Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 458 (NJ DDR 1967, S. 458); Prof. Dr. BERNHARD GRAEFRATH, Institut für Völkerrecht an der Humboldt-Universität Berlin Schutz der Menschenrechte - Bestrafung der Kriegsverbrecher (Schluß)* Wenn wir untersuchen, was neben der völkerrechtlichen Normierung als typisch für den internationalen Charakter der Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen angesehen wird, so finedn wir immer wieder bestimmte Elemente, die allgemein hervorgehoben werden: daß sich diese Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Völker richten und ursächlich mit der Aggression des deutschen Faschismus Zusammenhängen, daß es nicht Einzelverbrechen, sondern Massenverbrechen sind, daß sie sich nicht gegen eine nationale Ordnung, sondern gegen die Menschheit richten, daß sie staatlich gelenkt oder organisiert sind und ein ganzes System von Verbrechen darstellen, daß sie der Durchsetzung einer menschheitsfeindlichen Politik dienen, die Ermordung ganzer Völker oder ihre Ausrottung, Ausplünderung und Versklavung zum Ziel haben und erst auf der Grundlage eines bestimmten Staatsmechanismus möglich sind55. Alle diese Darstellungen versuchen, den internationalen Charakter des Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechens auf zweierlei Weise zu erfassen: einmal durch die Bestimmung des Objekts, gegen das sich das Verbrechen richtet, und zum zweiten durch die Hervorhebung spezifischer Begehungsformen. Als Objekt erscheinen der Frieden, die Existenz und das Selbstbestimmungsrecht der Völker, bestimmte grundlegende Menschenrechte. Für die Begehungsform wird die staatliche Aktion, zumindest die Lenkung und Förderung durch den Staat, das Zusammenwirken mit dem Staatsmechanismus als typisch bezeichnet. Zur Begehungsform von Kriegs- und Mensehlichkeits-vcrbrechen Sowohl die Prozesse in Nürnberg und Tokio als auch spätere Verfahren gegen Kriegs- und Menschlichkeitsverbrecher des zweiten Weltkrieges (z. B. gegen Eichmann und gegen Globke) haben eindeutig bewiesen, daß die Angeklagten diese Verbrechen nur und erst dadurch begehen konnten, daß sie zum Bestandteil eines verbrecherischen Systems wurden. Erst dadurch erlangten sie die Mittel und Möglichkeiten zur Durchführung der Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen, derentwegen sie verurteilt wurden. Erst die staatliche Funktion gab ihnen die Möglichkeit, ihre Verbrechen zu begehen und in die Form staatlicher Hoheitsakte zu kleiden. Das ist insbesondere auch im Nürnberger Juristenprozeß überzeugend herausgearbeitet worden5'1. Diese Spezifik der Begehungsform des Menschlichkeitsverbrechens ist bei den Beratungen der Menschenrechtskommission der UN im Jahre 1957 schärfer als in der Genocidkonvention von 1948 oder in den Entwürfen der Völkerrechtskommission von 1954 heraus- * Der erste Teil des Beitrags ist in NJ 1967 S. 393 ff. veröffentlicht. 53 Jaspers (Der Spiegel 1965. Nr. 11. S. 52) spricht vom „Ver-breeherstaat“. Vgl. dazu besonders Trainin, Hitlerite Responsibility under Criminal Law, 1945; Dautricourt, -L'orientation moderne des notions d’auteur de infraction et de participation ä Tinfraciion en droit international penal“, Revue internationale de droit p£nal 1957, S. 106 f.; Lekschas ' Renneberg. „Rechtsgutachten über die Verantwortlichkeit der Richter und Staatsanwälte der Sonderjustiz des Nazistaates sowie über die Rechtswidrigkeit ihrer Rehabilitierung und Wiedereinsetzung in der Bundesrepublik“. Staat und Recht 1961. Heft 9. S. 1642 ff.; Lekschas, in: Nürnberger Prozeß gestern und heute, Berlin 1906, S. 34. 54 Das Nürnberger Juristenurteil, Allg. Teil, Hamburg 1948. gearbeitet worden. Bei dem Versuch, das Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu definieren, wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß diese verbrecherischen Handlungen begangen werden von „den Behörden eines Staates oder Privatpersonen, die auf Veranlassung oder mit Duldung solcher Behörden handeln“55. Diese Formulierung läßt deutlich erkennen, daß es das „private“ Menschlichkeitsverbrechen nicht gibt, sondern daß gerade die „staatliche Beteiligung“ eine der wesentlichen Besonderheiten des Menschlichkeitsverbrechens darstellt, es zu einem internationalen Verbrechen macht. Bei der Durchsetzung des Aggressionsverbots und der Realisierung der Konsequenzen aus seiner Verletzung standen die Staaten der Anti-Hitler-Koalition vor der Frage, wie sie sich verbrecherischen Hoheitsakten des faschistischen Staates gegenüber verhalten sollten. Sie haben sie eindeutig und ein für allemal entschieden: Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen sind keine staatlichen Hoheitsakte, die auf Grund des Prinzips der souveränen Gleichheit im Völkerrecht geschützt werden. Sie sind mehr als Mißbrauch der staatlichen Souveränität, als ein gewöhnliches völkerrechtliches Delikt; sie sind internationale Verbrechen. Nicht als rhetorische Floskel stellt das Nürnberger Urteil fest, daß „ein Angriffskrieg nicht nur rechtswidrig, sondern verbrecherisch ist“56. Die staatliche Funktion schützt infolgedessen solche Verbrecher nicht vor Strafe. Eben deshalb lehnen Art. 7 des Nürnberger IMT-Statuts die Berufung auf staatliche Funktionen und Art. 8 die Berufung auf höheren Befehl als Schuldausschließungsgründe ausdrücklich ab. Das gleiche Prinzip wird auch in der Genocidkonvention (Art. IV) realisiert: „Personen, die Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III aufgeführten Handlungen begehen, sind zu bestrafen, gleichviel ob sie regierende Personen, öffentliche Beamte oder private Einzelpersonen sind.“57 Die Nichtanerkennung eines Kriegs- oder Menschlichkeitsverbrechens als Hoheitsakt eines souveränen Staates findet sich auch in den von der Völkerrechtskommission formulierten Grundsätzen. Sie ist der Grund dafür, daß die völkerrechtliche Verantwortlichkeit unabhängig davon eintritt, ob diese Handlungen nach dem Landesrecht des Angeklagten strafbar waren oder nicht. Darauf wird im Art. 6 Buchst, c des IMT-Statuts ausdrücklich hingewiesen. Dieser Grundsatz gilt natürlich ebenso für die in Art. 6 Buchst, a und b formulierten Tatbestände. Deshalb hatte ihn die Völkerrechtskommission seinerzeit allgemein als II. Prinzip formuliert58. Die Begründung der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit unabhängig vom Landesrecht ist gerade deshalb von so großer Bedeutung, weil wie es das Beispiel des faschistischen Deutschlands und neuerdings auch Südafrikas beweist die Gesetzgebung eines solchen Aggressorstaates selbst Verbrechen gebietet und zum Verbrechen wird, nicht mehr als eine „gefährliche Rechtskulisse“ schafft59. Dieses „Rechtssystem“ selbst 55 E/CN. 4 L. 943 para. 7 und 8. 56 Text bei Steiniger, Der Nürnberger Prozeß, Bd. I, S. 173. 57 Text bei Graefrath. Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte, Berlin 1956, S. 158. 58 Yearbook of the International Law Commission. 1950, Bd. II, S. 374: „The fact that internal law does not impose a penalty for an act which constitutes a crime under international law does not relieve the person who committed the act from responsibility under international law.“ 59 Kohl. „Zu einigen aktuellen Fragen der Ahndung von Kriegsverbrechen“, NJ 1961 S. 479. I 458;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 458 (NJ DDR 1967, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 458 (NJ DDR 1967, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten und dessen Reaktionen abhängig ist, besteht dafür keine absolute Gewähr. Für die Zeugenaussage eines unter den riarqestellten Voraussetzungen ergeben sich Konsequenzen aus dem Grundsatz der allseitioen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens den Ausschlag darüber geben kennen, auf welchen konkreten Straftatbestand der Straftatverdacht zu bezielien ist. Hinsichtlich geeigneter, in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung anwendbarer Methoden der Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen sowie die Herausarbeitung von Informationen zur subjektiven Seite der Straftat. Auf Grund der bei den Untersuchungen getroffenen Feststellungen besteht Veranlassung., die Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen sowie die Herausarbeitung von Informationen zur subjektiven Seite der Straftat. Auf Grund der bei den Untersuchungen getroffenen Feststellungen besteht Veranlassung., die Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen, insbesondere die Aufdeckung seiner Motive für festgestellte Verhaltensweisen-, grundsätzlich einen Schwerpunkt der weiteren Vervollkommnung der operativen Grundprozesse bilden muß.

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