Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 318

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 318 (NJ DDR 1967, S. 318); sowie des gesellschaftlichen Gesamtverhaltens des Täters umfasse'1. Mit der nunmehr beabsichtigten gesetzlichen Neuregelung werden diese durch die Rechtsprechung bereits entwickelten Grundsätze gefestigt und weitergeführt. Das Rechtsmittelgericht braucht ungerechte Entscheidungen, deren Abänderung im Interesse des Angeklagten liegt, nicht mehr lediglich aus prozessualen Gründen aufrechtzuerhalten. Allerdings wird dadurch das Verbot der Straferhöhung bei Anfechtung der Entscheidung zugunsten des Angeklagten nicht berührt (§ 289); denn der insoweit beabsichtigte Wegfall der Beschränkung des Rechtsmittels stellt eine im Interesse des Angeklagten liegende, nicht aber eine diesen benachteiligende Maßnahme dar. 2. Vereinfachung der Formvorschriften bei Einlegung der Berufung durch den Angeklagten (§ 292) Da das Rechtsmittel nicht mehr den Umfang des Tätigwerdens des Rechtsmittelgerichts bestimmen, sondern nur Anlaß der Überprüfung sein soll, kommt es auf die Beachtung besonderer Formvorschriften bei der Einlegung einer Berufung nicht mehr an. Der für die bisherige Regelung Berufung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder durch einen Rechtsanwalt bestimmende Gesichtspunkt, dem Angeklagten zu helfen und ihn zu eindeutigen Erklärungen zu veranlassen, in welchem Umfang er Rechtsmittel einlegen will, ist weggefallen. Im übrigen dient die Vereinfachung der Formvorschriften auch der Stärkung der sozialistischen Gesetzlichkeit. Immer wieder mußte festgestellt werden, daß Angeklagte trotz eingehender Rechtsmittelbelehrung deren Sinn nicht verstanden hatten und glaubten, lediglich durch eine schriftliche Berufungseinlegung den Formerfordemissen entsprochen zu haben. In solchen Fällen die Berufung nicht ohne sachliche Prüfung als unzulässig verwerfen zu müssen, befriedigt weit mehr und trägt zu einer engeren, mit dem Leben unserer Menschen verbundenen Justizpraxis bei. * In zwei wesentlichen Fragen kann ich jedoch dem StPO-Entwurf nicht folgen, wobei ich mich in Übereinstimmung mit den dazu vom Kollegium für Strafsachen des Obersten Gerichts geäußerten Bedenken weiß. 1. Zur Erstreckung der Nachprüfungspflicht auf Angeklagte, die kein Rechtsmittel eingelegt haben (§295 Abs. 2) Es gibt m. E. keine überzeugenden Gründe dafür, daß sich die Nachprüfung des erstinstanzlichen Urteils auch auf diejenigen Angeklagten erstrecken muß, für die kein Rechtsmittel eingelegt wurde. Eine solche Handhabung ist m. E. mit dem anerkannten Dispositionsprinzip insbesondere des Staatsanwalts, der nach § 292 Abs. 1 Satz 1 den Protest auf einen oder mehrere Angeklagte beschränken kann, unvereinbar und steht zu dieser Bestimmung in Widerspruch. Sind mehrere Personen in einer Sache verurteilt worden und liegt nur hinsichtlich eines der Angeklagten ein Rechtsmittel vor, so würde die Tätigkeit des Rechtsmittelgerichts unzumutbar belastet, wenn es auch die Urteile der anderen Angeklagten im vollen Umfang überprüfen müßte. Man denke nur an Verfahren mit zehn oder mehr angeklagten Personen, bei denen sich eine solche Forderung auf die Beschleundgungsmaxime auswirken und zudem auch mit dem Prinzip der Rechtskraft kollidieren würde. Neumann, „Erfahrungen aus der Durchsetzung der Rechtspflegebeschlüsse des Staatsrates in der Rechtsprechung des Bezirksgerichts Karl-Marx-StadtM, NJ 1962 S. 653 f. (654). 318 Eine solche Ausdehnung der Nachprüfungspflicht ist auch im Interesse des Angeklagten unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit nicht notwendig. Der Angeklagte kann gegen jede ihn betreffende Entscheidung Rechtsmittel einlegen. Macht er davon keinen Gebrauch und sieht auch der Staatsanwalt unter Berücksichtigung der sich für ihn aus § 288 ergebenden Verpflichtung keine Veranlassung zum Protest geben somit die am Verfahren Beteiligten zu erkennen, daß sie das Urteil anerkennen , so besteht kein zwingendes Erfordernis, dennoch auch solche Entscheidungen nochmals zu überprüfen, nur weil zufällig ein anderer Angeklagter Rechtsmittel eingelegt hat. Wenn der Entwurf schon wie bisher dem Angeklagten eine gewisse Dispositionsbefugnis ednräumt er kann auf Rechtsmittel verzichten bzw. ein solches zurücknehmen (§ 290 Abs. 1) , so sollte diese Befugnis insoweit auch Einfluß auf den Umfang der Nachprüfung haben. Ich schlage deshalb vor, § 295 Abs. 2 ersatzlos zu streichen und gleichzeitig auch § 3Ö6 im Sinne des bisherigen § 295 StPO zu ändern. In diesem Zusammenhang erhebt sich die weitere Frage, ob sich dann, wenn ein Angeklagter, der wegen mehrerer selbständiger, in keinem Zusammenhang stehender Handlungen verurteilt wurde, nur hinsichtlich einer Handlung Berufung einlegt, die Nachprüfung auf alle strafbaren Handlungen erstrecken muß. Meines Erachtens sollte auch hier aus den schon erwähnten Gründen eine vollständige Überprüfung nur hinsichtlich des Urtedlsteils geboten sein, der die angegriffene Straftat zum Inhalt hat. 2. Zur eigenen Beweisaufnahme des Rechtsmittelgerichts (§302 Abs. 2) Warum die eigene Beweisaufnahme zu Recht auch in Zukunft die Ausnahme im Rechtsmittelverfahren sein soll, wurde bereits angedeutet Zu begrüßen ist auch, daß der Vorschlag in § 302 Abs. 2 die einengende Formulierung des z. Z. geltenden § 289 Abs. 4 StPO vermeidet. (Bekanntlich darf nach dam Wortlaut des Gesetzes bei eigener Beweisaufnahme im Rechtsmittelverfahren an sich nicht einmal ein Sachverständiger gehört werden.) Trotzdem wird der gegenwärtige Vorschlag „Das Gericht kann ausnahmsweise eine eigene Beweisaufnahme durchführen, wenn dies zur Entscheidung erforderlich und der Angeklagte anwesend ist“ den an die Anleitungsfunktion des Rechtsmittelgerichts zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Über § 289 Abs. 4 StPO hat es in der Vergangenheit wiederholt Diskussionen gegeben. Das eigentliche Anliegen dieser Regelung wurde von Ranke bei Inkrafttreten des Gesetzes wie folgt charakterisiert: „Die Vernehmung von' Zeugen vor dem Berufungsgericht soll nur in solchen Fällen erfolgen, in denen sie deshalb möglich und zweckmäßig ist, weil es zur Entscheidung nur noch in geringem Umfang einer weiteren Sachaufklärung bedarf.“5 Ranke will also und das war tatsächlich der ursprüngliche Sinn dieser Bestimmung unter ausnahmsweise eigener Beweiaufnähme eine ergänzende Beweisaufnahme verstanden wissen. Eine gänzlich neue und umfangreiche Beweisaufnahme in zweiter Instanz wurde dagegen für unzulässig gehalten. An dieser Auffassung ist lange Zeit festgehalten worden, so u. a. von Löwenthal/Mühlberger, die davor warnten, durch eine zu extensive Interpretierung des Begriffs der ausnahmsweise eigenen Beweisaufnahme die Ar- 5 Ranke, Die Rechtsmittel, in: Grundriß des Strafverfahrensrechts der DDR, Berlin 1953, S. 62. - Hervorhebung im Zitat von mir. H. N.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 318 (NJ DDR 1967, S. 318) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 318 (NJ DDR 1967, S. 318)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland Straftaten begingen. Davon unterhielten Verbindungen zu feindlichen Organisationen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten erneut im Jahre die Delikte des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens über sozialistische Länder. Der Mißbrauch der Möglichkeiten der Ausreise von Bürgern der in sozialistische Länder zur Vorbereitung und Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie vorhandenen oder zu schaffenden Möglichkeiten des Einsatzes wissenschaftlich-technischer Geräte sind verstärkt für Durchsuchungshandlungen zu nutzen. Werden diese sechs Grundsätze bei der Körper- und Sachdurchsuchung bei Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit auch noch während ihres Vollzuges. Es ist jedoch nach Auffassung der Autoren erforderlich, in einem Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug in der andererseits sind auch die in den entsprechenden Kommissionen erlangten Erkenntnisse und Anregungen mit in die vorliegende Arbeit eingegangen.

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