Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 285

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 285 (NJ DDR 1967, S. 285); gesamten Strafrechts oder doch zumindest zur allgemeinen Grundregel für eine jede Bestrafung gemacht hätten. Anerkennenswert ist auch das Bestreben der Verfasser, bei den Prinzipien der Strafzumessung (§§ 59 bis 63) neue Wege zu gehen und mit ihnen einem Strafenfetischismus vorzubeugen, indem sie die Tatschuld als Kriterium für das Höchstmaß der Strafe bezeichnen, das nur insoweit ausgeschöpft werden darf, wie es die Resozialisierung des Täters erfordert (§ 59). Durch den Grundsatz, daß die Tatschuld durch alle be- und entlastenden Umstände bestimmt wird und das Verhalten vor oder nach der Tat nur berücksichtigt werden darf, wenn es auf das Maß der Tatschuld selbst schließen läßt, wollen die Verfasser allen Tendenzen einer Gesinnungsstrafe oder Bestrafung wegen einer „Lebensführungsschuld“ Vorbeugen. Wenn wir dieses Strafensystem und die Strafzumessungsregeln betrachten, dann kann mit Fug und Recht gesagt werden, daß den Verfassern hier eine echte Alternative zum Regierungsentwurf gelungen ist. Neben dem strengen Gesetzlichkeitsstandpunkt, den die Verfasser verfolgen, fällt besonders ihr Streben auf, den Weg von einem Vergeltungsstrafrecht zu einem Strafrecht zu finden, das darauf angelegt ist, die Strafe zu einem Instrument der Wiedereingliederung des Täters in ein nichtkriminelles Leben zu machen. Das hiermit verkündete Programm einer neuen Strafpolitik ist nur zu begrüßen. Es wird jedoch nur von Erfolg sein können, wenn damit weitergehende soziale Veränderungen verbunden werden. Wenn die Strafe nur auf „Veränderung der Haltung des Täters“ zielt und der Täter in eine unveränderte gebliebene „Rechtsgemeinschaft“ eingegliedert werden soll in eine „Rechtsgemeinschaft“, die ihn doch erst zum „Täter“ gemacht hat , dann wird die Effektivität einer solchen humanen Strafpolitik sehr in Frage gestellt. Sie muß deshalb durch eine Politik ergänzt werden, die auf die Ausräumung der erkannten Ursachen der Kriminalität zielt. Das System der Maßregeln der Besserung und Sicherung und das Prinzip der „Zweispurigkeit“ Der AE behält das Prinzip der sog. Zweispurigkeit des Strafrechts bei: Neben den Strafen kennt er noch ein System von „Maßregeln der Besserung und Sicherung“ (§§ 66 bis 82). Unproblematisch sind die Einweisung in eine Heil- und Pflegeanstalt oder eine Entziehungsanstalt, das Berufsverbot und die Entziehung der Fahrerlaubnis, weil sich aus ihnen die Fragestellung nach der Zweispurigkeit nicht ergibt. Da die Verfasser auch hier auf weitgehende Garantien für den Betroffenen bedacht waren, ergibt sich keine Notwendigkeit irgendwelcher zusätzlicher Bemerkungen. Problematisch wird die „Zweispurigkeit“ des AE m bezug auf die Einführung einer Maßregel der Einweisung in eine sozialtherapeutische Anstalt bzw. eine Sicherungsanstalt (§§ 69, 70). Wir übersehen dabei nicht, daß die Verfasser alle Anstrengungen unternommen haben, auch die „Maßregeln der Besserung und Sicherung“ rechtsstaatlicher Kontrolle und Garantie zu unterwerfen, indem sie einmal in § 1 Abs. 2 die Maßregeln dem Satz nullum crimen, nulla poena sine lege unterwerfen und als v'eitere Sicherung gegen polizeistaatliche Willkür verlangen, daß Maßregeln nur „bei überwiegendem öffentlichen Interesse“ angeordnet werden dürfen (§ 2 Abs. 2), u: d als Ziel der Strafe und der Maßregel „Schutz der Rechtsgüter“ und „Wiedereingliederung des Täters in die Rechtsgemeinschaft“ angeben (§2 Abs. 1). Mit Recht lehnen die Verfasser im Unterschied zum StGB-Regierungsentwurf die „Gefähr- lichkeit des Täters“ als Grund und Maßstab der Maßregel ab, weil darin Gefahren größter Willkür und Barbarei liegen. Alles, was in den §§ 69, 70 als spezifischer Zweck oder spezifische Maßnahme der sog. sozialtherapeutischen Anstalten oder der Sicherungsanstalten angegeben wird, ist durch einen vernünftigen und nach modernen Erkenntnissen organisierten Strafvollzug erreichbar. Nimmt man diese Zwecksetzung, so wird leicht erkennbar, daß die Verfasser mit ihren Maßregeln nicht im mindesten daran dachten, etwa an die rein repressiven Vorstellungen der sog. soziologischen Schule anzuknüpfen, daß sie sich völlig konträr zur Praxis des Nazi-Rechts bewegen, die die Sicherungsmaßnahmen zu einer schauerlich-barbarischen Wirklichkeit machten, und daß sie auch im krassen Gegensatz zu den polizeistaatlich-terroristischen Absichten der Bundesregierung stehen. Dennoch und gerade deswegen bleibt unergründlich, warum die Verfasser auf der Zweispurigkeit beharren. Betrachtet man die in §§ 69, 70 angegebenen Zwecke der sozialtherapeutischen und der Sicherungsanstalt einmal unvoreingenommen, so ist zu fragen, warum diese Zwecke nicht auch durch den Strafvollzug realisiert werden können. Versucht man, den Überlegungen der Verfasser zu folgen, so ergibt sich eine Gedankenoperation, von der wir nicht sagen können, daß sie nicht bestimmte Realitäten des Lebens in der bürgerlichen Gesellschaft zur Grundlage hätte. Es fragt sich jedoch, ob die Konsequenzen, die die Verfasser hieraus gezogen haben, die wirklich notwendigen und zukunftsträchtigen sind und ob dabei alle möglichen Gefahren berechnet worden sind. Als Grund für die Beibehaltung der „Zweispurigkeit“ werden Täter angegeben, die durch die gesellschaftlichen Zustände derart deformiert worden sind, daß sie immer wieder straffällig werden und durch keine Bestrafung mehr von dem eingeschlagenen Wege abzubringen sind. Es handelt sich um Menschen, denen das Verbrechen zur Existenzweise des Lebens geworden ist und von denen immer neue Straftaten zu befürchten sind. Man meint nun, daß die gesetzlich mögliche Freiheitsstrafe in ihrer Dauer nicht ausreicht, um sie zu einem nichtkriminellen Leben zu bewegen. Die Strafe so sagt man sei in ihrer Dauer an das Maß der Schuld gebunden. Das Maß der Einzeltatschuld eines solchen notorisch Kriminellen sei u. U. s.o gering, daß nur eine relativ kurze, bezogen auf die Person des Täters entschieden zu kurze Freiheitsstrafe verhängt werden dürfe, wenn man das Prinzip der Tatschuld nicht aufgeben und statt dessen eine „Lebensführungsschuld“ zur Grundlage der Strafzumessung in solchen Fällen machen wolle. Die Verfasser des AE führen noch ein zusätzliches Argument ein, das nicht so leicht von der Hand zu weisen ist. Sie möchten angesichts der Erfahrungen mit der deutschen imperialistischen Justiz weder Spezial- noch Generalprävention als Grund der Strafe und der Strafzumessung gelten lassen, weil unter dem Deckmantel solcher theoretischer Positionen von der Justiz die gräßlichsten Verbrechen an sog. Schwerverbrechern, auch Jugendlichen, verübt wurden und sogar die justiziellen Verbrechen an politischen Gegnern, an Polen und Juden damit motiviert wurden. All dies spricut tatsächlich dafür, der Justiz eines kapitalistischen Staates auch nicht irgendein gesetzlich fixiertes Argument in die Hand zu geben, den ihr objektiv innewohnenden Drang nach Vermehrung und Intensivierung des Strafenterrors freien Lauf zu gewähren. Die Verfasser des AE haben durchaus richtig erkannt, daß dies die Grundtendenz des Regierungsentwurfs von 1962 war, und wollen ihr entgegen treten. 285;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 285 (NJ DDR 1967, S. 285) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 285 (NJ DDR 1967, S. 285)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Achtung und Wahrung der Würde des Menschen werden Aufgaben, grundsätzliche Arbeitsweise und die konkrete Gestaltung einzelner straf prozessualer Verdachtshinweisprüfungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in Ermittlungsverfahren mit Haft bearbeiteten Personen hat eine, wenn auch differenzierte, so doch aber feindlieh-negative Einstellung. Diese feindlich-negative Einstellung richtet sich gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteter Haltungen. Unterschriftenleistungen zur Demonstrierung politisch-negativer. Auf fassungen, zur Durchsetzung gemeinsamer, den sozialistischen Moral- und Rechtsauffassungen widersprechenden Aktionen.

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