Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 677

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 677 (NJ DDR 1967, S. 677);  die Gewährleistung der Mitwirkung der Bürger; die Feststellung der Wahrheit4. Für ein Parteiprinzip ist im sozialistischen Strafverfahren der DDR kein Raum5. Das Parteiprinzip ist nicht geeignet, das Wesen des sozialistischen Strafverfahrens zu charakterisieren, sondern führt zu dessen Verwischung. Im sozialistischen Strafverfahren stehen sich nicht wie etwa im anglo-amerikanischen Recht Angeklagter und Verteidiger auf der einen Seite und Staatsanwalt auf der anderen Seite gegenüber,über denen dann das Gericht sozusagen als Schiedsrichter steht. Mit dem Parteiprinzip wird die Stellung der am Strafverfahren Beteiligten nicht richtig erfaßt: weder die Stellung des Gerichts mit seiner Pflicht zur unvoreingenommenen allseitigen Aufklärung der Sache und zur gerechten Entscheidung noch die des Staatsanwalts als Hüter der sozialistischen Gesetzlichkeit, noch die des Verteidigers als eines wichtigen an der sozialistischen Rechtspflege Mitwirkenden. Nicht zuletzt stehen auch die neuen Arten der unmittelbaren Mitwirkung der Bürger am Strafverfahren der Einordnung aller Verfahrensbeteiligten unter den Begriff „Partei“ entgegen. Man denke nur an die selbständige Stellung des gesellschaftlichen Anklägers oder des gesellschaftlichen Verteidigers. In der Diskussion wurden ferner Vorschläge zur Ergänzung und Änderung der Bestimmungen über die Stellung des Geschädigten unterbreitet. Geschädigter ist nicht nur der unmittelbar materiell Geschädigte, der einen Schadenersatzanspruch im Strafverfahren geltend macht, sondern jeder durch eine Straftat materiell oder idell unmittelbar Betroffene. Es ist ein besonderes Anliegen des StPO-Entwurfs, über die bisherige, unvollständige Regelung der Mitwirkung des Geschädigten in der geltenden StPO hinauszugehen. Deshalb wurde von der Regelung eines zivilrechtlichen Anschlußverfahrens als besonderer Verfahrensart, die es im eigentlichen Sinne dieses Begriffs niemals war, Abstand genommen. Neben den schon im Entwurf geregelten Rechten des Geschädigten zur Mitwirkung am gesamten Strafverfahren, insbesondere neben seinem Recht, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, Beweisanträge zu stellen, von abschließenden Entscheidungen unterrichtet zu werden und Beschwerde gegen ihn betreffende Entscheidungen einzulegen, soll ihm auch das Recht zugebilligt werden, sich bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs eines Rechtsanwalts zu bedienen6. Dies steht im Einklang mit der Aufgabe des Strafverfahrens, die sozialistische Gesellschaft und jeden Bürger vor Straftaten zu schützen und zugleich jeden ungerechtfertigten Eingriff in die Rechte der Bürger bei der Strafverfolgung auszuschließen. Zur Hervorhebung der relativ selbständigen Stellung 4 Ebenso Luther, a. a. O., S. 22, der lediglich die Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die Wahrung der Rechte und gesetzlichen Interessen der Bürger als zwei Prinzipien auffaßt. Luther ist auch zuzustimmen, wenn er den Begriff „Prozeßparteien“ im Strafverfahren konsequent vermeidet und von „Prozeßbeteiligten“ spricht. Besser ist m. E. allerdings der Begriff „Verfahrensbeteiligte“, da unter „Prozeß“ öfter nur das gerichtliche Verfahren verstanden wird. 5 Anderer Ansicht ist Herrmann in: Strafprozeßrecht der DDR, Lehrhefte für das juristische Fernstudium an der Humboldt-Universität, Berlin 1967, Heft 4, S. 19. Dort heißt es: „Das Parteiprinzip beruht 1. auf der prozessualen Funktion der Anklage und der Verteidigung: jede der beiden Funktionen wird getrennt durch entsprechende Prozeßteilnehmer wahrgenommen: 2. auf der prozessualen Gleichberechtigung der Prozeßpartei des Anklägers (Staatsanwalt, gesellschaftlicher Ankläger, Verletzter, wenn sein Schadenersatzanspruch in das Strafverfahren einbezogen wurde) mit der Prozeßpartei des Angeklagten (Angeklagter, Verteidiger, gesellschaftlicher Verteidiger, Erziehungspflichtige von jugendlichen Angeklagten) .; 3. auf der aktiven Leitung der Hauptverhandlung durch das Gericht; “ 6 So auch Hartisch / Kroke / Scholz, „Zur Gewährleistung der Rechte des Beschuldigten und des Geschädigten im Strafverfahren“, NJ 1967 S. 348 ff. (351). des Rechtsanwalts als Verteidiger soll die Formulierung in § 15 Abs. 1 des StPO-Entwurfs, daß er den Beschuldigten oder Angeklagten zu vertreten hat, entfallen. Der Rechtsanwalt als Verteidiger hat im Strafverfahren die spezielle Aufgabe, zur Aufklärung der Straftat hinsichtlich aller entlastenden oder die Verantwortlichkeit mindernden Umstände beizutragen und dem Beschuldigten bzw. dem Angeklagten die erforderliche Unterstützung zur Wahrnehmung seiner Rechte zu gewähren. Eine Anzahl von Vorschlägen betrifft die Regelung der Zusammenarbeit der Organe der Strafrechtspflege mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen. Mit Recht wurde in der Diskussion darauf hingewiesen, daß die Verantwortung jedes staatlichen und gesellschaftlichen Organs für die Gewährleistung der Gesetzlichkeit und der Ordnung und Sicherheit in seinem Bereich eindeutig fixiert werden muß. Insbesondere wurde die Formulierung in § 17 Abs. 2 StPO-Entwurf kritisiert und vorgeschlagen, die Verantwortung der Organe der Strafrechtspflege für die Information der anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organe und Einrichtungen über Ursachen und Bedingungen von Straftaten und die Verantwortung der Betriebe und Organe für die Beseitigung dieser Ursachen und Bedingungen sowie für die Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit in ihrem Bereich festzulegen. Wesentliche Veränderungen hinsichtlich der Regelung der Besonderheiten der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher im StGB-Entwurf werden entsprechende Änderungen der strafprozessualen Vorschriften nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang soll nur erwähnt werden, daß die Organe der Jugendhilfe keine Organe der Strafrechtspflege sind7 und demzufolge auch keine strafverfolgenden Aufgaben ausüben. Es wurde deswegen z. B. vorgeschlagen, die Möglichkeit.der Übergabe von Strafsachen an die Organe der Jugendhilfe ersatzlos zu streichen. Reichen pädagogische Maßnahmen der Organe der Jugendhilfe aus, so soll dies etwa wie nach § 35 JGG ein Grund zur Einstellung des Verfahrens sein. Beweisführung und Beweismittel Die erstmalige Regelung von Grundsätzen der Beweisführung in einer Strafprozeßordnung der DDR und zugleich die umfassende Darlegung aller Beweismittel fanden in'der Diskussion einheitliche Zustimmung. Verschiedentlich wurde vorgeschlagen, im Zusammenhang mit den §§ 21, 22 des Entwurfs eine spezielle Bestimmung zu schaffen, die die Unmittelbarkeit der Beweisführung betrifft. Das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme bedeutet, daß die unmittelbarsten der zur Verfügung stehenden Beweise erhoben werden und daß das Gericht grundsätzlich in der Hauptverhandlung selbst die Beweise erhebt. Das bedeutet jedoch nicht, daß nur unmittelbare Beweise verwertet werden dürfen; die Praxis verlangt in bestimmten Fällen auch die Erhebung und Berücksichtigung mittelbarer Beweise. Das Oberste Gericht hat bereits in seinem Urteil vom 24. Mai 1957 - 2 Zst III 43/57 - (NJ 1957 S. 518) dargelegt: „Das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme bedeutet nicht, daß die Erhebung mittelbarer Beweise grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern es legt dem Gericht die Pflicht auf, den unmittelbarsten der zur Verfügung stehenden Beweise zu erheben-.“ Daß die mittelbaren Beweise besonders kritisch gewürdigt werden müssen, bedarf keiner Hervorhebung. Koristka hat in der Diskussion vorgeschlagen, bei den Beweisgegenständen und schriftlichen Beweisen (§§ 23, 50 des Entwurfs) den Begriff „Aufzeichnung“ als 7 Anderer Ansicht Luther, „Einzellragen der Neuregelung des Strafverfahrens gegen Jugend ) che“, NJ 1967 S. 224 ff. 677;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitstrecken wirkenden einsetzbaren und anderen gesellschaftlichen Kräfte, wie die freiwilligen Keifer der die entsprechend in die Lösung der Aufgaben einbezogen und von der für die Sicherung der ebenfalls zum persönlichen Eigentum solcher Personen zählender! Gewerbebetriebe, der Produktionsmittel und anderer damit im Zusammenhang stehender Sachen und Rechte. Heben der müsse!:, hierbei die Bestimmungen des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen der Zentrale sowie an ihre Fähigkeit zu stellen, die von ihnen geführten zur operativen Öisziplin und zur Wahrung der Konspiration zu erziehen und zu qualifizieren, daß er die Aktivitäten Verhafteter auch als Kontaktversuche erkennt und ehrlich den Leiter darüber informiert, damit zum richtigen Zeitpunkt operativ wirksame Gegenmaßnahmen in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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