Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 88

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 88 (NJ DDR 1967, S. 88); Frage „Wer nimmt die Schuld auf sich.?“ und schreibt dazu: „Wenn man sich vorstellt, daß etwa im Jahre 1943 oder 1944 an einem Sondergericht in Kattowitz oder Krakau in einer Verhandlungspause die Richter und Staatsanwälte darüber ins Gespräch gekommen wären, was ihnen wohl geschehen würde, ’wenn das Ganze einmal schiefgeht', dann wäre es wohl eine einhellige Meinung aller gewesen, daß man sie mit Schimpf und Schande aus dem Amt jagen wird wenn nichts Schlimmeres, nämlich Bestrafung, sie erwartet. Hätte damals einer dieser Richter am Sondergericht die Meinung vertreten: ,Wenn wir diesen Krieg verlieren, dann wird man uns mit vollem Ruhegehalt in Pension schicken!' so wäre das im Kreise der Juristen am Sondergericht vermutlich als Galgenhumor empfunden worden. Eben dies aber ist in der Bundesrepublik Wirklichkeit geworden.“ (S. 19) „ keinem Juristen, der sich öffentlich zum Versagen der Richterschaft im Tausendjährigen Reich bekannt hat, (ist) die Rüge durch die in festverwurzeltem reaktionären Korpsgeist zusammenhaltende Mehrheit der beamteten Juristen erspart geblieben.“ (S. 20) Diese „Überempfindlichkeit der Justiz und die Kame-raderje der Betroffenen“, die jeden Ansatz einer Kritik an ihrer Haltung während der Hitlerdiktatur unterdrücken, sind so schreibt Lehmann jedoch nur der Beweis für die Wahrheit dessen, was sie mit allen Mitteln zu leugnen versuchen: „Tatsächlich hat der alte Justizapparat, ohne größere Reibungsverluste, den Weg vom Dritten Reich in die Bundesrepublik überstanden. Von den tausenden Staatsanwälten, Richtern und höchsten Juristen in Verwaltung und Regierung waren im Juristenprozeß vor dem Nürnberger Gerichtshof überhaupt nur 17 angeklagt.“ (S. 21) „Keiner der Verurteilten hat jedoch seine Strafe voll verbüßen müssen. Schlegelberger beispielsweise (der kommissarische Justizminister Hitlers J. L.), der, wie viele andere, bereits um die Jahreswende 1950/51, durch Verfügung des amerikanischen Hohen Kommissars McCloy, entlassen wurde, ist ein erstaunliches Exempel dafür, wie die Bundesrepublik den Handlangern Hitlers ihre Dienste lohnte. Auf eine kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion im März 1959 mußte Justizminister Schäffer zugeben, daß Schlegelberger nach dem 131er Gesetz eine monatliche Pension von 2894,08 DM brutto beziehe und seit 1951 insgesamt 160 000 DM Pensionsnachzahlungen erhalten habe.“ (S.-22) „So ist also eine Bestrafung der Männer, von denen der Nürnberger Gerichtshof gesagt hat, der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen, überhaupt nicht erfolgt. Vielmehr waren die Richter und Staatsanwälte ebenso wie die Ministerialbürokratie des Reichsjustizministeriums in ihre alten Positionen wieder eingesetzt worden, wo sie durch Schweigen ihre Vergangenheit zu bewältigen trachten." (S. 22) Seine Aussagen belegt Lehmann neben vielen anderen am Beispiel des 1962 zum Generalstaatsanwalt berufenen ehemaligen Mitarbeiters der Reichsanwaltschäft Fränkel. Erst durch Entlarvung dieses schwerbelasteten Nazijuristen auf Grund von Dokumentationen, die in der DDR herausgegeben wurden, sah man sich gezwungen, Fränkels Ernennung zum höchsten Staatsanwalt der Bundesrepublik rückgängig zu machen: „Und auch in diesem Fall hatte sich herausgestellt, daß Personalakten mit Hinweisen auf das frühere Wirken des neuen Generalbundesanwalts in der Bundesrepublik Vorlagen. Sie waren am 23. August 1946 aus dem Archiv des ehemaligen Reichsgerichts in Leipzig auf Anfrage den Kieler Justizbehörden übersandt worden, wo Fränkel zu jener Zeit erfolgreich seine Wiedereinstellung betrieb. Der Fall Fränkel aber hat noch eine andere Seite. Der zum höchsten Ankläger der Bundesrepublik berufene ehemalige Mitarbeiter der Reichsanwaltschaft hatte wie die ,Süddeutsche Zeitung' feststellte einen bemerkenswerten Rechtfertigungsgrund, sich als nichtbe-lastet zu betrachten: Wenn sein unmittelbarer Vorgesetzter von damals beim Reichsgericht, der Reichsanwalt Dr. Kirchner, nach Kriegsende Richter am Bundesgerichtshof werden konnte , wenn ein anderer Reichsanwalt aus jener blutrünstigen Phase, Dr. Richter, Senatspräsident am Bundesgerichtshof werden konnte, wenn ein weiterer einstiger Sachbearbeiter der Reichsanwaltschaft neben Fränkel, der inzwischen verstorbene Dr. Hörchner, Senatspräsident am Bundesgerichtshof werden konnte und sie alle blieben unbehelligt , warum, sollte, so mag er sich gesagt haben, ausgerechnet Herr Fränkel Skrupel haben, weil er damals auch an einer jener Quellen saß, aus denen man Unrecht wie Blut und Wasser fließen ließ wie läßt es sich denn überhaupt erklären, daß man beim Aufbau eines höchsten Gerichts frisch-fröhlich die ehemaligen Reichsanwälte zu Richtern und die ehemaligen Sachbearbeiter der Reichsanwaltschaft zu Bundesanwälten machen konnte? Antwort: Das ist nur dadurch zu erklären, daß der Bundesgerichtshof, in dessen Gestalt ein neues, moralisch und geistig unbelastetes höchstes Gericht gegründet hätte werden müssen und sollen, unter der Hand eine Art Traditions-Kompanie des alten Reichsgerichts wurde, dergestalt, daß sich dort, beim Bundesgerichtshof, viele, zu viele von der alten Garde wieder zusammenfanden(S. 33/34) Lehmann läßt es bei diesen Feststellungen bewenden. Er entlarvt die Zustände in der westdeutschen Justiz an Hand der Erscheinungen. Bereits das genügt ihm, um Antwort auf die Frage nach der Geisteshaltung der westdeutschen Justiz zu finden. Seiner Befangenheit im Schema bürgerlichen Rechtsdenkens und seiner Gutgläubigkeit hinsichtlich des „Wertes“ bürgerlicher Demokratie ist es offenbar zuzuschreiben, daß er in den angeführten Erscheinungen die Ursachen für die undemokratische und verfassungswidrige Strafverfolgungspraxis in Westdeutschland erblickt. Er fragt nicht nach den gesellschaftlichen Hintergründen dieser Zustände. So nur ist es verständlich, daß er auch nicht einen echten Ausweg aus ihnen zu finden weiß. Aber Lehmann hilft durch sein Buch allen ehrlichen demokratischen Kräften in Westdeutschland, insbesondere der Arbeiterklasse, bei der Suche nach diesem Ausweg. Schonungslos reißt er der westdeutschen Justiz und damit dem ganzen Bonner Herrschaftssystem den Schleier angeblicher Rechtsstaatlichkeit vom Gesicht. Brutale Willkür, permanenter Rechtsbruch bei der Verfolgung aller fortschrittlichen demokratischen Bestrebungen, insbesondere der in die Illegalität gezwungenen KPD, werden entlarvt und vor der Öffentlichkeit verurteilt. Zumindest das eine vermittelt Lutz Lehmanns Buch: die Erkenntnis, daß dieses Justizsystem und diese Strafgesetzgebung überwunden werden müssen. Anders ist jeder Gedanke an Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsmäßigkeit leerer Wahn. (wird fortgesetzt) Zum 20jährigen Bestehen unserer Zeitschrift sind uns von zentralen staatlichen. Organen, befreundeten Redaktionen, Lesern und Autoren Glückwünsche zugegangen. Wir danken allen, die dieses Jubiläums gedacht und in herzlichen Worten ihre Verbundenheit mit der Zeitschrift zum Ausdruck gebracht haben. Wir hoffen, daß sich die freundschaftliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung der sozialistischen Rechtspflege noch enger gestalten wird. Die Redaktion 88;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 88 (NJ DDR 1967, S. 88) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 88 (NJ DDR 1967, S. 88)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen an-zuivenden Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststeilung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Gesetzeskenntnis, auch auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts. Dazu gehört, sich immer wieder von neuem Gewißheit über die Gesetzlichkeit des eigenen Vorgehens im Prozeß der Beweisführung während der operativen und untersuchungsmäßigen Bearbeitung von feindlichen Angriffen und Straftaten der schweren allgemeinen Kriminalität gegen die Volkswirtschaft der Potsdam, Juristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die Auswahl,den Einsatz und die Zusammenarbeit Won und mit Sachverständigen zur von mit hohem Beweiswert bei defWcparbeitüng von Verbrechen gegen die Volkswirtschaft der und anderer sozialistischer Staaten begangen werden. Die greift die politischen und ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung sowie deren Landesverteidigung Gegenstand der Diversionsverbrechen sind für die Entwicklung der Arbeit wirkt sich auch aus, daß nicht immer mit der notwendigen Konsequenz die Realisierung solcher gegebenen personengebundenen Aufträge durch die operativen Mitarbeiter gefordert wird.

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