Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 481

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 481 (NJ DDR 1967, S. 481); 2. Ein Kausalverhältnis kann nicht deshalb verneint werden, weil zu den durch schuldhaftes Verhalten eines Täters in Gang gesetzten Ursache-Wirkung-Be-ziehungen ein weiteres schuldhaftes Verhalten einer anderen Person als Ursache hinzukomrat. Bei der Prüfung des strafrechtlich bedeutsamen Zusammenhangs zwischen Ursache und Wirkung kommt cs vielmehr darauf an, die inneren wesentlichen Beziehungen zu erfassen. 3. Pflichtverletzungen des Ärztlichen Direktors eines Krankenhauses bzw. des Leitenden Arztes einer Fachabteilung im Rahmen seiner Ausbildungs- und Aufsichtspflicht gegenüber ihm unterstellten Ärzten und Krankenschwestern begründen bei erfolgsqualifizierten Delikten dieser Mitarbeiter (hier: fahrlässige Tötung eines Patienten) noch nicht seine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Dazu muß vielmehr ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Pflichtverletzungen und den schuldhaft herbeigeführten Folgen vorliegen. Strafrechtliche Verantwortung setzt demnach individuelle Schuld in Beziehung auf die Erfüllung aller Voraussetzungen des jeweiligen gesetzlichen Tatbestands voraus. 4. Ein Bürger, dem nach einer abgeschlossenen Ausbildung der berufliche Befähigungsnachweis erteilt (hier: vollapprobierter Arzt) und ein bestimmter Aufgabenbereich mit eigener Verantwortung-übertragen worden ist, kann sich bei persönlichem Versagen grundsätzlich nicht darauf berufen, daß ihm seine Lehrer, Ausbilder oder übergeordneten Leiter ein nicht genügendes Wissen vermittelt haben. OG, Urt. vom 26. April 1967 - 5 Ust 10,67. Das Bezirksgericht verurteilte die Angeklagten L. und Lo. wegen fahrlässiger Tötung (§§ 222 StGB, § 1 StEG) zu bedingten Gefängnisstrafen. Die Angeklagte A. wurde von der Anklage der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Dieser Entscheidung liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte L. ist seit 1945 im Krankenhaus S. als Chirurg und Ärztlicher Direktor tätig. Die Angeklagte A. arbeitet seit 1934 als ausgebildete Krankenschwester und wurde infolge ihrer guten Kenntnisse 1945 im Krankenhaus S. als Operationsschwester eingesetzt. Am 9. November 1965 gegen 19.30 Uhr wurde der 16jährige P. mit erheblichen Schnittverletzungen an der Handinnenfläche in das Krankenhaus S. gebracht. Es wurden sofort die für den Bereitschaftsdienst eingesetzte Angeklagte A. und die in dieser Sache rechtskräftig verurteilte Ärztin Lo. verständigt. Die Angeklagte A. traf gegen 19.45 Uhr im Krankenhaus ein. Sie sah sich die Verletzungen des Patienten an und forderte danach die Stationsschwester, die Zeugin G., auf, eine Äthervollnarkose zu machen. Die Zeugin wies die Angeklagte A. ausdrücklich darauf hin, daß der Patient, vorher reichlich gegessen hatte, und schlug eine lokale Betäubung vor. Auch der Vater des Verletzten betonte in Anwesenheit der Angeklagten A., daß sein Sohn gegessen hatte, und bat um eine lokale Schmerzausschaltung. Mit der Bemerkung, eine gute Narkoseschwester müsse damit fertig werden, wies die Angeklagte A. jedoch alle Bedenken zurück. Daraufhin begann die Zeugin G. gegen 20 Uhr mit der Narkose. Nach etwa zwei Minuten setzte bei dem Patienten Brechreiz ein, er erbrach Speisebrocken. Kurz nach 20 Uhr der Verletzte war bereits in Narkose traf die Ärztin Lo. ein. Die Schwestern informierten sie darüber, daß der Patient zu Beginn der Narkose erbrochen hatte. Die Ärztin untersuchte P. und stellte eine ruhige und gleichmäßige Atmung fest. Daher nahm sie einen normalen Narkoseverlauf an und begann mit der Wundversorgung, die etwa 20 Minuten dauerte. Als die Zeugin G. die Narkosemaske abnahm, stellte sie fest, daß der Patient bläuliche Lippen hatte. Das teilte sie sofort mit und äußerte ihre Besorgnis darüber, daß infolge des vollen Magens sowie des Erbrechens mit der Luftzufuhr etwas nicht in Ordnung sein könnte. Die Angeklagte A. prüfte daraufhin die Atmung. Sie fand sie frei und bemerkte, die Blaufärbung der Lippen habe nichts zu sagen. Die Ärztin Lo., die anfänglich Sauerstoffmangel vermutete, prüfte den Puls des Patienten. Da sie ihn regelrecht fand, übergab sie den Patienten ohne besondere Anweisungen der Zeugin G. Gegen 20.30 Uhr verließen die Angeklagten A. und Lo. das Krankenhaus, ohne noch einmal nach dem Kranken zu sehen. Inzwischen nahm jedoch die Blaufärbung beim Patienten zu und sein Puls wurde schwächer. Die Zeuginnen G. und E. nahmen sofort Wiederbelebungsversuche vor; außerdem wurde Pentedrin injiziert. Da sich der Zustand des Patienten verschlechterte, wurden die Angeklagten A. und Lo. angerufen. Die Angeklagte A. traf gegen 20.45 Uhr ein. Sie schloß das Sauerstoffgerät an und spritzte Cormed. Gleichzeitig wurden die Wiederbelebungsversuche fortgesetzt. Gegen 21 Uhr kam die Ärztin Lo. Da sie sich der eingetretenen Lage nicht mehr gewachsen fühlte, ließ sie den Angeklagten L. holen. Dieser kam gegen 21.05 Uhr. Mit dem Absaugapparat zog er Speisereste, insbesondere einen ziemlich tief sitzenden Fleischbrocken, heraus. Trotz dieser Bemühungen verstarb der Patient gegen 21.40 Uhr. Todesursache war Ersticken durch die Verlegung der Atemwege mit erbrochenen Speiseteilen. Dabei führte nicht ein plötzlicher vollständiger, sondern ein über längere Zeit bestehender unvollständiger Verschluß der Luftwege zum allmählichen Erstickungstod. Gegen diese Entscheidung richten sich der Protest des Staatsanwalts, soweit die Angeklagte A. freigesprochen wurde, und die Berufung des Angeklagten L., mit der Freispruch erstrebt wird. Protest und Berufung hatten Erfolg. Aus den Gründen: Das Oberste Gericht hat ausnahmsweise eine ergänzende Beweisaufnahme durchgeführt. Abweichend vom Beweisergebnis des Bezirksgerichts hat der Senat festgestellt, daß der Angeklagte L. nicht schon gegen 21.05 Uhr, sondern etwa 10 bis 15 Minuten später als die Ärztin Lo. im Krankenhaus eintraf. Der klinische Tod des Patienten ist nicht erst gegen 21.40 Uhr, sondern bereits gegen 21 Uhr eingetreten, das heißt etwa zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ärztin Lo. erneut in die Klinik zurückkehrte. Außerdem hat das erstinstanzliche Gericht fehlerhaft festgestellt, daß es sich bei der rechtskräftig verurteilten Ärztin Lo. zum Zeitpunkt des Tatgeschehens um eine Pflichtassistentin gehandelt habe. Sie war nach Absolvierung einer einjährigen Pflichtassistentenzeit vollapprobierte Ärztin und demzufolge zur „selbständigen Ausübung der Heilkunde“ berechtigt. Sie befand sich in der Facharztausbildung als „praktischer Arzt“. Die Vertreterin des Kollektivs, die leitende Ärztin der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses S. ist, hat dargelegt, daß das bisherige Verfahren Anlaß geboten habe, wesentliche Veränderungen in der Leitungstätigkeit herbeizuführen sowie insbesondere Festlegungen zur exakten Abgrenzung der Verantwortlichkeit und der Einhaltung von Ordnung und Disziplin zu treffen. Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat weiterhin ergeben, daß das Verfahren bei den zuständigen staatlichen Stellen eine über den Bereich des Krankenhauses S. hinausgehende positive Initiative ausgelöst hat. Im übrigen hat das Bezirksgericht das objektive Tatgeschehen allseitig aufgeklärt und im Ergebnis der Beweisaufnahme richtig festgestellt. Es ist jedoch seiner Verpflichtung zur exakten Prüfung des tatsächlichen Kausalverlaufs zwischen den unstreitig vorliegenden Pflichtverletzungen der Angeklagten L. und A. und dem 4SI;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen, unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lagebedingungen besteht die grundsätzliche Aufgabenstellung des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit zu erlassen, in der die Aufgaben und Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die Durchsetzung des Gesetzes über den Unter-suchungshaftvollzug irn Staatssicherheit und für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage der in den dienstlichen Bestimmungen für die und Bezirks Koordinierungsgruppen enthaltenen Arbeits grundsätzen von den Leitern der Bezirksverwaltun-gen Verwaltungen festzulegen. Die detaillierte Ausgestaltung der informationeilen Prozesse im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Klassengegners Sicherheitserfordern isse, Gefahrenmomente und Schwerpunkte zu erkennen und zu eren; eine immer vollständige Kontrolle über Personen und Bereiche suszuübon, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

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