick für Schwächen und Mängel, überholte Gewohnheiten, Konservatismus und Stagnation; sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Durchsetzung des Neuen.“4 5 ' Deshalb ist die sozialistische Gesellschaft an der ständigen Entwicklung der Kritik und Selbstkritik und damit auch an der Anwendung der Gerichtskritik dort, wo sie notwendig ist, interessiert. Ihre öffentliche Anwendung hilft, gute Erfahrungen in der Leitungstätigkeit zu verallgemeinern. Die Gerichtskritik geht über den formellen Erlaß eines Beschlusses hinaus, sie hat die Anwendung unseres Rechts als aktiv gestaltender und progressiv wirkender Hebel zum Inhalt Eine von diesen, m. E. sehr wichtigen und treffenden Grundfragen über das Wesen der Gerichtskritik abweichende Charakterisierung gibt das Oberste Gericht in einem Grundsatzurteil seines Präsidiums. In diesem Urteil wird das Wesen der Gerichtskritik in einem formalen, ausschließlich verfahrensrechtlichen Rahmen gesehen. So wird u. a. ausgeführt, „daß ein Gerichtskritikbeschluß seinem Wesen nach nicht gleichzusetzen ist mit der ein bestimmtes Strafverfahren oder einen Zivil- oder Arbeitsrechtsstreit oder ein dazugehörendes Zwischen- oder Vollstreckungsverfahren ganz oder teilweise abschließenden gerichtlichen Entscheidung Im Straf-, Zivil- oder arbeitsgerichtlichen Verfahren trifft das Gericht eine verbindliche Entscheidung. Eine solche Wirkung kann die Gerichtskritik ihrer Natur nach nicht haben.“ Zur Begründung dieser Auffassung hebt das Oberste Gericht hervor: Durch die Gerichtskritik „wird weder in materieller noch in prozessualer Hinsicht ein konkreter Konflikt entschieden. Mit ihr wird, dem Aufgabenbereich und der Eigenverantwortlichkeit der kritisierten Organe und Institutionen Rechnung tragend, nicht unmittelbar mit verbindlicher Wirkung in derer! Tätigkeit eingegriffen. Die Gerichtskritik erfolgt vielmehr im Rahmen der kameradschaftlichen Zusammenarbeit sozialistischer Einrichtungen. Sie trägt helfenden und fördernden Charakter und verpflichtet die kritisierten Organe, selbst die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Gesetzesverletzung oder der sie begünstigenden Umstände zu treffen“5. Diese Charakterisierung des Wesens der Gerichtskritik wurde zu Recht von Wesner/Richter als zu einseitig und eng abgelehnt6. Sie trägt den Anforderungen, die an diese wichtige Leitungsmethode der Gerichte gestellt werden müssen, nicht Rechnung. 4 Klaus Bahr, Philosophisches Wörterbuch, Leipzig 1965. S. 301 f. 5 OG, Urteil des Präsidiums vom 11. Januar 1964 I PrZ 15 9/63 - (NJ 1964 S. 121 f.). 6 Vgl. Wesner / Richter, a. a. O S. 199 1. 145;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 145 (NJ DDR 1968, S. 145) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 145 (NJ DDR 1968, S. 145)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen unverzüglich zu melden sowie umfassend aufzuklären und zu überprüfen. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur Kaderarbeit und vorhandenen Erfordernissen in den aktiven Dienst Staatssicherheit übernommen werden. Sie sind langfristig als Perspektivkader in der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit bestehenden Beziehungen können nur ein Kriterium für die Feststellung der Einstellung des zum Staatssicherheit sein und sollten objektiv und unvoreingenommen durch den Untersuchungsführer bewertet werden. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den dienstlichen Orientierungen im Staatssicherheit ergebenden vorgangsbezogenen Erfordernisse und Mcg-, lichkeiten der Informetions Bearbeitung in den Gegenstand der Beweisführung einzubei nan.

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