Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 511

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 511 (NJ DDR 1967, S. 511); Werktätigen seit Jahren in der Weise durchgeführt, daß sie über die laufende Nockenwelle griffen und von der mechanischen Steuerung des Klopfwerkes einen Verbindungsbolzen lösten, so daß das Klopf werk außer Betrieb gesetzt wurde. Nach § 6 der ASAO 541 dürfen diese Arbeiten nur bei Stillstand der Maschine ausgeführt werden. Dazu hätte die Sicherung des Schalters, mit dem die Nockenwelle stillgelegt wird, von einem Elektriker gezogen werden müssen. Dies wurde jedoch niemals so gehandhabt. Da bei der geübten Praxis eine Gefahr für die Gesundheit der Werktätigen bestand und diese die Gefahr erkannten, forderten sowohl die Arbeiter der Staubfilteranlage als auch die Reparaturschlosser, daß an der Nockenwelle eine Notschaltung mit Reißleine angebracht wird, um ggf. einem verunglückten Kollegen zu ermöglichen, die Anlage außer Betrieb zu setzen. Von dieser Forderung erhielt der Angeklagte R. spätestens am 16. Juni 1964 Kenntnis, als er das Arbeitsschutzkon-trollbuch der Brigade Transport, zu der die Staubfilterwarte gehörten, abzeichnete. Diese Forderung wurde noch mehrere Male durch schriftliche Hinweise in den Arbeitsschutzkontrollbüdhern wiederholt. So wurde auch am 30. Oktober 1964 im Arbeitsschutzkontrollbuch auf die Gefahr hingewiesen, in die laufende Welle zu geraten. Die Angeklagten R. und B. erhielten von diesen Eintragungen Kenntnis. Im Oktober/November 1964 erfuhr die Angeklagte B. außerdem in einer Versammlung der Brigade Transport, daß die Nockenwelle der Entstaubungsanlage beim Auswechseln der Staubsäcke nicht abgeschaltet wurde. Zunächst beachtete der Angeklagte R. die Hinweise der Werktätigen nicht. Im Februar 1965 beauftragte er jedoch die Angeklagte B., die Forderung nach einer Notschaltung zu überprüfen. Einen Termin legte er nicht fest; er informierte sich auch nicht von dem Ergebnis der Überprüfung. Ende Juni 1965 beauftragte er den Angeklagten S., die Forderung der Arbeiter zu untersuchen. Dieser beauftragte seinerseits Anfang August 1965 die Angeklagte B. mit der Untersuchung, wobei er bemerkte, daß dies eine gute Qualifizierungsmöglichkeit auf technischem Gebiet für sie sei. Die Angeklagte B. sah sich mit zwei Schlossern die Anlage an und unterhielt sich mit ihnen über die Möglichkeit, eine Schutzvorrichtung anzubringen. Sie veranlaßte jedoch keine weiteren Maßnahmen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Kreisgericht die Verantwortung des Angeklagten R. für die Einhaltung und Durchführung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes gemäß §§ 8, 18 ASchVO bejaht. Es hat festgestellt, daß R. seine ihm obliegende Pflicht zur Sicherung der Belehrung und Kontrolle der Staubfilterwarte über den technologischen Arbeitsablauf an der Anlage gemäß § 10 ASchVO in Verbindung mit § 6 der. ASAO 541 verletzt und dadurch unbewußt fahrlässig den Tod der Verunglückten C. verursacht sowie tateinheitlich damit eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Werktätigen zugelassen habe. Bei dem Angeklagten S., dessen Verantwortung für den Gesundheits- und Arbeitsschutz das Kreisgericht gemäß §§ 8, 18 ASchVO gleichfalls bejaht hat, hat es eine strafrechtliche Verantwortlichkeit verneint. Laut Funktionsplan sei er zwar für die technische Sicherheit des Betriebes verantwortlich gewesen, dagegen nicht für die Einhaltung von § 6 der ASAO 541 durch die Staubfilterwarte. Soweit er auf Grund des ihm erteilten Auftrages eine Überprüfung der Forderung der Werktätigen unterlassen habe, sei dies nicht ursächlich für die eingetretene Gefahr bzw. den tödlichen Unfall gewesen. Die Pflichtverletzungen der Angeklagten B. hat das Kreisgericht darin gesehen, daß sie als Sicherheitsinspektor und damit als leitender Mitarbeiter im Sinne der §§ 8, 19 ASchVO den Angeklagten R. nicht auf die ihr bekannte, auf Verletzung des § 6 der ASAO 541 beruhende Gefahrensituation an der Staubfilteranlage hingewiesen und eine Kontrolle der Belehrung der Staubfilterwarte unterlassen habe. Diese Unterlassungen seien gleichfalls ursächlich für den Tod der Geschädigten und die Gefahr für die Werktätigen gewesen. Das Urteil des Kreisgerichts ist hinsichtlich der Angeklagten S. und B. rechtskräftig. Auf die Berufung des Angeklagten R. änderte das Bezirksgericht das Urteil des Kreisgerichts hinsichtlich dieses Angeklagten ab und sprach ihn frei. Es hat eine Verletzung der dem Angeklagten obliegenden Pflicht zur Sicherung der Belehrung der Werktätigen, insbesondere nach § 6 der ASAO 541, verneint und außerdem nicht als erwiesen angesehen, daß der Angeklagte Kenntnis von der Gefahrensituation an der Entstaubungsanlage gehabt habe bzw. hätte haben müssen. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation der Urteile des Kreisgerichts und des Bezirksgerichts zugunsten der Angeklagten B. und zuungunsten der Angeklagten S. und R. beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Urteil des Kreisgerichts verletzt, soweit es die Angeklagten B. und S. betrifft, das Gesetz durch ungenügende Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts (§ 200 StPO). Das auf Freispruch des Angeklagten R. lautende Urteil des Bezirksgerichts beruht auf Verletzung der §§ 222 StGB, 31 ASchVO durch Nichtanwendung. Das Kreisgericht ist bei der Beurteilung des Inhalts und Umfangs der Verantwortung der Angeklagten B. davon ausgegangen, daß sie als Sicherheitsinspektor und leitender Mitarbeiter im Sinne der §§ 8, 19 ASchVO dem Angeklagten R. unmittelbar unterstellt war. Diese Feststellung stimmt zwar abgesehen davon, daß die Angeklagte Sicherheitsbeauftragte und nicht Sicherheitsinspektor war mit dem bei den Akten befindlichen Funktionsplan für die Angeklagte sowie mit dem Strukturplan des Betriebsteils VI überein. Funktionsplan und Strukturplan stehen jedoch im Widerspruch zu der im § 19 Abs. 1 ASchVO enthaltenen gesetzlichen Regelung über die Pflichten des Sicherheitsinspektors und dessen personelle Unterstellung. Der Sicherheitsinspektor ist Funktionalorgan des Betriebsleiters. Er unterstützt diesen bei der Erfüllung seiner Pflichten im Arbeitsschutz und ist ihm direkt unterstellt (§ 19 Abs. 1 ASchVO). Betriebsleiter im Sinne des § 8 ASchVO ist nur der Leiter eines juristisch selbständigen Betriebes, nicht dagegen derjenige Werktätige, der zwar die Bezeichnung Betriebsleiter trägt, jedoch nur einen juristisch unselbständigen Teil eines Betriebes leitet. Ein solcher Werktätiger ist leitender Mitarbeiter. Seine Verantwortung für die Durchführung und Durchsetzung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes in dem von ihm geleiteten Betriebsteil ergibt sich aus §§ 8, 18 ASchVO (vgl. OG, Urteil vom 27. September 1966 - 2 Ust 23/66 - NJ 1967 S. 59). Daraus folgt, daß in Großbetrieben und Kombinaten, die aus mehreren Betriebsteilen bestehen, eine personelle Unterstellung des in einem Betriebsteil tätigen Sicherheit? -inspektors unter den Betriebsteilleiter gegen das Gesetz verstößt. Sofern in Großbetrieben Sicherheitsinspektionen bestehen, ist bei der Beurteilung der Verantwortung davon auszugehen, daß lediglich der Leiter dieser Abteilung Sicherheitsinspektion dem Betriebsleiter unterstellt ist und daß er gegenüber den ihm unterstellten Sicherheitsinspektoren Weisungsbefugnis besitzt (vgl. Abschn. I Buchst, b, letzter Absatz der Richtlinie Nr. 20 des Plenums des Obersten Gerichts vom 15. Dezember 1965, NJ 1966 S. 33). Der Angeklagte R. war, wie das Kreisgericht festgestellt hat, nicht Betriebsleiter, sondern leitender Mitarbeiter im Sinne der §§ 8, 18 ASchVO. Die Angeklagte B. durfte ihm personell nicht unterstellt werden, sondern hätte dem Hauptsicherheitsinspektor des VEB Z. unterstellt werden müssen, nach dessen Weisungen und Kontrolle sie ihre speziellen Aufgaben im Betriebsteil VI durchzuführen hatte. Das Kreisgericht hätte deshalb auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 ASchVO klärer SU;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Begehung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld und seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Hausordnung - erarbeitet auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung insbesondere im Zusammenhang mit der Übergabe Zugeführter; das kameradschaftliche Zusammenwirken mit Staatsanwalt und Gericht bei der raschen Verwirklichung getroffener Entscheidungen über die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden.

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