Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 43

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 43 (NJ DDR 1967, S. 43); zur Umwelt und mangelnde Fähigkeit zur gesellschaftlichen Einordnung ist. Die wesentlichste Seite der Behandlungsmethode, die auch unmittelbar von gesellschaftlichen Kräften unterstützt werden kann, besteht also darin, die inneren Konflikte des Trinkers und die sich daraus ergebenden Widersprüche zur Gesellschaft zu erkennen, ihm bei deren Lösung zu helfen sowie zwischen ihm und seiner Umwelt normale Wechselbeziehungen herzustellen. Das Ziel jeglicher Behandlung muß die völlige Abstinenz sein. Auf dem 12. Internationalen Seminar zur Verhütung und Behandlung des Alkoholismus7 wurde erneut darauf hingewiesen, daß ein Alkoholiker niemals mehr zum mäßigen Trinken umerzogen werden kann, sondern ständig in der Gefahr eines Rückfalls schwebt, sofern er sich in seinem weiteren Leben nicht völlig des Alkohols enthält. Hier zeigt sich eindeutig die Verantwortung der Gesellschaft, solche Bedingungen zu schaffen, die das Verleiten zum Alkoholgenuß ausschließen. Der Erfolg jeder Alkoholentziehungskur hängt wesentlich von der psychischen Führung des Alkoholikers während der und nach den Entziehungsmaßnahmen ab. Nach unseren Erfahrungen sind verantwortungsbewußte Arbeitskollektive am besten geeignet, diese Aufgabe wirksam zu unterstützen. Dabei kommt dem Arzt eine anleitende ünd kontrollierende Rolle zu. Er muß den Patienten regelmäßig untersuchen und weitere Aussprachen mit ihm führen. Die Verordnung von Medikamenten, z. B. Disulfiram, stellt dabei nur einen unterstützenden Faktor in der Psychotherapie dar. Die unkontrollierte Einnahme solcher Medikamente ist gefährlich und ohne Psychotherapie auch wirkungslos8. Während der Zeit der Verabreichung von Medikamenten haben die gesellschaftlichen Kräfte eine ganze spezielle Verantwortung: Sie müssen den Patienten selbst vor dem Genuß kleinerer Alkoholmengen bewahren, da auch bei geringer Verletzung der Abstinenz bedrohliche Kreislaufstörungen edntreten können. Vor Beginn der Kur wird jeder Patient ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen, und er muß durch seine Unterschrift bestätigen, daß er davon Kenntnis genommen hat. Seit Beginn der umfassenden Betreuung der Alkoholgefährdeten konnte im Kreis Calau bis jetzt, bei etwa 50 Bürgern eine konstante Abstinenz erreicht werden. Die besten Erfolge hatten die Entziehungskuren, bei denen es gelang, das Arbeitskollektiv zur Übernahme einer Patenschaft über den Trinker zu veranlassen. Die Kollektive verpflichteten sich oftmals, ihren Kollegen nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch in der Freizeit bei seiner weiteren Lebensgestaltung zu betreuen und dafür zu sorgen, daß er den Alkohol konsequent meidet. Dabei hat sich in vielen Fällen auch die Einstellung des ganzen Kollektivs zum Alkohol gewandelt. Sind Bürger unter Alkoholeinfluß straffällig geworden und liegen die Voraussetzungen für eine Bürgschaft vor, so übernehmen zahlreiche Kollektive in der Bürgschaftserklärung konkrete Verpflichtungen zur Unterstützung der Alkoholentziehungskur9. Das Kreisgericht Calau bemüht sich, solche Täter in der Hauptverhandlung davon zu überzeugen, daß es für sie das Beste ist, sich freiwillig einer Alkoholentziehungskur zu unterziehen. Die Freiwilligkeit der Bereitschaftserklärung ist eine wesentliche psychische Grundlage für den Erfolg der Entziehungskur. Bei Strafen ohne Freiheitsentzug informiert das Kreisgericht dann die Organe des Gesundheitswesens, die die erforder- 7 Vgl. Baatz, a. a. O. 8 Aui die medizinischen Aspekte der Entziehungskuren kann in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen werden. 9 Auf solche Verpflichtungen haben auch Dfihn / Stüber, „Die Rolle des moralischen Faktors bei der Realisierung von Bürgschaften“, NJ 1966 S. 742 a. (744), hingewiesen. liehen Maßnahmen zur ambulanten Behandlung einleiten. Problematisch ist die Durchführung von Entziehungsmaßnahmen bed Verbüßung einer Freiheitsstrafe. Zwar ist es richtig, bei längeren Freiheitsstrafen von einer zusätzlichen Verurteilung zur Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt abzusehen. Jedoch kann man wie die Praxis zeigt nicht davon ausgehen, daß die mit dem Freiheitsentzug verbundene Abstinenz automatisch auch eine Alkoholentwöhnung mit sich bringt. Deshalb müßte es in den Strafvollzugsanstalten die Möglichkeit geben, daß der medizinische Dienst sowohl zu Beginn als auch zum Ende der Strafe Entziehungskuren durchführt. Dadurch könnte der Rückfälligkeit von Alkoholtätem vorgebeugt werden. Zwangsmaßnahmen gegen Alkoholiker Wenn auch bei der Entziehungskur das Prinzip der Freiwilligkeit für die psychische Willensstabilisierung wesentlich ist, so darf doch nicht übersehen werden, daß es in bestimmten Fällen im Interesse des Alkoholikers und der Gesellschaft notwendig ist, Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Bei den Entziehungskuren auf freiwilliger Basis kann der Alkoholiker jederzeit die Kur abbrechen, wenn sie ihm zu unbequem oder unangenehm wird. Das gilt auch für stationäre Kuren, für die durch die Sozialversicherung sogar noch Krankengeld gezahlt wird und bei denen nicht unerhebliche Behandlungskosten entstehen. Zwangsmaßnahmen gegenüber den Alkoholikern können nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nur durch gerichtliche Entscheidung angeordnet werden bei Straftaten also erst dann, wenn der Alkoholiker bereits straffällig geworden ist. Für Entmündigungsverfahren wegen Trunksucht, auf deren Grundlage ebenfalls eine zwangsweise Einweisung in eine Entziehungsanstalt vorgenommen werden kann, sind die Mitwirkung und das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft und des Gesundheitswesens ausgeschlossen (§ 680 Abs. 4 ZPO). Die Fälle, in denen sich Ehegatten und Verwandte entschließen, ein solches Verfahren in Gang zu setzen, zählen zu den Ausnahmen. Zur Wirksamkeit gesetzlicher Bestimmungen gegen den Alkoholmißbrauch Es zeigt sich, daß gesetzliche Regelungen notwendig sind, die es ermöglichen, im Vorfeld der Kriminalität zwangsweise die ärztliche Behandlung alkoholgefährdeter Personen vorzunehmen, bevor es zur Trunksucht kommt, die weitaus schwieriger zu überwinden ist als die Vorphasen des Alkoholismus. Die bestehenden gesetzlichen. Bestimmungen reichen u. E. zur Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs und auch der Alkoholkriminalität nicht aus. Die VO über die Kosten für ärztliche Behandlung und Beförderung bei Alkoholmißbrauch vom 22. September 1962 (GBl. II S. 684) ist bisher nicht besonders wirksam geworden. Abgesehen davon, daß vielfach die materiellen Voraussetzungen zur Durchsetzung dieser Verordnung (Krankentransport, geeignete medizinische Behandlungsstellen) fehlen, kann sie nur bei Alkoholmißbrauch angewandt werden bzw. dann, wenn Personen im Zustand der Trunkenheit mit sichtbaren körperlichen Verletzungen hilflos aufgefunden werden oder wenn bei ihnen den Umständen nach eine Verletzung innerer Organe oder eine Alkoholintoxikation anzunehmen ist. Diese Einschränkungen lassen es nicht zu, gegen Betrunkene wirksam vorzugehen, die durch ihr Verhalten die öffentliche Ordnung stören. Die VO zum Schutze der Jugend vom 15. September 1955 (GBl. I S. 641) würde bei konsequenter Einhaltung garantieren, daß junge Menschen vor Alkoholmißbrauch bewahrt werden. Entgegen allen wissenschaftlichen Er- 43;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 43 (NJ DDR 1967, S. 43) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 43 (NJ DDR 1967, S. 43)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten der Linie verantwortlich. Sie haben dabei eng mit den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Sicher heit keine Alarmierungs- oder Benachrichtigungsunterlagen über geben werden. Deshalb müssen sie sich die Vereinbarungen syste matisch einprägen und bei Bedarf damit arbeiten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X