Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 229

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 229 (NJ DDR 1967, S. 229); Regierungsgegner bedachten Entwurf der Bundesregierung und der gegenwärtigen politischen Strafpraxis darstellt. Die Konzeption des Alternativ-Entwurfs zur Bekämpfung und Verhütung der allgemeinen Kriminalität , Bezüglich der sog. allgemeinen Kriminalität und ihrer Bekämpfung verfolgt der AE beachtliche demokratische Tendenzen. Unsere kritischen Hinweise hierzu haben ein ungleich geringeres Gewicht als die, die wir zur politischen Fragestellung im AE anbringen mußten. Zum Wesen der Straftat im AE Eine der Grundfragen des Strafrechts die sowohl das sog. politische Strafrecht als auch das auf die allgemeine Kriminalität bezogene berührt ist die, als was es die Straftat auffaßt und welchem Menschenbild es folgt. Hiervon hängt in entscheidendem Maße ab, welche soziale Grundlinie mit dem Strafrecht und seiner Anwendung verfolgt werden soll. Während der StGB-Entwurf der DDR in seiner Präambel, im Kapitel über die Grundsätze des Strafrechts der DDR, Lm Abschnitt „Straftaten und Verfehlungen“ und in den Grundsätzen zur Schuld eine direkte, umfassende Antwort auf die genannten Fragen gibt, läßt der AE der 14 Strafrechtslehrer solche klaren Angaben vermissen. Es geht hierbei nicht darum, einem Strafgesetzbuch die Funktion eines Lehrbuchs zuschreiben zu wollen, sondern darum, daß einerseits bindende Richtlinien für die Strafgesetzgebung überhaupt und andererseits zwingende Auslegungsrichtlinien des Gesetzgebers für die Anwendung der Normen in der Rechtsprechung aufgestellt werden. Wie bitter nötig die Bundesrepublik solche zwingenden Regeln hat, haben die Kritiker des „politischen Strafrechts“ der Bundesrepublik schon seit langem festgestellt. Hier findet man wie Heinemann und P o s s e r4 ausführten „bei einigen Staatsgefährdungsnormen“ keinen „objektiven Tatbestand“ mehr. Dieser ist „durch mehr oder minder schlagwortartig formulierte Tatbestandsmerkmale“ ersetzt worden, die man „mit wechselndem Inhalt“ erfüllen kann. Die übermäßig extensive Auslegung der Gesetze durch den Bundesgerichtshof und die politischen Sondergerichte hat das Ihre zur Inflation des westdeutschen Strafrechts getan, so daß wie Lutz Lehmann erst kürzlich wieder darstellte Grenzen des Strafrechts überhaupt nicht mehr erkennbar sind und die Willkür des Richters alles entscheidet5. Die Verfasser des AE hätten deshalb gut daran getan, wenn sie die von Jäger entwickelten Grundgedanken für eine demokratische Strafgesetzgebung6 in Grundsätze oder Grundregeln des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs umgemünzt hätten. Der westdeutsche Strafgesetzgeber ist einer solchen Selbstbeschränkung sehr bedürftig. Die strafrechtlichen Notverordnungen zur Notstandsgesetzgebung sowie die Spruchpraxis der politischen Justiz Westdeutschlands sollten Mahnung genug sein. Da man auf solche Grundregeln verzichtet hat, bleibt der gesamte Abschnitt des AE über die Straftat (§§ 12 ff.) sehr formal und ist in dieser Gestalt nach wie vor vielfältigster Interpretation fähig. Die Gefahr, daß die normative Strafrechtslehre alle Tatbestände ein- 4 Vgl. Heinemann / Posser, „Kritische Bemerkungen zum politischen Strafrecht in der Bundesrepublik“, Neue Juristische Wochenschrift 1959, Heft 4, S. 121 ff. 5 Vgl. Lutz Lehmann, Legal & Opportun Politische Justiz in der Bundesrepublik, (West-)Berlin 1966. Vgl. dazu auch Ley- mann in NJ 1967 S. 86 ff., 164 ff. und 194 ff. 8 Jäger, in: Sexualität und Verbrechen (Beiträge zur Strafrechtsreform), Frankfurt a. M./Haml arg 1963, S. 273 ff. schließlich der Regeln des Allgemeinen Teils wieder zu „wertausfüllungsbedürftigen“ Gebilden macht, die man nach allen Richtungen recken und strecken darf, ist durch die zu große Zurückhaltung der Autoren des AE nicht gebannt. Es scheint auch, als hätten die Verfasser nicht ernstlich daran gedacht, mit ihrem Entwurf derartigen Tendenzen vorzubeugen. Einen deutlichen Hinweis hierauf gibt § 20 AE über den Verbotsirrtum, der in seiner Unbestimmtheit eine große Gefahr für die Gesetzlichkeit darstellt, die antikommunistische Grundlinie des Bundesgerichtshofs reproduziert und schließlich aus der Schuld eines Menschen achtlos einen „Vorwurf“ macht, womit der Irrationalismus, den die Autoren am westdeutschen Regierungsentwurf selbst scharf kritisieren, auch in den AE Eingang gefunden hat (S. 57). Betrachtet man den AE von diesem Blickwinkel, so ist nicht mehr ersichtlich, ob das damit projektierte Strafrecht nun jenen Erkenntnissen zur Kriminalität und zum Menschenbild folgen soll, wie M a i h o f e r sie kürzlich verbunden mit Schlußfolgerungen für die Strafrechtsreform publiziert hat7. Auch hier macht sich der Mangel an Grundsätzen, die die Funktion des Strafrechts im gegebenen Rechts- und Gesellschaftssystem bestimmen, empfindlich bemerkbar. Es sollen deshalb einige rechtspolitische Erwägungen angestellt werden, um die Frage nach der Alternative im AE in etwa beantworten zu können. Kriminalitätsbekämpfung und gesellschaftliche Veränderungen Auch die bürgerliche Kriminologie hat trotz aller Kritik, die an ihr anzubringen ist, weil sie sich in ihren Schlußfolgerungen unnötig Schranken auferlegt, da sie das System einer bürgerlichen Gesellschaftskonzeption und bürgerlichen Denkens nicht durchbrechen will8 längst erkannt, daß man der Flut der allgemeinen Kriminalität, die sich über die kapitalistische Gesellschaft ergießt, nicht Herr werden kann, ohne tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten. Beim AE aber hat man abgesehen von dem Teil, der sich mit der Ausgestaltung der Strafen und Maßregeln (§§36 bis 82) befaßt den Eindruck, als könnte dieser Entwurf auch zu einer Zeit geschrieben worden sein, als das deutsche Bürgertum sich noch der Illusion hingab, daß die Strafe das Allheilmittel gegen die Kriminalität sei. Er nennt kein Mittel, keine Anstrengung des Staates oder der ökonomisch mächtigen Kreise der Gesellschaft, die über die Wiedereingliederung hinausgingen und geeignet sein könnten, den nunmehr schon seit einem Jahrhundert im kapitalistischen Deutschland anhaltenden Prozeß der ständigen Produktion und Reproduktion der Kriminalität auch nur annähernd zu beeinflussen. Es ist doch nicht zu übersehen, daß es im Ergebnis dieses „ewigen Kreislaufes“ zu einem ununterbrochenen Anwachsen der Kriminalität, zu einer Steigerung der Intensität der Straftaten, rzu einer inflationistischen Pönalisierung und Kriminalisierung des Lebens, zu einer fortschreitenden wechselseitig bedingten Brutalisierung von Verbrechertum auf der einen Seite und Polizei und Justiz (einschließlich des Strafvollzugs) auf der anderen Seite, zu einer totalen kriminellen Durchsetzung der zwischenmenschlichen Beziehungen, die mit einer durchgehenden kriminellen Verseuchung aller Schichten der Bevölkerung verbunden ist, zu eiher weitgehenden Monopolisierung des Verbrechertums und einem nicht zu übersehenden Zu- 7 Vgl. Maihofer, „Menschenbild und Strafrechtsreform“, Zeitschrift für praktische Psychologie (Sonderdruck aus 1965 oder 1966). 8 vgl. Buchholz I Hartmann / Lekschas, Sozialistische Kriminologie, Berlin 1966, S. 119 ff. 229;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 229 (NJ DDR 1967, S. 229) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 229 (NJ DDR 1967, S. 229)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zur Verwirklichung dieser Zielstellungen die sich für ihren Verantwortungsbereich ergebenden Aufgaben und Maßnahmen ausgehend von der generellen Aufgabenstellung der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die G-rößenordnur. der Systeme im einzelnen spielen verschiedene Bedingungen eine Rolle. So zum Beispiel die Größe und Bedeutung des speziellen Sicherungsbereiches, die politisch-operativen Schwerpunkte, die Kompliziertheit der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung. Die ist ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzuges. Grundlagen für die Tätigkeit des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Diensteinheit im Interesse der Lösung uer Aufgaben des Strafverfahrens zu gestalten und durchzusetzen sind. Der Aufnahmeprozeß Ist Bestandteil dieses Komplexes vor politisch oteraCrven Aufgaben und Maßnahmen polf tisch-opsrat iver Untersuchungshaitvollzuges.

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