Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 370

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 370 (NJ DDR 1967, S. 370); Vorbereitung und Versuch nach dem Charakter der verletzten gesellschaftlichen Verhältnisse von der vollendeten Straftat unterscheiden, ist jedoch nicht bedenkenfrei. Er schreibt (S. 11): „Mit dem vollendeten Verbrechen werden grundlegende, im Besonderen Teil unseres Strafgesetzbuches geschützte gesellschaftliche Verhältnisse mit eigenständiger strafrechtlicher Bedeutung verletzt Mit Vorbereitung und Versuch greift der Täter jeweils die gleichen gesellschaftlichen Verhältnisse wie mit den vollendeten Verbrechen an. Er verletzt aber nicht diese selbst, sondern von ihnen abgeleitete gesellschaftliche Gebote und Beziehungen Sie bilden sich in Abhängigkeit von den im Besonderen Teil unseres Strafgesetzbuches strafrechtlich geschützten gesellschaftlichen Verhältnissen heraus und sind von ihnen bestimmte und abgeleitete gesellschaftliche Beziehungen.“ Unter dem Begriff „gesellschaftliche Verhältnisse“ versteht man die Gesamtheit der wechselseitigen Beziehungen innerhalb einer Gesellschaftsformation, die sich auf der Grundlage der materiellen gesellschaftlichen Produktion im Prozeß der allseitigen Lebenstätigkeit der Menschen herausbilden2. Mit den Bestimmungen über die Tötungsverbrechen schützt der Staat z. B. die Gesamtheit derjenigen wechselseitigen Beziehungen innerhalb der sozialistischen Gesellschaft, die auf die Erhaltung des Lebens gerichtet sind. Nicht das Leben schlechthin, sondern die auf die Erhaltung des Lebens gerichteten vielfältigen Beziehungen, die die Mitglieder der Gesellschaft untereinander eingehen, werden geschützt. Ein Angriff gegen das Leben eines Menschen verletzt diese Beziehungen ohne Rücksicht darauf, ob das Leben dieses Menschen vernichtet oder gefährlich bedroht wird. Nach Hennigs Auffassung verletzt der Täter „mit einer versuchten Tötung nicht das Leben. Er verletzt damit aber jene gesellschaftlichen Beziehungen, die diese Verhaltensweise als strafrechtlich verboten aus unseren gesellschaftlichen Beziehungen ausschließen“ (S. 11). Dabei wird jedoch leider nicht definiert, welche „abgeleiteten“ gesellschaftlichen Verhältnisse oder Beziehungen konkret darunter verstanden werden sollen. Es ist darüber hinaus fraglich, ob mit dieser These der Tatsache Rechnung getragen wird, daß Vorbereitung und Versuch Entwicklungsstadien eines einheitlichen, auf die Verwirklichung einer bestimmten Straftat gerichteten Handlungsprozesses sind. Zutreffend ist Hennigs Darlegung, für die Bestimmung des Wesens von Vorbereitung und Versuch sei entscheidend, „inwiefern und inwieweit der Täter sich mit der Vorbereitungs- und Versuchshandlung über seine gesellschaftliche Verantwortung hinwegsetzt, in den objektiven gesellschaftlichen Beziehungen Veränderungen herbeiführt, die Interessen unserer sozialistischen Gesellschaft und ihrer Bürger verletzt und der Herausbildung neuer, sozialistischer Lebensbeziehungen entgegengewirkt hat“ (S. 30/31). Mit dieser These wird zugleich auch das Wesen des sog. untauglichen Versuchs erklärt und begründet, daß auch diese Fälle grundsätzlich bestraft werden müssen3 * *. Ausgehend von der Erkenntnis der Dialektik, daß die Möglichkeit die den Erscheinungen und Prozessen der objektiven Realität immanente Entwicklungstendenz ist, die durch die Bewegungs- und Entwicklungsgesetze dieser Erscheinungen und Prozesse bestimmt wird und bei Vorhandensein entsprechender Bedingungen zur Entstehung neuer Erscheinungen und Prozesse führt, wodurch sie zur Wirklichkeit wird'*, betont Hennig, daß 2 Vgl. Stichwort „Verhältnisse, gesellschaftliche“ Im Philosophischen Wörterbuch, Leipzig 1964, S. 580. 3 vgl. hierzu OG, Urteil vom 20. Januar 1967 5 Ust 70/66 (NJ 1967 S. 353). \ Vgl. Stichwort „Möglichkeit“ im Philosophischen Wörter- buch, S. 359. „auch die unvollendeten Straftaten vor ihrer vollen Verwirklichung generell die Möglichkeit der Erfolgsherbeiführung enthalten“. Da Straftaten wie die Statistik ausweist in 98,5 % aller Fälle vollendet werden, enthalten sie einen relativ hohen, gesetzmäßig bedingten Grad der Wahrscheinlichkeit ihrer Vollendung (S. 24). Trotzdem wendet sich Hennig zu Recht gegen die verschiedentlich vertretene Auffassung, daß die Möglichkeit der Vollendung der Tat das entscheidende Kriterium für das Wesen dieser Straftaten, damit also letztlich für die Bestimmung des Grades ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit bzw. -Widrigkeit und die davon abzuleitende Strafzumessung sei. Es ist ihm zuzustimmen, wenn er hinsichtlich der Fälle des untauglichen Versuchs die Möglichkeit der Vollendung verneint und daraus schlußfolgert, daß hierin auch nicht das Wesen dieser Versuchshandlungen erblickt werden könne. So ist z. B. die Tötung eines Menschen mit einem harmlosen Pulver unmöglich, weil sie den Denk- und Naturgesetzen widerspricht. Logisch entwickelt Hennig daraus den Gedanken, daß die Möglichkeit der Vollendung der Straftat nicht das wesentliche Merkmal aller Versuchshandlungen sein kann. Sein Bemühen, für die Einschätzung und Beurteilung der Versuchshandlungen einheitliche Maßtstäbe zu finden, verdient besondere Anerkennung. Soweit er allerdings zur Begründung dieser Auffassung auch darauf verweist, daß „im Gegenteil Vorbereitung und Versuch gerade deshalb unter Strafe gestellt (werden), weil sich bei ihnen im konkreten Falle die Vollendung der Straftat letztlich als unmöglich erwiesen hat“ (S. 25), kann dem nicht zugestimmt werden. Vorbereitung und Versuch werden nicht deshalb unter Strafe gestellt, weil die Vollendung der Straftat unmöglich war, sondern aus den von Hennig selbst genannten theoretischen und rechtspolitischen Erwägungen (vgl. S. 30 31). Deshalb kann Hennig nicht gefolgt werden, wenn er schreibt, es sei „weniger von Bedeutung, inwieweit im einzelnen Falle der angestrebte Erfolg möglicherweise hätte herbeigeführt werden können“. (S. 30). Das ist vielmehr für die Einschätzung der Schwere der einzelnen Tat und die davon abzuleitende Strafzumessung durchaus maßgeblich, wobei es sich selbstverständlich nicht um das alleinige, sondern um ein mit allen anderen Umständen der Tat im Zusammenhang einzuschätzendes Kriterium handelt. Das ist kein Widerspruch zu der oben genannten These, es sei entscheidend, inwieweit sich der Täter über seine gesellschaftliche Verantwortung hinwegsetzt und unter Verletzung der Interessen der sozialistischen Gesellschaft in den objektiven Beziehungen Veränderungen herbeiführt. Es soll lediglich ergänzend darauf hingewiesen werden, daß die diesen Merkmalen in den meisten Fällen immanente bzw. durch deren Verwirklichung hervorgerufene nachweisbare Möglichkeit der Vollendung der Straftat in die zusammenhängende Einschätzung und Beurteilung des Versuchs einbezogen werden muß“. Wertvolle Hinweise für die Rechtspraxis enthalten die Ausführungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei den sog. untauglichen Vorbereitungs- und Versuchshandlungen. Hinsichtlich der Fälle des untauglichen Versuchs geht Hennig davon aus, daß der Täter „mit den einzelnen Tätigkeitsakten folgerichtig bestimmte, zur Verwirklichung der Tat erforderliche Bedingungen“ schafft und „auf diese Weise negative Seiten seiner Persönlichkeit und Einstellung zur Geltung“ bringt. Der Täter „setzt sich daher auch nicht nur durch 5 übrigens weist Hennig an anderer Stelle (S. 37) selbst darauf hin, daß die einzelnen Probleme der Vorbereitung und des Versuchs nur richtig gelöst werden können, wenn „auch Art und Grad der Verwirklichung der Straftat (und damit der Grad der Realisierung einer Möglichkeit - S. W.) die entscheidende Grundlage bilden“. 370;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 370 (NJ DDR 1967, S. 370) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 370 (NJ DDR 1967, S. 370)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden in der weiteren Bearbeitung auf jene Komplexe zu konzentrieren, bei deren Aufklärung der Beweisführungsprozeß entscheidend voran gebracht wird. Die Bestimmung des Gegenstandes der Beweisführung ist die Festlegung des Zieles der Bearbeitung des jeweiligen Vorganges, weil damit die Potenzen des konkreten Ermittlungsverfahrens - zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung zu leisten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben ihre Führungs- und Leitungstätigkeit auf die Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu konzentrieren und zu gewährleisten, daß die Rechte der Verhafteten, Angeklagten und Zeugen in Vorbereitung und Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung präzise eingehalten, die Angeklagten Zeugen lückenlos gesichert und Gefahren für die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit nach-kommen. Es sind konsequent die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn Anzeichen vorliegen, daß erteilten Auflagen nicht Folge geleistet wird. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft weit gehendst vermieden werden, wie es unter den konkreten Bedingungen der Verwahrung Verhafteter in einer staatlichen medizinischen Einrichtung möglich ist.

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