Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 729

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 729 (NJ DDR 1967, S. 729); das Recht an Briefen, Tagebüchern und anderen vertraulichen Aufzeichnungen gewährleistet wird (§§ 86 bis 90 URG). Dabei muß von vornherein davor gewarnt werden, in dem Schutz der Intimsphäre der Bürger die Abgrenzung eines staats- und gesellschaftsfreien Lebensbereichs, die Einräumung eines privaten Reservats zu sehen, in dem der einzelne der Gesellschaft gegenüber für sein Tun und Lassen keine Verantwortung trägt. Ebenso wie die sozialistische Gesellschaft von allen Bürgern ein verantwortungsvolles Verhalten zur Ehe und Familie erwartet (§ 1 Abs. 2 FGB), fordert sie solches Verantwortungsbewußtsein auch in den anderen Beziehungen des persönlichen Lebens. Daß der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz nicht als ein Konglomerat unterschiedlicher Rechtsinstitute, sondern als fester Bestandteil des im gesamten sozialistischen Recht wirksamen Persönlichkeitsschutzes betrachtet werden muß, zeigt auch das mit dem URG erstmals garantierte Recht an Briefen und anderen vertraulichen Mitteilungen und Aufzeichnungen. Dieses Recht, das im Gegensatz zum Recht am eigenen Bild bisher noch kaum Gegenstand rechtstheoretischer Untersuchungen und gerichtlicher Entscheidungen gewesen ist, macht ebenfalls deutlich, daß es mit dem allumfassenden Grundrecht auf volle Entfaltung der Persönlichkeit durch bewußte Teilnahme an der sozialistischen Praxis eng zusammenhängt. Es gehört zu den Grundsätzen des Gemeinschaftslebens, zur Achtung der Persönlichkeit des Bürgers, daß Schriftstücke persönlichen Charakters mit den in ihnen enthaltenen vertraulichen Informationen nur mit Einwilligung des Verfassers und des Empfängers veröffentlicht, vervielfältigt, verbreitet oder in anderer Weise in der Gesellschaft verwendet werden. Ebensowenig, wie es sich ein Bürger gefallen lassen muß, daß sein Personenbildnis ohne seine Zustimmung verbreitet oder öffentlich ausgestellt wird, braucht er sich die Kontrolle über die Verwendung der von ihm verfaßten oder an ihn gerichteten persönlichen brieflichen Mitteilungen aus der Hand nehmen zu lassen. Abgesehen davon, daß diese Mitteilungen Außenstehenden, die über die näheren Zusammenhänge nicht im Bilde sind, eine ganz falsche Vorstellung von der Persönlichkeit der Partner des Briefwechsels geben können, geht es hier überhaupt darum, den Bürger vor Zudringlichkeiten und Eigenmächtigkeiten in der Verwendung persönlicher, d. h. nur für einen bestimmten Adressaten odaf Personenkreis gedachter Äußerungen zu schützen. Auf diese Weise erfährt das in der Verfassung (Art. 8) garantierte Postgeheimnis seine zivilrechtlich notwendige Ergänzung, die dem Vertraulichkeitscharakter der brieflichen Äußerung über den Postbeförderungsweg hinaus Rechnung trägt. Dieser gesellschaftlichen Grundlagen und rechtstheoretischen Zusammenhänge des Persönlichkeitsschutzes muß man sich bewußt sein, wenn man bei der praktischen Anwendung des Rechts zu richtigen Ergebnissen gelangen will. So spielte z. B. bei der Diskussion über Grundfragen des neuen Urheberrechtsgesetzes der DDR das Problem eine Rolle, ob und inwieweit Briefe ohne Einwilligung von Absender und Empfänger als Beweismittel im Verfahren verwendet und ihr Inhalt in der gerichtlichen Verhandlung vorgetragen und erörtert werden kann. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen des URG wäre dies nur mit Zustimmung des Verfassers und des Empfängers bzw. deren Hinterbliebenen zulässig, ohne eine solche Zustimmung erst mit Ablauf - von zehn Jahren nach dem Tode der Briefpartner (vgl. §§ 89, 90 URG). Danach würde der Brief eines Ehegatten, den der andere in einem Scheidungsverfahren als Beweismittel anbietet, ohne Zustimmung beider Briefpartner nicht verwendet werden können. Zu diesem Ergebnis gelangt man aber nur. wenn man das Recht an Briefen und anderen vertraulichen Aufzeichnungen als isoliertes Institut des Zivilrechts betrachtet und seine gesellschaftliche Bedingtheit, seine Verwurzelung in der gesellschaftlichen Grundlage aller Persönlichkeitsrechte des sozialistischen Rechts übersieht. Alle diese Rechte sind gekennzeichnet durch die für das sozialistische Recht charakteristische Verbindung und Übereinstimmung von persönlichen und gesellschaftlichen Interessen. Wie bei der Regelung des Rechts am eigenen Bild auch die Interessen der Gesellschaft, darunter die der Rechtspflege (vgl. § 87 URG, insbesondere Buchst, c), berücksichtigt worden sind, die eine Verbreitung oder öffentliche Ausstellung von Personenbildnissen auch ohne die Einwilligung des Berechtigten gestatten und erfordern21, so muß auch die Verwendung von Briefen im Interesse der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts im gerichtlichen Verfahren ohne Zustimmung der Berechtigten möglich sein, zumal die Verwendung von Personenbildnissen als Beweisstücke im gerichtlichen Verfahren einer solchen Zustimmung ebenfalls nicht unterliegt. Die für die Ausübung der Rechtspflege maßgebenden prozeßrechtlichen Bestimmungen enthalten keine Einschränkung in der Verwendung von Briefen als urkundliche Beweisstücke. Sie gestatten es aber und darauf ist in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht besonders aufmerksam zu machen , den durch das Recht an vertraulichen Aufzeichnungen geschützten persönlichen Interessen durch eine zumindest zeitweilige Ausschließung der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen, wenn trotz Widerspruchs eines Berechtigten die Verwendung des Briefes zum Zwecke der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint22. Ein ähnliches Problem des Persönlichkeitsschutzes tritt im gerichtlichen Verfahren bei der Verwendung von Tonbandaufnahmen zu Beweiszwecken auf. Bei Tonaufzeichnungen, die Vorgänge aus der Intimsphäre von Verfahrensbeteiligten wiedergeben, besteht die Gefahr, daß vor der von einer Seite heimlich bewirkten Aufnahme die andere Seite zu dem für Beweiszwecke gewünschten Verhalten provoziert worden ist. Es liegt nicht im Interesse der Aufklärung des Sachverhalts, daß Schallträger mit den Ergebnissen derartiger Provokationen in den Prozeß als Beweisstücke eingeführt werden. Es ist aber auch eine schwere Verletzung der Persönlichkeit des Bürgers, wenn hinter seinem Rücken Tonträger hergestellt werden, die dem späteren Hörer ein bestimmtes, unter mehr als zweifelhaften Umständen zustande gekommenes Bild seiner Persönlichkeit vermitteln sollen. Deshalb muß die Verwendung derartiger Tonaufzeichnungen zu Beweiszwecken auch aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen als unzulässig angesehen werden. Die Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich nicht unmittelbar aus § 89 URG. Zwar spricht die Überschrift dieser Bestimmung vom Schutz vertraulicher Aufzeichnungen und Mitteilungen schlechthin. Aus dem Gesetzestext ist 21 Vgl. KrG Leipzig, Urteil vom 29. Januar 1960 VI C 322/59 (NJ 1962 s. 751): Tegetmeyer. „Bemerkungen zum Charakter und Schutz des Rechts am eigenen Bild“, NJ 1962 S. 733 fl.: Püschel, „Zum Charakter und Schutz des Rechts am eigenen Bild“, NJ 1963 S. 62 ff.: BG Leipzig, Urteil vom 19. August 1963 6 BCB 9/63 (NJ 1965 S. 587 ff. mit Anmerkungen von Tegetmeyer und Püschel). 22 Vgl. für das allgemeine Zivilverfahrensrecht § 13 Abs. 2 AnglVO. für das Verfahren in Familiensachen § 10 Abs. 3 FVecfO. Das künftige Zivilprozeßrecht soll in allen Zivilverfahren den Auschluß der Öffentlichkeit für die Verhandlung oder einen ihrer Abschnitte gestatten, wenn dies im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der sozialistischen Moral oder der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen notwendig oder im Interesse der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts oder der Aussöhnung der Parteien geboten ist. Indem die letzten beiden Alternativen nicht mehr lediglich für das Ehe-vcrfahrensrecht. sondern auch für das allgemeine Zivilverfahrensrecht Geltung haben sollen, wäre damit die prozessuale Rechtslage auch im Hinblick auf die Verwendung vertraulicher Schriftstücke im Beweisverfahren des allgemeinen Zivilprozesses noch eindeutiger. 729;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 729 (NJ DDR 1967, S. 729) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 729 (NJ DDR 1967, S. 729)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende politisch-operative Probleme bei der Verdachtsprüfung und der Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in Ermittlungsverfahren mit Haft bearbeiteten Personen hat eine, wenn auch differenzierte, so doch aber feindlieh-negative Einstellung. Diese feindlich-negative Einstellung richtet sich gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der inneren Ordnung und Sicherheit entsprechend den neuen LageBedingungen, um uuangreifbar für den Feind zu sein sowie für die exakte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit die sichere Verwahrung eines Beschuldigten oder Angeklagten in einer Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit tätigen Mitarbeiter zu entsprechen. Die Zielstellungen der sicheren Verwahrung Verhafteter in allen Etappen des Strafverfahrens zu sichern, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie Kenntnisse zu vermitteln über - Symptome und Krankheitsbilder, die für psychische Auffälligkeiten und Störungen Verhafteter charakteristisch sind und über - mögliche Entwicklungsverläufe psychischer Auffälligkeiten und Störungen und den daraus resultierenden Sicherheitserfordernissen, sowohl in ihrer Gesamtheit als auch auf die einzelnen Reproduktionsprozesse und die zwischen ihnen bestehenden Zusammenhänge und Wechselbeziehungen bezogen.

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