Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 286

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 286 (NJ DDR 1967, S. 286); Sei es aus Gewöhnung an den Gedanken der „Zweispurigkeit“, sei es aus wissenschaftlich überprüfter Überzeugung die Verfasser glaubten den Ausweg aus der an sich ausweglosen Situation darin finden zu können, daß sie zwei freiheitsentziehende Maßregeln projektierten, die zwar nicht terroristisch gedacht sind, aber eine Art Trojanisches Pferd darstellen, das sie ähnlich wie die Troer selbst innerhalb ihrer sonst so wohlfundierten rechtsstaatlichen Mauern verbracht haben. Sie haben damit ein Zugeständnis an die antagonistischen, zur Kriminalität treibenden Zustände der kapitalistisch-imperialistischen Gesellschaft gemacht, das sie besser hätten unterlassen sollen. Zwar haben sie mit der Einführung solcher freiheitsentziehenden Maßregeln ihr Schuldprinzip in bezug auf die Strafe retten können. Zwar haben sie alle gefährlichen bürgerlichen Präventivgedanken aus der Zweckbestimmung und Zumessungsregelung fernhalten können. Jedoch haben sie die in solchen Maßregeln liegende Durchbrechung des Schuldprinzips bei einer Freiheitsentziehung (denn die Maßregeln sind Freiheitsentziehung!) nicht aufgehoben. Es dürfte den Verfassern des AE nicht entgangen sein, daß sie sich damit für eine Verletzung des Prinzips der Gerechtigkeit entschieden haben. Die Schuld oder Tatschuld des Täters, so akzeptieren sie, reicht nur bis zu einem gewissen Maß an Freiheitsstrafe. Alles, was darüber an Deformation der Persönlichkeit gegeben ist, liegt so folgt hieraus logisch schon nicht mehr im Verantwortungsbereich des Individuums, sondern der Gesellschaft oder besser gesagt derjenigen, die bestimmte soziale Verhältnisse oder Mißverhältnisse mit der Macht des Staates und Rechts aufrechterhalten. Bis dahin vermögen wir den Gedankengängen zu folgen und müßten allerdings erwarten, daß man sich demzufolge bemüht, diese Zustände aufzuheben oder sie zumindest zum Gegenstand sozialer Maßnahmen zu machen. Statt dessen wird das durch solche Verhältnisse und Zustände deformierte Individuum, dem man im Gesetz bescheinigt, daß es daran, weil es nicht verantwortlich dafür ist, auch nicht schuld haben kann, abermals belastet. Man bietet ihm „sozialtherapeutische Anstalten“ oder „Sicherungsanstalten“ an, in denen ihm abermals nur diesmal unter neuem Namen die Freiheit entzogen wird. Wir können hieran erkennen, welch verhängnisvolle Wirkung eine kriminologische und Strafrechtstheorie hat, die trotz aller Formeln, daß Umwelt und Persönlichkeit die Kriminalität hervorbringen, letztlich doch nur das Individuum für die Kriminalität verantwortlich zu machen sucht. Die einzige Perspektive, die der Bundesrepublik damit verbleibt, ist Verstärkung staatlicher Repression. Die allgemeine Kritik, die wir an der Strafpolitik einer kapitalistisch-imperialistischen Gesellschaftsordnung zu üben haben, daß sie kein Recht auf irgendwelche Vermehrung von Repressionsmaßnahmen gegenüber dem Individuum hat, wenn sie gleichzeitig ängstlich vermeidet, die längst erkannten zur Kriminalität treibenden Zustände und Verhältnisse auch nur im Ansatz zum Gegenstand von durchgreifenden Veränderungen zu machen, müssen wir auch an diesem Alternativ-Entwurf üben. Er bemüht sich zwar, Zügellosigkeit und Willkür einzudämmen und das ist ein wesentliches Verdienst der Autoren , aber er gibt letztlich keine echte Alternative, die die Bevölkerung der Bundesrepublik angesichts des ständigen Anwachsens der Kriminalität und der Steigerung ihrer Intensität erwarten dürfte. In diesem Bezugssystem betrachtet, sind weder sozialtherapeutische noch Sicherungsanstalten echte Alternativen. Sie sind es selbst dann nicht, wenn was bei der menschenverachtenden politischen Grundhaltung der ge- genwärtigen Bundesregierung kaum zu erwarten sein dürfte sich in solchen Anstalten die humanistischen Vorstellungen der Autoren durchsetzen sollten, wie sie insbesondere Maihofer in seinen Schriften zur Ausgestaltung des Strafensystems kundgetan hat. Derartige Anstalten können vielleicht gewährleisten, daß dieser oder jener hartgesottene Verbrecher, der sich an ein deliktisches Leben u. U. sogar unabänderlich gewöhnt hat, einem möglicherweise menschlicheren Leben zugeführt wird - aber es gibt damit für das „öffentliche Interesse“ nicht die mindeste Garantie, daß sein Platz nicht alsbald durch andere Verbrecher eingenommen wird. Ganz abgesehen davon bleibt die Frage unbeantwortet, warum nicht alle genannten sozialtherapeutischen und Sicherungsaspekte in den Strafanstalten verwirklicht werden könnten. Es bleibt ferner die wichtige Frage: Mit welchem Recht darf man ein Strafgesetzbuch konzipieren, das einem bestimmten Prozentsatz von Menschen a priori die Prognose stellt, daß sie eines Tages in solchen Anstalten ergrauen oder sterben werden? Mit welchem Recht darf man ein Strafrecht konzipieren, das den Richter zu der ethisch unvertretbaren Prognose auffordert, einem Menschen vorauszusagen, er werde ewig ein Verbrecher bleiben? Die Verfasser sollten sich darüber klarwerden, daß sie mit der Projektierung solcher Maßregeln einer gefährlichen Selbstbeschwichtigung der für diese Zustände Verantwortlichen das Wort reden und zu einer weiteren Erhärtung des Tabus beitragen, daß nach den sozialen Verhältnissen und ihrem kriminalitätserzeugenden Charakter nicht gefragt werden dürfe. Sie sollten sich auch darüber klarwerden, daß ihre Vorstellungen sich nur durchsetzen werden, wenn sie in der Gesamtkonzeption eine echte Alternative geben, so daß größere Teile der Bevölkerung diese Alternative erkennen und sich hinter den Entwurf stellen. Eine derartig zündende Konzeption verlangt, die Zweispurigkeit und mit ihr die veraltete Vorstellung aufzugeben, es genüge für ein Strafrecht unserer Zeit, nur an den Wirkungen herumzulaborieren, ohne die Wurzeln des Übels anzugreifen. So kritisch man sich zur Weiterexistenz der Zweispurigkeit. des Strafrechts aussprechen muß, so wenig darf übersehen werden, daß sich die Ausgestaltung der Maßregeln im AE vom Regierungsentwurf erheblich unterscheidet. Die Einweisung in die „sozialtherapeutische Anstalt“ und die „Sicherungsanstalt“ ist gegenüber dem Regierungsvorhaben ein eindeutiger Fortschritt, den man wenn die Zweispurigkeit schon als unvermeidbar erscheint nur begrüßen kann. Während der Re-gierungsentwurf das Maßregelsystem zu einem üblen polizeistaatlichen Netzwerk der Bespitzelung und ausschließlich der Repression dienenden Internierung von Menschen ausgebaut hat, die man für „gefährlich“ erachtet, dominiert in dem AE der Zweck der „Resozialisierung“. In Anerkennung dessen, daß die projektierten Maßregeln, deren Vollzug human gedacht ist, dennoch starke Beschneidungen der Rechte eines Menschen darstellen, schlagen die Verfasser vor, weitgehend auf die Kumulation von Strafen und Maßregeln zu verzichten und soweit möglich, die Maßregeln statt der Strafe anzuwenden (S. 121). Eine Ausnahme davon macht die Einweisung in eine Sicherungsanstalt, die der Sicherung der Öffentlichkeit vor Tätern dienen soll, die durch häufige Straffälligkeit und die Besorgnis, daß sie erneut schwerste Verbrechen gegen die elementaren Grundsätze menschlichen Zusammenlebens begehen könnten, eine reale und beweisbare Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen. Die Voraussetzungen der Einweisung sind hier streng formuliert. Sie soll sich nicht gegen irgendwelche notorischen Landstreicher, die ständig kleine Diebereien begehen, sondern gegen Mörder. 286;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 286 (NJ DDR 1967, S. 286) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 286 (NJ DDR 1967, S. 286)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und dem Untersuchungsorgan wird beispielsweise realisiert durch - regelmäßige Absprachen und Zusammenkünfte zwischen den Leitern der Abteilung und dem Untersuchungsorgan zwecks Informationsaustausch zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug durchzusetzen und insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben gemäß der vorliegenden Instruktion und den von der den zu überlebenden Informationsanforderungen, die ständig zu präzisieren und zu ergänzen sind.

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