Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 198

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 198 (NJ DDR 1967, S. 198); trauensvollen Haltung des Opfers und seiner Gefühle gegeben sein muß. Deshalb wurde in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, daß das Ausnutzen eines tatsächlich bestehenden Vertrauensverhältnisses z. B. auch dadurch geschehen kann, daß der Täter die mit der häuslichen Gemeinschaft verbundenen Lebensgewohnheiten des Opfers zur Tatausführung ausnutzt. Keinesfalls wollte das Oberste Gericht damit ausdrücken, daß eine häusliche Gemeinschaft schlechthin ein Verhältnis zwischen den Menschen bedingt, das in seinem Ausdruck menschlicher Beziehungen den Anforderungen des Tatbestandsmerkmals der Heimtücke genügt. Eine derart weite Auslegung des Gesetzes hat das Oberste Gericht nicht vorgenommen. Vielmehr besteht die Voraussetzung für ein Vertrauensverhältnis darin, daß wirklich tiefe menschliche Gefühle dem Täter seitens des Opfers entgegengebracht werden, daß beispielsweise in der Ehe das Verhältnis des Opfers zum Täter durch Zuneigung und Achtung bestimmt wird. Das Bezirksgericht hat demgegenüber richtig festgestellt, daß die Ehe der Angeklagten mit dem Geschädigten nicht auf einer solchen Basis beruhte. Vielmehr war das Verhalten des Geschädigten in der Ehe, besonders in der letzten Zeit, dadurch charakterisiert, daß er der Angeklagten Mißachtung entgegenbrachte, sie herabwürdigend behandelte und vor allem nach Alkoholgenuß beleidigend wurde und zu unberechenbaren Handlungen neigte. Bei der Angeklagten erzeugte diese Einstellung des Geschädigten zur Ehe und zur Würde der Frau Haß und Verachtung. Von einem auf gegenseitige Achtung und Vertrauen, geschweige denn auf tiefe Zuneigung begründeten Verhältnis konnte unter diesen Umständen keine Rede sein. Obwohl sich der Geschädigte längere Zeit gegen den Gedanken einer Scheidung sträubte und der Angeklagten für den Fall, daß sie von sich aus ein Scheidungsverfahren betreiben würde, Schläge androhte, war auch er sich des ständigen Spannungsverhältnisses und der Sinnlosigkeit des weiteren Zusammenlebens bewußt geworden, so daß schließlich beide übereinkamen, sich scheiden zu lassen. Die Tatsache, daß sie zunächst die häusliche Gemeinschaft aufrechterhielten, ändert nichts am Charakter ihres Zusammenlebens. Aus diesen Umständen ist ersichtlich, daß kein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen bestand, das die Angeklagte zur Tatausführung hätte ausnutzen können. Sie handelte demnach zwar hinterlistig, für den Geschädigten unerwartet und überraschend eine bestimmte Gewohnheit von ihm ausnutzend, nicht aber heimtückisch im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB. Es liegt kein versuchter Mord, sondern versuchter Totschlag vor. Mithin war der Auffassung der Verteidigung zu folgen, daß mit dieser Änderung der rechtlichen Beurteilung der Straftat der Angeklagten die Prüfung, ob mildernde Umstände im Sinne des § 213 StGB vorliegen, erforderlich ist. Die Angeklagte hat zwar unter starker affektiver Erregung gehandelt, sie wurde aber nicht durch eine ihr zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung auf der Stelle zur Tat hingerissen. Das Oberste Gericht hat jedoch auch den Grundsatz ausgesprochen, daß die anderen mildernden Umstände, die die Anwendung des § 213 StGB rechtfertigen, von erheblichem Gewicht und geeignet sein müssen, die Gefährlichkeit der Tat maßgeblich mildernd zu beeinflussen. Darunter ist stets auch eine seelische Notlage verstanden worden (Urteil vom 25. September 1964 5 Zst 17/64 - OGSt Bd. 7 S. 94). Die psychiatrischen Sachverständigen haben an Hand der vielfältigen Fakten überzeugend dargelegt, daß sich die Angeklagte in der angespannten Konfliktsituation durchsetzungsschwach und ausweichend verhielt. Sie ertrug alle Demütigungen und Beleidigungen, lehnte sich gegen das Verhalten ihres Ehemannes nicht auf, empfand aber die ihr entgegengebrachte Mißachtung als eine tiefe Kränkung. Die einzelnen Tatsachen hierzu wurden schon bei der Charakterisierung ihres Verhältnisses zueinander angeführt. Obwohl der Geschädigte das Ausmaß und den Inhalt der vorangegangenen Streitigkeiten in seiner Vernehmung abschwächte, kennzeichnete auch er die Auseinandersetzung am Tattage als äußerste Zuspitzung der ehelichen Zerrüttung. Das bestärkt die Richtigkeit der Aussage der Angeklagten, daß sie keinen Ausweg sah und ihr das Leben mit ihrem Ehemann sinnlos erschien. Die fortwährende Zunahme der Spannungsfaktoren erklärt die seelische Notlage, in die die Angeklagte durch körperliche und seelische Mißhandlung geraten war. Diese Bedingungen stellen mildernde Umstände har, die selbständig neben den Faktoren stehen, die zur Bewußtseinsstörung im Sinne des § 51 Abs. 2 StGB führten. Sie vermögen die dem sonstigen Verhalten der Angeklagten nicht entsprechende und ihr wesensfremde Tat in der wirklichen Gefährlichkeit richtig zu kennzeichnen. Die Angeklagte hat sich folglich des versuchten Totschlags unter mildernden Umständen bei erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit (§§ 213, 43, 51 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht. Die Strafzumessung war daher unter dem veränderten Strafrahmen neu vorzunehmen. Die Strafe wird stets durch den Grad der strafrechtlichen Schuld bestimmt. Im vorliegenden Fall ist dabei von der Verantwortung der Angeklagten gegenüber dem menschlichen Leben auszugehen. Bei aller Anerkennung der zur Anwendung mildernder Umstände führenden Faktoren aus dem zerrütteten Eheverhältnis der Angeklagten, die der Senat bei der rechtlichen Beurteilung der Straftat mit zugrunde legte, ist hervorzuheben, daß die Angeklagte fähig war, in richtiger Erkenntnis in das Verwerfliche ihrer Tat zu handeln, v/enn diese Fähigkeit auch eingeschränkt war. Sie hac auch nicht etwa „kopflos“ gehandelt, sondern die Ausführung des Versuchs der Tötungshandlung durchdacht und die Folgen übersehen, wenn ihr Bewußtsein insoweit auch eingeschränkt war. Ein Angriff gegen das Leben eines Menschen ist stets eine schwerwiegende, gefährliche Handlung, die die Interessen der Gesellschaft und des einzelnen empfindlich schädigt Mit der Bejahung der Fähigkeit der Angeklagten zu richtigem, die gesellschaftlichen Belange berücksichtigendem Verhalten ist gleichzeitig gesagt, daß sie bei innerer Anstrengung durchaus in der Lage war, die Konfliktsituation selbstbewußt notfalls durch Trennung vom Geschädigten zu bereinigen. Diesen Ausweg ist sie trotz dringender Hinweise anderer Bürger nicht gegangen. Sie hat nicht einmal den Versuch dazu unternommen. Die im Gesetz fixierten gesellschaftlichen Interessen legten der Angeklagten aber die Verpflichtung dazu auf. Der Weg des Verbrechens ist unter keinen Umständen gangbar. Insofern hat sich die Angeklagte verantwortungslos verhalten, als sie sich zur Tötung ihres Mannes entschloß uni den Versuch der Vernichtung seines Lebens unternahm. Gewiß hatte die Angeklagte, auch bedingt durch ihre charakterlichen Schwächen, Hemmungen, sich anderen Bürgern anzuvertrauen. In unserem sozialistischen Staat besteht aber für jeden Bürger die Möglichkeit, mit Hilfe der Gesellschaft und in Übereinstimmung mit ihren Interessen persönliche Schwierigkeiten zu überwinden, ohne gegen das Strafgesetz zu verstoßen. Die Angeklagte hat nicht etwa Unverständnis für ihre Sorgen bei ihren Mitmenschen vorgefunden. Sie hat vielmehr ihren Arbeitskollegen gegenüber den ehelichen 198;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 198 (NJ DDR 1967, S. 198) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 198 (NJ DDR 1967, S. 198)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden arbeitsrechtlichen und sozialen Probleme in den Grundsätzen einheitlich zu regeln. Die Realisierung dieser Aufgabe wurde zentral in Angriff genommen und ist unter zweckmäßiger Einbeziehung der Erfahrungen der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen der Abteilungen selb ständigen Referate der Bezirks Verwaltungen der Kreis- und Objektdienststellen lim weiteren als Diensteinhei ten die führen bezeichnet zu erfolgen. Diese Vorschläge sind durch die Leiter der Abteilung zu lösen: Gewährleistung einer engen und kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ist der operative Mitarbeiter voll verantwortlich. Das verlangt von ihm, daß er die Regeln der Konspiration schöpferisch anzuwenden, die Bereitschaft zu hohen physischen und psychischen Belastungen aufbringen sowie über geeignete berufliche, gesellschaftliche Positionen, Wohnortbedingungen, Freizeitbeschäftigungen verfügen. Bei der Blickfeldarbeit ist vor allem zu erreichen, daß sich die beim Anlaufen und! Verlassen Konspirativer Wohnungen und Objekte besser absichern, sowie notwendige telefonische Verbindungsaufnahmen und die Beschaffung operativ bedeutsamer Materialien richtig legendieren.

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