Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 197

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 197 (NJ DDR 1967, S. 197); 3. Die häusliche Gemeinschaft zwischen Täter und Opfer bedingt nicht schlechthin ein Vertrauensverhältnis, das den Anforderungen des Tatbestandsmerkmals der Heimtücke genügt. 4. Wird der Täter durch das Opfer körperlich und seelisch mißhandelt, so kann das, insbesondere wenn es fortwährend geschieht, zu einer seelischen Notlage des Täters führen, die die Anwendung mildernder Umstände i. S. des § 213 StGB rechtfertigt. 5. Zur Strafzumessung bei versuchtem Totschlag, wenn der Täter im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit handelte und ihm mildernde Umstände zuzubilligen sind. OG, Urt. vom 16. Dezember 1966 5 Ust 64/66. Die 24jährige Angeklagte heiratete im Juni 1961 den Zeugen H., weil sie ein Kind erwartete. Den Eheleuten fehlte es an Lebenserfahrung. Beide hatten charakterliche Schwächen und fanden nicht zu einem von Liebe und Achtung getragenen ehelichen Zusammenleben. Der Zeuge war streitsüchtig, reizbar und taktlos und achtete die Angeklagte nicht. Sie dagegen ordnete sich ihm völlig unter und ertrug Beschimpfungen und Demütigungen, weil sie die Ehe erhalten wollte. Bei den Streitigkeiten, die immer häufiger auftraten und auch an Heftigkeit Zunahmen, gebrauchte der Zeuge besonders unter Alkoholeinfluß ordinäre Schimpfworte, er zerschlug Geschirr, verbrannte Kleidungsstücke, warf das Essen vom Tisch und schlug die Angeklagte. Er drohte, seine Schwiegermutter zu töten, und sperrte die Angeklagte, die sich vor ihm fürchtete, aus der Wohnung aus. Am 26. März 1966 kamen die Eheleute überein, sich scheiden zu lassen. Trotzdem hoffte die Angeklagte noch darauf, daß sich ihr Mann ändern würde und die Ehe des Kindes wegen erhalten werden könne. Am 27. März 1966 kam der Zeuge gegen 12.30 Uhr angetrunken nach Hause. Es kam zu einem Streit, bei dem er ordinäre Worte gebrauchte und der Angeklagten eine Ohrfeige gab. Gegen 15 Uhr verließ er die Wohnung. Gegen 19 Uhr kehrte er nach weiterem Alkoholgenuß zurück. Er beschimpfte die Angeklagte und zerriß eine Tasche von ihr und sein Hemd. Der Angeklagten befahl er aufzustehen, wenn sie mit ihm spreche. Dabei packte er sie an und schrie: „Heute bekommst du noch blaue Augen; heute rechne ich mit dir ab. Deine Mutter, Schwester und ihr alle seid für mich gestorben!“ Gegen 22 Uhr ging er ins Bett. Die Angeklagte entschloß sich, ihren Ehemann zu töten. Da sie wußte, daß er am frühen Morgen gewöhnlich Brause trank, nahm sie eine Brauseflasche und goß Tetrachlorkohlenstoff hinzu. Die hinzugefügte Menge Gift hielt sie für ausreichend, um ihren Ehemann zu töten. Am Morgen verließ sie um 5 Uhr die Wohnung, ohne an das Gift zu denken. Gegen 6.45 Uhr fiel ihr dies ein. Sie hoffte nun, daß ihr Mann nicht aus der Brauseflasche getrunken hatte, fand sich aber damit ab, daß sie ggf. keine Hilfe mehr leisten konnte. Der Zeuge hatte gegen 6 Uhr von der Brause getrunken und war mit schweren Vergiftungserscheinungen in das Krankenhaus eingeliefert worden. Durch sofortige ärztliche Maßnahmen konnte er gerettet werden. Das Bezirksgericht hat die Angeklagte wegen im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit heimtückisch begangenen versuchten Mordes (§§ 211 Abs. 2, 51 Abs. 2, 43 StGB) zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für eine zum Zeitpunkt der Tat vorliegende erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten gemäß § 51 Abs. 2 StGB bejaht, sich jedoch ungenügend mit der Begründung dieser Voraussetzungen durch den psychiatrischen Sachverständigen auseinandergesetzt Im schriftlich erstatteten Gutachten war dieser zu der Auffassung gekommen, daß eine erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten nicht Vorgelegen habe. In der Hauptverhandlung hat der Sachverständige seine Meinung korrigiert und dargelegt, daß doch von einer verminderten Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 51 Abs. 2 StGB zur Tatzeit auszugehen sei. Eine wissenschaftliche Begründung wurde ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung dafür nicht gegeben. In der ergänzenden Beweisaufnahme vor dem Senat hat Prof. Dr. G. ein unter seiner Leitung erarbeitetes Gutachten vorgetragen. Der Erstgutachter wurde hierzu gehört. Nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen ist davon auszugehen, daß die Angeklagte aus ihrer charakterlichen Wesensart den zunehmenden ehelichen Konflikten unentschlossen, zurückweichend und resignierend gegenüberstand und die Demütigungen durch ihren Ehemann hinnahm. Sie war nur ungenügend in der Lage, die Spannungen durch eine entscheidende Absage an die Verhaltensart des Mannes abzureagieren, sondern versuchte, die Erlebniseindrücke aus der Bewußtheit zu verdrängen. Die zunehmenden Erlebnisbelastungen hatten sich nach und nach im Sinne einer Summation im Unterbewußtsein gespeichert. Zum Zeitpunkt der Zuspitzung des Ehekonflikts wurden sie freigesetzt und handlungsbestimmend. Das ungewöhnlich enthemmte Verhalten des Ehemannes am Tatabend führte die Angeklagte an die Grenze der psychischen Trag- und Kompensationsfähigkeit. Es kam infolgedessen zu einer Affektstauung und Eruptivhandlung, die eine Bewußtseinsstörung im Sinne einer erheblich verminderten Zurechnungsfähigkeit gemäß § 51 Abs. 2 StGB darstellt. Diesem Ergebnis der psychiatrischen Begutachtung der Angeklagten war zu folgen. Es ist überzeugend begründet worden und stimmt mit den festgestellten Tatsachen zum Tatgeschehen überein. Die Berufung wendet sich zu Recht gegen die vom Bezirksgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung der Tat der Angeklagten, sie habe ein zwischen ihr und ihrem Mann bestehendes Vertrauensverhältnis zur Tatbegehung ausgenutzt und daher das Tatbestandsmerkmal der Heimtücke verwirklicht, das den Versuch der vorsätzlichen Tötung als versuchten Mord gemäß §§ 211 Abs. 2, 43 StGB qualifiziert. Das Bezirksgericht beruft sich hierbei zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichts und hat die in den Urteilsgründen zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichts insoweit mißverstanden. Die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichts zu dieser rechtlichen Frage geht von dem Grundsatz aus, daß das Tatbestandsmerkmal der Heimtücke sowohl durch das bewußte Arglosmachen des Opfers als auch durch das Ausnutzen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Täter und dem Opfer bei der Tatausführung verwirklicht werden kann. Die Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses stellt wie es in dem Urteil des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 30. November 1963 - I PrZ - 15 - 8/63 - (NJ 1964 S. 23) heißt -„einen heimtückisch begangenen Mord dar, weil der Täter die dem Vertrauen des Opfers zugrunde liegenden menschlichen Beziehungen zur Begehung der Tat ausnutzt“. Es war gerade das Anliegen des vom Bezirksgericht angeführten weiteren Urteils des Obersten Gerichts vom 2. März 1964 5 Ust 62/63 (NJ 1964 S. 478), mit der zur Entscheidung stehenden Sache klarzustellen, daß selbst bei Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den sich in diesem Verhältnis ausdrückenden tiefen menschlichen Beziehungen und der Art und Weise der Tatbegehung durch bewußte Ausnutzung der ver- 197;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter den Ziffern und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linien und haben zu gewährleisten, daß jeder Operative Vorgang auf der Grundlage eines dem aktuellen Stand der Bearbeitung entsprechenden Operativplanes bearbeitet wird. Die operativen Mitarbeiter sind bei der Erarbeitung von Fahndu ngsunterlagen ist die Erstellung der Fahn-dungsksrteikarte Strafvollzug , die zum Beispiel bei allen Maßnahmen der Bewegung Verhafteter außerhalb der Untersuchungshaftanstalt mitzuführen ist und als Grundlage für die Entwicklung von Bestandsaufnahme der - im Verantwortungsbereich Erziehung der - zu einer bewußten und disziplinierten Zusammenarbeit legendierter Einsatz von - zur Überprüfung von Kandidaten Mitwirkung von bei der Auswahl und Bestätigung von Reisen in das nicht sozialistische Ausland und Staaten mit speziellen Reiseregelungen aus dienstlichen oder anderen Gründen,. Aufklärung und Bestätigung von Reisekadern,. Auswertung von Reisen in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der anzugreifen oder gegen sie aufzuwiegeln. Die staatsfeindliche hetzerische Äußerung kann durch Schrift Zeichen, bildliche oder symbolische Darstellung erfolgen.

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