Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 378

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 378 (NJ DDR 1967, S. 378); gen und vor ungesetzlichen Eingriffen innerhalb eines Strafverfahrens. Diese Rechts- und Freiheitsgarantien werden vom Begriff der sozialistischen Gesetzlichkeit erfaßt und sind sowohl im StGB-Entwurf (Präambel und Art. 2) als auch im StPO-Entwurf (§ 1) formuliert. Die Pflicht der staatlichen Organe der Strafrechtspflege zur Aufdeckung jeder Straftat und zur konsequenten Verwirklichung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist indirekt in §§ 1 und 2 des StPO-Entwurfs geregelt2. Weitere Bestimmungen weisen auf Bedingungen hin. die die Rechtspflegeorgane bei der Lösung ihrer Aufgaben zu beachten haben (z. B. §§ 9 und 12), und enthalten die Regeln, die den Bürger vor ungerechtfertigten Strafverfolgungen und den Beschuldigten bzw. Angeklagten vor ungesetzlichen Maßnahmen im Strafverfahren schützen (z B. §§ 3. 7 und 8). Sie sind für die gesetzliche Regelung der Untersuchungshaft besonders bedeutsam. Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft Als strafprozessuale Zwangsmaßnahme ist die Untersuchungshaft mit weitreichenden Konsequenzen und beträchtlichen Erschwernissen nicht nur für den Inhaftierten, sondern vielfach ebenfalls für seine Angehörigen oder andere Personen verbunden. Ihre Anwendung erfordert ein Verantwortungsbewußtsein, das noch beträchtlich das bereits für jede Verfahrenshandlung erforderliche Bewußtsein hoher Verantwortung übersteigt. Deshalb müssen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Verfahrensmaßnahme einerseits ein Maximum an Bestimmtheit aufweisen und andererseits nicht jegliches strafbare Verhalten einschließen. Sie müssen aber auch sichern, daß die Schlagkraft der staatlichen Organe der Strafrechtspflege für die Bekämpfung der Kriminalität voll wirksam werden kann und nicht abgeschwächt wird3 *. Die Kriminalitätsentwicklung in der DDR, auf die im Bericht des Zentralkomitees der SED an den VII. Parteitag hingewiesen wurde'1, erfordert es, bei Strafrechtsverletzern, die sich der erzieherischen Einwirkung hartnäckig verschließen bzw. die auf diese Weise gewährte ■Unterstützung nicht anerkennen wollen, aber auch bei Beschuldigten, die sich durch ihre Handlungsweisen außerhalb unserer Menschengemeinschaft gestellt haben, die Anordnung der Untersuchungshaft nicht durch überspitzte Voraussetzungen zu behindern. Nach § 3 StPO-Entwurf sind Gericht, Staatsanwalt und Untersuchungsorgan verpflichtet, vor der Verhaftungsanordnung und bei ihrer Durchführung nicht nur zu prüfen, ob die vorgesehene Verhaftung in Einklang mit den in § 122 StPO-Entwurf formulierten Bedingungen steht, sondern auch, ob sie für die Durchführung des Strafverfahrens notwendig oder wie in Art. 5 StGB-Entwurf formuliert wird unumgänglich ist. In die Überlegungen sind also auch die Probleme der Schwere der Straftat und die Umstände in der Person des Beschuldigten, sein Gesundheitszustand, sein Alter und seine Familienverhältnisse (§ 123 StPO-Entwurf), einzubeziehen. 2 § 1 erklärt nur, was das Strafverfahrens g e s e t z regelt. Man kann also nicht davon sprechen, daß direkt die Initiativpflicht fixiert sei. Uns scheint das ein Mangel zu sein,- den man im Interesse der anleitenden Funktion des Gesetzes gegenüber den staatlichen Organen und eines jeden Bürgers beseitigen sollte. 3 Darauf haben Beyer, Schindler. „Hauptprobleme des Ent- wurfs der neuen Strafprozeßordnung“. NJ 1961 S. 131. zutreffend hingewiesen. Man kann ihnen u. E. jedoch nicht folgen, wenn sie einmal die wirkungsvolle Bekämpfung der schweren Kriminalität und zum anderen die Verhinderung ungesetzlicher Verhaftungen gegenüberstellen. Eine Verhaftung kann auch ungesetzlich sein, wenn die Straftat eine beträchtliche Tatschwere aufweist. ' Vgl. Bericht des Zentralkomitees und Bericht der Zentralen Revisionskommission an den VII. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin 1967, S. 57, und Harrland, „Zur Entwicklung der Kriminalität“. NJ 1967 S. 265 ff. Dringende Verdachtsgründe Jede Verhaftung, gleich auf welchen spezifischen Haftgrund sie sich stützt, setzt wie es bereits die geltende Regelung vorsieht voraus, daß dringende Verdachtsgründe vorliegen (§ 122). Obwohl nicht expressis verbis formuliert, können sie sich nur aus den im Zeitpunkt der Verhaftungsanordnung bekannten Sachverhaltsumständen ergeben5. Die subjektive Erwartung, weitere Ermittlungshandlungen würden die Verdachtsgründe verstärken, und damit die subjektive Auffassung, die Verhaftung sei auch angesichts der vorliegenden Tatschwere notwendig, dürfen keine Rolle spielen. Nur weil es bisher ungeklärte Straftaten gibt, für deren Verursachung der Beschuldigte u. U. in Frage kommt, nur weil eventuell die ihm vorgeworfene Straftat in ihrer Begehungsweise ungeklärten Vorgängen ähnelt, kann er nicht verhaftet werden. Eine Vermutung ist kein Verdachtsgrund. Alle Umstände, die den dringenden Tatverdacht und die Tatschwere als Merkmal der Verhaftungsnotwendigkeit ausweisen sollen, müssen als stichhaltige Gründe vorliegen. Das bisherige Ergebnis der Sachverhaltsaufklärung muß Fakten ausgewiesen haben, aus denen logisch zu folgern ist. daß ein bestimmtes Ereignis wahrscheinlich strafbar verursacht wurde und daß der Beschuldigte wahrscheinlich dessen Verursacher ist. Die Wahrscheinlichkeit der objektiven und subjektiven Verletzung des in der Anordnung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens genannten Strafgesetzes durch den Beschuldigten muß hierbei einen solch hohen Grad erlangt haben, daß eine andere Möglichkeit als die Straffälligkeit des Beschuldigten so gut wie ausgeschlossen ist. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad der Straffälligkeit des Beschuldigten muß sich aus der Stichhaltigkeit und Begründetheit der einzelnen Belastungsmomente ergeben, aus denen der Verdachtsschluß gezogen wird1’. Fluchtverdacht Gegenüber der geltenden Regelung soll künftig im Gesetz eindeutig festgelegt werden, unter welchen Umständen „Fluchtverdacht“ vorliegt. Danach müssen „Tatsachen“ (d. h. bewiesene Umstände) vorliegen, die den logischen Schluß zulassen, daß der Beschuldigte gewillt ist, zu entfliehen oder sich zu verbergen, um der Strafverfolgung zu entgehen. Der Entwurf geht ferner davon aus, daß dann, wenn sieh eine erhöhte Gefährdung der Verfahrensdurchführung abzeichnet, Fluchtverdacht vorliegt. Das ist der Fall, wenn sieh ein Beschuldigter nicht ausweisen kann und seine Personalien schwierig festzustellen sind (§ 122 Abs. 2 Ziff. 2) oder der Beschuldigte oder Angeklagte keinen festen Wohnsitz hat bzw. sich unangemeldet in der DDR auf hält (§ 122 Abs. 2 Ziff. 3) oder nicht Bürger der DDR ist, auf unserem Territorium keinen festen Wohnsitz und eine Freiheitsstrafe zu erwarten hat (§ 122 Abs. 2 Ziff. 4). In diesen Fällen ist es relativ einfach, sich der strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen: darauf muß wirksam reagiert werden können. Verdunklungsgefahr Das Vorliegen des Haftgrundes „Verdunklungsgefahr“ darf nicht mit der objektiven Verdunklungs möglich-k e i t begründet werden. Vielmehr müssen Tatsachen vorhanden sein, aus denen auf den Verdunklungs- 6 vgl. Richtlinie Nr. 15 des Plenums des Obersten Gerichts der DDR Uber den Erlaß von Haftbefehlen und die Haftprüfung vom 17. Oktober 1962 - RP1. 4 62 - (NJ 1962 S. 676). B Bedenklich ist die vom Obersten Gericht in der Richtlinie Nr. 15. a. a. O vorgeschlagene Prüfung der dringenden Verdachtsgründe. Wird darauf abgestellt, ob erhebliche Zweifel an der objektiven und subjektiven Tatbestandsverletzung bestehen, so wird ungewollt ausgegangen von der Schuldvermutung: die bestehenden dringenden Verdachtsgründe entfallen, wenn infolge vorhandener Umstände erhebliche Zweifel hinsichtlich der vorausgehenden Annahme auftauchen. 378;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 378 (NJ DDR 1967, S. 378) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 378 (NJ DDR 1967, S. 378)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Klärung der Kausalität bei Erfolgsdelikten oder in bezug auf eingetretene oder mögliche Folgen des Handelns des Täters. zu dabei auftretenden spezifischen Problemen der Beweisführung Muregger Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen zu unterbinden.

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