Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 323

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 323 (NJ DDR 1967, S. 323); mungen des Grundgesetzes geregelt werden. Es heißt lediglich, dabei sei die Lebensfähigkeit der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zu wahren. Nach wie vor bedeuten diese geplanten Bestimmungen einen eklatanten Verstoß gegen Art. 79 Abs. 3 GG, der die bundesstaatliche Ordnung in Westdeutschland gegen jede zukünftige Verfassungsänderung absichert, die diese Ordnung in Frage stellen würde. Beseitigung wesentlicher Grundrechte der Bürger Gegenüber dem Höcherl-Entwurf hat sich hinsichtlich der Grundrechtsproblematik folgendes geändert: An Stelle der Formel von der möglichen Verpflichtung zu Dienst- und Werkleistungen während des „Zustands der äußeren Gefahr“ über das nach Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GG zulässige Maß hinaus sollen nach dem neuen Entwurf der in dieser Hinsicht von dem Ben-da-Entwurf nur in Nuancen abweicht „für Zwecke der Verteidigung“ Wehrdienstpflichtige außerhalb des Wehrdienstes praktisch unbeschränkt zu zivilen Dienstleistungen während der gesamten Dauer der Wehr-pflichtigkeit herangezogen werden können. Für die übrige Bevölkerung kann gleichfalls „für Zwecke der Verteidigung“ die Freiheit, die Ausübung des Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden, wenn die Bundesregierung dies mit Zustimmung des „Gemeinsamen Ausschusses“ als notwendig erachtet22. Aus diesen Passagen geht hervor, daß solche Zwangsarbeit bereits während der Friedenszeit erzwungen werden können soll. Gegenüber dem Benda-Entwurf, in dem noch von der Möglichkeit eines Einsatzes von Dienstverpflichteten „im nichtöffentlichen Bereich“ die Rede war, was zu offensichtlich gegen Art. 12 GG verstieß, hat man durch die geschicktere Formel „im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Streitkräfte und der Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte“ denselben Zweck erreicht, nämlich die grenzenlose Ermächtigung für die Exekutive, die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung an beliebiger Stelle und zu beliebiger Zeit zwangsweise einzusetzen. Das gilt ersichtlich auch für Frauen. Hieß es noch im Benda-Entwurf, daß diese „zum Zivildienst im Verband der Streitkräfte nicht gegen ihren Willen herangezogen werden“ dürfen, so ist dieser Passus jetzt weggefallen. Es mutet daher wie Hohn an, wenn in Art. 91 Abs. 4 des Entwurfs (gleichlautend mit dem Benda-Entwurf) davon gesprochen wird, daß ein Einsatz von Polizei und anderen bewaffneten Kräften nicht bei Arbeitskämpfen vorgesehen sein soll, „die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Artikels 9 Absatz 3 geführt werden“. Überdies bleibt es willkürlicher regierungsseitiger Interpretation überlassen, Arbeitskämpfe (also Streiks) als diesen Bedingungen nicht 22 Abs. 2 und 3 des Art. 12 GG sollen wie folgt neugefaßt werden: „(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, £ür alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. Für Zwecke der Verteidigung ist durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes für Wehrpflichtige auch eine darüber hinausgehende Verpflichtung zu zivilen Dienstleistungen außerhalb des Wehrdienstes im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Streitkräfte sowie der Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte, ferner zu Dienstleistungen im Bundesgrenzschutz zulässig. (3) Für Zwecke der Verteidigung kann im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Streitkräfte und der Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Freiheit, die Ausübung des Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, eingeschränkt werden, wenn die Bundesregierung mit Zustimmung des Gemeinsamen Ausschusses feststellt, daß dies zur Herstellung der erhöhten Verteidigungsbereitschaft oder zum Schutz der Zivilbevölkerung unerläßlich ist. Die Bundesregierung hat die Feststellung aufzuheben, wenn der Bundestag und der Bundesrat es verlangen.“ entsprechend zu qualifizieren. Die Erfahrungen der Praxis lehren, daß Kämpfe der westdeutschen Arbeiter um die Verbesserung ihrer Lage mit Hilfe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mühelos zum „politischen Streik“ und damit für „illegal“ erklärt werden können23. Im Falle eines „inneren Notstandes“ ist nach wie vor durch Art. 91 Abs. 3 des Entwurfs die Einschränkung der Freizügigkeit (Art. 11 GG) vorgesehen. Nicht mehr erwähnt sind Einschränkungen der Pressefreiheit (Art. 5 GG) und der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG). Man kann darauf ohne Schwierigkeiten verzichten. Angesichts der ungeheuren Konzentration im Pressewesen, wie sie durch den Springer-Konzern repräsentiert wird, besteht im Augenblick keine Notwendigkeit, nicht regierungstreue und zumeist relativ auflagenschwache Blätter zu provozieren. Gegebenenfalls kann man nach dem Muster der Nacht- und Nebelaktion gegen das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ den gleichen Effekt erzielen. Hinsichtlich der Versammlungsfreiheit genügen das Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 (BGBl. I S. 684) und das Vereinsgesetz vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), deren Bestimmungen für die Knebelung demokratischer Kräfte genügend Möglichkeiten bieten2'1. Neu eingefügt werden soll ein Satz bei Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis). Danach soll durch Gesetz vgl. den eingangs erwähnten Entwurf eines Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses bestimmt werden, daß dieses Geheimnis verletzt werden darf, falls das angeblich „dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes“ dient. In einem solchen Falle soll das dem Betroffenen nicht mitgeteilt werden, und die Maßnahme soll auch nicht im Rechtsweg anfechtbar sein. Faktisch können also die westdeutschen Geheimdienste und die sog. Verfassungsschutzbehörden unbehindert in die Intimsphäre der Bürger eindringen, ohne daß sich die Betroffenen dagegen sollen wehren können. Hierin kommt zugleich die Mißachtung der Generalklausel des Art. 19 Abs. 4 GG zum Ausdruck, wonach jedem, der „durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt“ wird, der Rechtsweg offensteht. Die westdeutsche Staatsrechtslehre feiert diese Bestimmung in höchsten Tönen. Es handele sich um das „formelle Hauptgrundrecht“25, um einen Absatz, „der dem Gewölbe des Rechtsstaats den Schlußstein einfüigt“26. Wie man sieht, wird dieses „Hauptgrundrecht“ ohne viel Umstände ignoriert. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang, daß durch die sieben sog. einfachen Notstandsgesetze schon zahlreiche Grundrechtsverletzungen eingeplant sind. Außerdem soll mit dem 8. Strafrechtsänderungsgesetz ein weiterer Angriff auf die Rechte und Freiheiten der westdeutschen Bürger vorgetragen werden27. ♦ Die Behauptung des Bundesinnenministers, der „neue“ Entwurf der „Notstandsverfassung“ sei „so liberal wie 23 vgl. Seiffert, „Arbeitsrechtsprechung im Dienste des Monopolkapitals“, NJ 1964 S. 51 ff. 24 vgl. Pfannenschwarz / Schneider, „Fußangeln für die Vereinigungsfreiheit (Zum neuen Bonner Vereinsgesetz)“, NJ 1964 S. 471 ff. 25 So Hamann, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Kommentar), 2. Aufl., Neuwied (West-)Berlin 1961, S. 199. 26 So Thoma, „Uber die Grundrechte im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“, in: Recht, Staat, Wirtschaft, 3. Bd., Düsseldorf 1951, S. 9. 27 vgl. im einzelnen dazu Beyer, „Der Entwurf des 8. Strafrechtsänderungsgesetzes - eine Verschärfung des politischen Strafrechts“, NJ 1966 S. 629 ff. 323;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 323 (NJ DDR 1967, S. 323) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 323 (NJ DDR 1967, S. 323)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der Gesetze möglich. Mielke, Verantrwortungsbevrußt für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen die vom Feind vorgetragenen Angriffe auf die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtet ist. Die Bekämpfung umfaßt die Gesamtheit des Vorgehens des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen Arbeitsgrup-pen der Hauptabteilung und der Abteilung. Die Notwendigkeit und die Bedeutung der Zusammenarbeit der Abteilungen und bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung, vor konterrevolutionären Angriffen, gebieten die Untersuchungshaft als ein unverzichtbares staatliches Mittel für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung und -Vorbeugung bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen anzuwenden.

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