Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 291

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 291 (NJ DDR 1967, S. 291); 3 Zst V 2/67)*. Ursache für den Tod des Bürgers V. war danach aber nicht dessen unberechtigte Mitnahme durch den Angeklagten der Unfall wäre auch passiert, wenn ein Betriebsangehöriger mitgenommen worden wäre , sondern die zweifelsfrei festgestellte völlig ungenügende und nicht den Bestimmungen der ABAO 361/1 entsprechende Sicherung des Beifahrersitzes. Die Mitnahme stellt lediglich eine Bedingung dar, war für sich aber allein nicht geeignet, das Abkippen des ungenügend befestigten Beifahrersitzes zu verursachen. Mithin war vorerst zu prüfen, ob die unzulängliche, nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Befestigung des Beifahrersitzes auf einer Pflichtverletzung des Angeklagten beruhte und ob diese Pflichtverletzung schuldhaft erfolgte. Insoweit muß zwar auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen objektiv eine Pflichtverletzung bejaht werden, subjektiv liegt hierfür jedoch unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Angeklagten kein Verschulden vor. Die Pflichten ergeben sich aus § 5 Abs. 3 StVO in Verbindung mit § 65 Abs. 3 StVZO. Danach ist der Kraftfahrzeugführer für die Verkehrs- und Betriebssicherheit seines Fahrzeuges verantwortlich, d. h., daß er in bezug auf den konkreten Fall insbesondere auch nach § 65 Abs. 3 StVZO dafür Sorge zu tragen hatte, daß die Zugmaschine u. a. mit einem festen Sitz für den Beifahrer ausgerüstet war. Dieser Verpflichtung ist der Angeklagte ohne Zweifel objektiv nicht nachgekommen. Solche Pflichtverletzungen sind aber unter strafrechtlichen Gesichtspunkten erst dann relevant, wenn sie schuldhaft verursacht wurden (§ 48 StVO). Insoweit scheiden Vorsatz ebenso wie bewußte fahrlässige Pflichtverletzungen schon deswegen aus, weil der Angeklagte nicht wußte, was unter „festem“ Sitz zu verstehen ist, und er insbesondere nicht mit der diese Frage etwas ausführlicher behandelnden Bestimmung der ABAO 361/1 vertraut gemacht worden war. Ob eine Zugmaschine in dieser Hinsicht einwandfrei ausgerüstet ist, kann nicht ohne weiteres von jedem Kraftfahrer beurteilt werden, zumal dann nicht, wenn ihm die entsprechenden konkreten Arbeitsschutzbestimmungen ohne sein Verschulden unbekannt geblieben sind. War sich der Angeklagte demnach wie auch das Kreisgericht festgestellt hat seiner Pflichten hinsichtlich der Sicherung des Beifahrersitzes gegen Abkippen und Abstürzen nicht bewußt, so kommt der Frage, inwieweit die fahrlässige Tötung durch eine unbewußt fahrlässige Verkehrsübertretung begangen worden ist, mithin die entscheidende Bedeutung zu. Eine solche unbewußte Fahrlässigkeit im Hinblick auf seine Pflichten läge jedoch nur dann vor, wenn der Angeklagte sowohl objektiv als auch subjektiv den Mangel der Befestigung des Beifahrersitzes zu erkennen in der Lage gewesen wäre. Gerade das aber ist in der vorliegenden Sache nicht der Fall gewesen. Der Angeklagte ist seitens der Betriebsleitung nicht auf seine besonderen Pflichten hingewiesen worden, was mit Rücksicht auf seine geringe Berufspraxis um so mehr geboten war. Hinzu kommt, daß der Traktor überprüft bzw. in Reparatur war, ohne daß der Mangel am Beifahrersitz behoben oder auch nur angedeutet worden wäre. Wenn deshalb der Angeklagte im Zusammenhang mit seinen eigenen Wahrnehmungen, daß nämlich der Beifahrersitz über ein Jahr lang fest und gesichert angebracht erschien, nicht in Erfahrung brachte, daß sein Fahrzeug insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach, so kann ihm daraus ein Schuldvorwurf einer unbewußt fahrlässigen Pflichtverletzung nicht gemacht werden. Das Urteil ist vorstehend abgedruckt. D. Red. Wenn das Kreisgericht fordert, der Angeklagte hätte bereits bei Übernahme des Traktors diesen auf dessen Betriebs- und Verkehrssicherheit prüfen und sich dazu erforderlichenfalls der Hilfe und Unterstützung älterer Kollegen oder des Verkehrssicherheitsaktivs bedienen müssen, so stellt es damit an das Verhalten des Angeklagten unzumutbare, überspitzte und nicht den tatsächlichen Besonderheiten entsprechende Anforderungen, bei denen die Gefahr besteht, die fahrlässige Schuld als entscheidende Grundlage strafrechtlicher Verantwortlichkeit uferlos auszuweiten, das das sozialistische Strafrecht beherrschende Tatschuldprinzip aufzulösen und eine strafrechtliche Verantwortlichkeit in erster Linie für einen Erfolg zu begründen. Nach alledem war der Angeklagte freizusprechen, weil eine schuldhafte Pflichtverletzung von Bestimmungen der StVO nicht vorliegt und damit auch die erste Voraussetzung für das Vorliegen des Tatbestandes der fahrlässigen Tötung nicht gegeben ist (§ 221 Ziff. 1 StPO). Anmerkung: 1. Die vorstehende Entscheidung zeigt, daß den Gerichten zuweilen die Prüfung der fahrlässigen Schuld Schwierigkeiten bereitet und über deren Voraussetzungen nicht immer klare Vorstellungen bestehen. Diese in der Rechtsmittel- und Kassationspraxis des Obersten Gerichts wiederholt getroffene Feststellung macht deutlich, daß es notwendig ist, den bislang gesetzlich nicht fixierten Begriff der strafrechtlichen Fahrlässigkeit so exakt wie nur möglich zu bestimmen. Deshalb kann der in den §§ 9, 10 des StGB-Entwurfs unternommene Versuch, den Inhalt der fahrlässigen. Schuld zu definieren unbeschadet der gegenwärtig dazu geführten Diskussionen über das Verhältnis dieser Bestimmungen zu § 4 des StGB-Entwurfs , nur begrüßt werden. Die Abgrenzung der bewußten Fahrlässigkeit (§ 9 des Entwurfs) von der unbewußten Fahrlässigkeit in ihren beiden Alternativen bewußte Pflichtverletzung (§10 Abs. 1 des Entwurfs) und unbewußte Pflichtverletzung (§ 10 Abs. 2 des Entwurfs) als erste Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die dadurch schuldhaft herbeigeführten Folgen wird den Gerichten helfen, die Kriterien der fahrlässigen Schuld exakter herauszuarbeiten, die Grenzen zwischen fahrlässiger Schuld und Nichtschuld klarer zu erkennen und somit wesentlich zur Verwirklichung des das sozialistische Strafrecht beherrschenden Tatschuldprinzips beizutragen. Die Gerichte sollten die an die fahrlässige Schuld zu stellenden Anforderungen exakt prüfen, auch wenn diese noch nicht normiert sind Anforderungen, die überdies von der künftigen gesetzlichen Regelung nicht abweichen. Darauf hat das Oberste Gericht wiederholt orientiert, so u. a. in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 1966 - 3 Ust V 18/66 - (NJ 1966 S. 760), in der ausgeführt wird: „Für die Beantwortung der Frage (ob eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen einer fahrlässigen Straftat vorliegt H. N.) kommt es darauf an, welche Rechtspflichten den Angeklagten oblagen, worin die Verletzung solcher Pflichten bestand, ob sie diese bewußt oder unbewußt verletzt haben, ob zwischen festgestellten Rechtspflichtverletzungen und den eingetretenen Folgen ursächlicher Zusammenhang vorhanden ist und ob schließlich die Folgen bewußt oder unbewußt fahrlässig herbeigeführt worden sind.“ Von diesen Kriterien der strafrechtlichen Verantwort-lichkeit wegen der fahrlässigen Begehung einer Straftat geht auch die vorstehende Entscheidung aus. Es wird jedoch nicht mehr der Terminus „bewußte oder unbewußte Verletzung der Pflichten“ gebraucht, son- 291;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher sowie aus der Berücksichtigung jugendtypischen Persönlichkeitseigenschaften ergeben, konsequent durchzusetzen. Stets sind die Dugendpolitik der Partei und die nächsten Aufgaben der Partei in der Innen- und Außenpolitik Dietz Verlag Berlin Breshnew, Sozialismus ist der Bannerträger des Friedens und des Fortschritts Grußansprache auf dem Parteitag der gestellten Klassenauft rages verlangt von den Angehörigen der Linie mit ihrer Untersuchungsarbeit in konsequenter Verwirklichung der Politik der Partei der Arbeiterklasse, insbesondere in strikter Durchsetzung des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem aus den in den Struktur- und Stellenplänen der Diensteinheiten und den Funktions- und Qualifikationsmerkmalen getroffenen Festlegungen unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Erfüllung abzuleiten.

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