Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 53

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 53 (NJ DDR 1967, S. 53); Berufung auf § 91 StGB (Verfassungsverräterische Zersetzung) angeklagt wurde. Die folgenden Ausführungen, die aus Knorrs Schlußwort in der Verhandlung vor der Strafkammer des Landesgerichts Dortmund stammen, stehen mit den aus Art. 139 GG erwachsenen Verpflichtungen in unmittelbarem Zusammenhang: „Meiner harten Kritik an belasteten Personen und an Personengruppen, welche durch völkerrechtliche Normen und grundgesetzliche Verpflichtungen keine öffentlichen Ämter ausüben dürfen, liegt eine Einsicht besonderer Natur zugrunde: daß nämlich die Demokratie nur mit Demokraten aufgebaut werden kann, aber nicht mit Personen, die durch ihre leitende Mitwirkung am Dritten Reich und seinen Verbrechen mitschuldig geworden und die die moralische Legitimation für eine leitende Mitwirkung in einem freiheitlich sein sollenden Staat verloren haben Wenn unser Staat weiterhin in Völkerrechts- und grundgesetzwidriger Weise derartige Personen in öffentlichen Ämtern duldet, wird von seinem demokratischen Ausgangspunkt 'bald nicht mehr viel übrig sein. Wenn aber durch Mobilisierung der öffentlichen Meinung die Nazis verschwinden und die Staatsbürger durch politische Bildung befähigt werden, ihre vom Grundgesetz zugeordneten Rechte und Pflichten wahrzunehmen, dann ist dies keine Staatsgefährdung, sondern Staatssicherung.“13 Neben dieser grundlegenden Bestimmung des Art. 139 GG verdient noch Art. 132 GG erwähnt zu werden, der es bis zum 7. März 1950 ermöglichte, binnen sechs Monaten nach dem ersten Zusammentritt des Bundestages auf Lebenszeit angestellte Beamte und Richter in den Ruhestand oder Wartestand oder in ein Amt mit niedrigerem Diensteinkommen zu versetzen, sofern ihnen „die persönliche oder fachliche Eignung für ihr Amt fehlt“. Diese Regelung sollte sich ebenfalls gegen Anhänger des Nazismus richten. Abs. 2 nahm ausdrücklich solche Personen aus, „die von den Vorschriften über die .Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ nicht betroffen oder die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus sind, sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer Person vor liegt“. Die zur Durchführung dieser Bestimmung geforderte Verordnung der Bundesregierung erging allerdings erst am 17. Februar 1950, so daß sie nur einen halben Monat angewandt werden konnte. Doch die Bundesregierung versuchte mit dieser „Verordnung über Maßnahmen gegen dienstlich ungeeignete Beamte und Angestellte“, anstatt dem demokratischen Gehalt des Art. 132 GG Rechnung zu tragen, entgegen dessen Sinn antifaschistische Kräfte aus dem Staatsdienst zu entfernen14. Unantastbarkeit der Menschenwürde Wird in den Artikeln 139 und 132 GG expressis verbds auf die faschistische Herrschaftsordnung Bezug genommen, so ist auch Art 1 GG nur als Reaktion auf diese Zeit und als ständige Mahnung zu demokratischer Wachsamkeit gegenüber allen Versuchen imperialistischer Kräfte zu verstehen, das westdeutsche Staatswesen erneut zum Faschismus zu führen. Wenn es in Art. 1 Abs. 1 und 2 GG heißt, die Würde der Menschen sei unantastbar, sie zu achten und zu schützen sei Pflicht aller staatlichen Gewalt, weshalb sich das deutsche Volk zu unverletzlichen und imveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt bekenne, so geht aus dieser Formulierung hervor, daß man damit verkünden wollte, es dürfe niemals wieder ein 1933 geben. Dieser Zusammenhang wird schon 13 Abgedruckt unter „Gegen Polizei-Anmaßung und Diffamierung der Opposition“, Die Andere Zeitung (Hamburg) vom 21. Oktober 1965; vgl. auch Schmid, „Wen oder was schützt der Verfassungsschutz?“, Die Zeit vom 5. Januar 1965. 14 vgl. im einzelnen Büchner-Uhder, Die Entwicklung des Beamtenrechts im Zeichen der Faschisierungspolitik in Westdeutschland, Berlin 1956, S. 69 ff. aus der Entstehungsgeschichte des Artikels deutlich. Im Grundsatzausschuß des Parlamentarischen Rates führte der Abgeordnete Dr. Bergsträßer (SPD) aus, daß man sich „nach den bitteren Erfahrungen der Nazizeit“ „erneut“ zu jenen Rechten bekenne“. Ebenso bekundete später Prof. Dr. von Mangoldt, der als CDU-Mit-glied im Parlamentarischen Rat mitgearbeitet hatte, dieses Motiv des Art. 1 GG: „Damit soll der Geist des neuen Staatswesens in seiner ganzen Gegensätzlichkeit zu dem System der im Mai 1945 vernichteten Staatsordnung gekennzeichnet werden.“16 Bei alledem muß ganz besonders hervorgehoben werden, daß das Grundgesetz mit diesem Artikel beginnt, daß er den Charakter einer obligatorischen Staatsinhaltsbestimmung trägt und damit zugleich die Verpflichtung für alle westdeutschen Bürger enthält, das Ihrige zu tun, damit sich die Bundesrepublik zju einem antifaschistisch-demokratischen Staatswesen entwickelt. Das wird auch durch die folgenden Ausführungen N a -wiaskys unterstrichen: „Nach der Abwertung, welche alle die Positionen der Einzelperson stützenden Rechtseinrichtungen in der nationalsozialistischen Ära erfahren hatten, und ihren katastrophalen Folgen erhob sich nach dem Zusammenbruch der Schreckensherrschaft allgemein das Bestreben, die Menschlichkeit und den Menschen wieder zum Recht kommen zu lassen.“17 Aus alledem ergibt sich, daß Art 139 und Art. 1 GG miteinander korrespondieren; sie bringen beide dieselbe Verfassungsintention zum Ausdruck. Maunz dagegen verwandelt mittels der Naturrechtsdoktrin Art 1 GG zunächst in ein „zeitloses“ und „überstaatliches“ Postulat und übergeht dabei seine konkrete Herkunftsbeziehung, den ihm zugrunde liegenden Widerspruch zwischen Faschismus und Demokratie, mit Stillschweigen. Nachdem er dieser Bestimmung „Ewigkeitsrang“ verliehen hat ist es für ihn ein leichtes, Art. 139 GG als „staatlich gesetztes Recht vorübergehender Natur“ dem Art. 1 GG unterzuordnen und jedes realen Gehalts zu entkleiden18. Kampf um Demokratie und Grundgesetz Diese antifaschistische Zielrichtung, der antifaschistische Gebotscharakter der angeführten Verfassungsartikel, wird durch eine erhebliche Zahl weiterer Bestimmungen des Grundgesetzes bekräftigt, die zumindest mittelbar einen antifaschistischen Akzent tragen. Das trifft vor allem für alle Artikel zu, die antimilitaristischen Charakters sind, in denen das Friedensgebot des Grundgesetzes ausdrücklich seinen Niederschlag gefunden hat, insbesondere also Art. 26 (Verbot des Angriffskrieges), Art. 24 Abs. 2 (Einonriming in ein kollektives Sicherheitssystem zur Wahrung des Friedens), Art 4 Abs. 3 (Kriegsdienstverweigerungsrecht)19 und Art 9 Abs. 2 (Verbot von Vereinigungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten). Die geschichtlichen Erfahrungen der Arbeiterklasse in Deutschland verlangen, mit allen Kräften der Faschisie- 16 Vgl. „Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes“, a. a. O., S. 48. 16 v. Mangoldt, „Grundrechte und Grundsatzfragen des Bonner Grundgesetzes“, Archiv des öffentlichen Hechts, 75. Bd. (1949), S. 279. 17 Nawiasky, Die Grundgedanken des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart-Köln 1950, S. 21 f. Vgl. auch Bonner Kommentar, Anm. n, 3, e zu Art. 1 Abs. 2 GG: „Mit dem in Abs. II abgelegten qualitativ-moralischen Bekenntnis zieht das deutsche Volk aus der selbsterlebten Zeit der Herrschaft einer unbegrenzten Staatsallmacht die Folgerung: es lehnt dieses System ab und entscheidet sich für jene Auffassung, die den Staat verpflichtet, seine Aufgaben selbstlos im Dienste der Menschenwürde zu erfüUen 18 Maunz, a. a. O. 19 Dieses Recht ist allerdings durch das Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 (BGBl. I S. 651) stark eingeengt worden. Seine verfassungsmäßige Verankerung kann jedoch zusammen mit anderen Verfassungsbestimmungen die Ambitionen der westdeutschen Militaristen in gewissem Grade erschweren. 53;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 53 (NJ DDR 1967, S. 53) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 53 (NJ DDR 1967, S. 53)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

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