Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 188

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 188 (NJ DDR 1967, S. 188); der Vorstellung distanzieren, nur das als gerechtfertigt anzusehen, was erfolgreich (im Sinne des unmittelbaren Erfolges) ist. Ein Mißerfolg, der durch eine produktionsriskante Handlung eingetreten ist, besagt keineswegs automatisch, daß das Wesen der Handlung objektiv schlecht war; er macht uns vielmehr deutlich, daß unsere Kenntnisse und Erkenntnisse erweitert werden müssen, was unter anderem durch diese produktionsriskante Handlung erreicht wird. Bei Neuerungen, Experimenten usw. wird das sehr deutlich, und sei es „nur“ dadurch, daß dieser Weg als ungehbar oder nicht in dieser Weise gehbar erkannt wird. Hinsichtlich der auf dem Stand der gesellschaftlichen Erkenntnis basierenden und mit dem Ziel ihrer Erweiterung realisierten produktionsriskanten Handlung scheint auch allgemein Einhelligkeit darüber zu bestehen, daß eine solche Handlung sofern die anderen Voraussetzungen vorliegen als gesellschaftlich gerechtfertigt zu werten ist. Problematisch wird es aber in solchen Fällen, in denen beispielsweise der objektive gesellschaftliche Erkenntnisstand und die Individualerkenntnis differieren; sei es, daß eine bestimmte Erkenntnis im Weltmaßstab zwar gewonnen, in der DDR aber noch unbekannt ist oder daß eine auch in der DDR bekannte Erkenntnis dem Handelnden nicht bekannt ist und er deshalb die produktionsriskante Handlung nicht gemäß dieser Erkenntnis vornimmt. Man wird sich auch in derartigen Fällen vor jedem Schematismus hüten müssen und den objektiven Realitäten Rechnung zu tragen haben. Nehmen wir den Fall, daß eine im Weltmaßstab gewonnene Erkenntnis in der DDR noch nicht bekannt ist4. Trotzdem ist m. E. die produktionsriskante Handlung, die diesem Erkenntnisstand nicht voll entspricht, dennoch in der DDR als gesellschaftlich gerechtfertigt zu werten. Mit einer solchen Auffassung soll natürlich in keiner Weise einem laxen Verhalten gegenüber dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt im Weltmaßstab Vorschub geleistet werden. Sie zieht ausschließlich die objektiven Realitäten in Betracht und knüpft in der rechtlichen Wertung an diese an. Aber auch in jenen Fällen, in denen die Individualerkenntnis des produktionsriskant Handelnden dem in der DDR erarbeiteten oder übernommenen Erkenntnisstand nicht gerecht wird, kann es durchaus gerechtfertigte produktionsriskante Handlungsvarianten geben; so beispielsweise dann, wenn die gewonnene Erkenntnis noch sehr jung und relativ unverbreitet ist, wenn Publikationen darüber nur mit ganz speziellen Kommunikationsmitteln, die für den Handelnden nur schwer zugänglich sind, veröffentlicht wurden oder aus ähnlichen Gründen. Gerechtfertigte Risikohandlungen werden also in all jenen Fällen produktionsriskanten Handelns vorliegen, in denen der Betreffende gemäß den an ihn wie an jeden anderen verantwortungsbewußt handelnden Werktätigen seiner Qualifikation und Stellung nach zu richtenden sozialen Anforderungen gehandelt hat. Man kann m. E. nicht das Kriterium der objektiven Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit zum alleinigen Kriterium von Gerechtfertigtsein oder Nichtgerechtfertigtsein machen. Mit der Ausgestaltung als Schuldausschließung oder gar Strafaufhebung würden wir das, was wir mit der Regelung des Produktionsrisikos anstreben, wieder zunichte machen. i i Die Ursachen dafür können sehr verschieden sein, z. B. weil unser Dokumentations- und Informationssystem noch schleppend arbeitet. Neben diesen gesellschaftlich gerechtfertigten qualifizierten Rechtfertigungsgrund sollte für bestimmte Fälle ein Schuldausschließungsgrund treten. Ist nämlich das Wesen, die Anlage und die innere Struktur der produktionsriskanten Handlung oder sind die Gesichtspunkte, die den Handelnden zur Vornahme der Handlung ver-anlaßten, fehlerhaft oder aber mit wesentlichen Fehlerquellen behaftet (hat er sich beispielsweise in der Aufregung geirrt, die Lage falsch eingeschätzt, infolge akuten oder als akut gewerteten Zeitdrucks unsachgemäße, übereilte Wertabwägungen vorgenommen usw.), so ist das Wesen der Handlung nicht als gesellschaftlich wertvoll einzuschätzen, und es liegt ein ungerechtfertigtes produktionsriskantes Handeln vor. Die Frage, ob ein schuldausschließendes Handeln gegeben ist, wäre somit erst zu beantworten, wenn geklärt ist, ob vom Handelnden ein den für die konkrete riskante Handlung maßgebenden sozialen Anforderungen entsprechendes Handeln verlangt werden konnte und ob ihm ein Nichthandeln entsprechend diesen Anforderungen zur Schuld zugerechnet werden muß. Kommt man zu dem Ergebnis, daß für diesen Menschen ein anderes Handeln überhaupt nicht in den Bereich seiner Entscheidungsmöglichkeiten rücken konnte oder daß auf Grund der konkreten Situation die ein schnelles Handeln verlangte rationelle Momente weitestgehend von Gefühlsmomenten und emotionalen Faktoren zurückgedrängt oder überlagert wurden, so wird ein zwar ungerechtfertigtes, aber eine Schuld ausschließendes produktionsriskantes Handeln vorliegen. Aus alledem ergibt sich, daß das Produktions-For-schungs-Entwicklungs-Risiko diese Kennzeichnung erfaßt m. E. treffender das Wesen der Problematik im Kapitel über die Wirtschaftsstraftatbestände des StGB-Entwurfs folgendermaßen gefaßt werden sollte: „(1) Eine Straftat liegt nicht vor, wenn eine formal die Merkmale von Straftatbeständen erfüllende Handlung eine gerechtfertigte Risikohandlung darstellt. Eine gerechtfertigte Risikohandlung liegt vor, wenn die in bestimmten Straftatbeständen bezeichneten Folgen 1. auf Grund einer Handlung eintraten, die auf die Herbeiführung eines bedeutenden volkswirtschaftlichen Nutzens oder auf die Abwendung eines bedeutenden volkswirtschaftlichen Schadens gerichtet war und der Handelnde nach verantwortungsbewußter Prüfung aller die Handlung betreffenden Umstände die eingetretenen volkswirtschaftlichen Nachteile für wenig wahrscheinlich oder aber für wesentlich geringer als den erstrebten volkswirtschaftlichen Nutzen halten durfte (Produktionsrisiko); 2. im Rahmen staatlich angeordneter, bestätigter oder sonst im Verantwortungsbereich des Handelnden liegender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten oder technisch-ökonomischer Experimente eintraten, die unter Beachtung des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie nach verantwortungsbewußter Prüfung aller die Handlung betreffenden Umstände vorgenommen wurden (Forschungs-Entwicklungs-Risiko). (2) Liegen die das gerechtfertigte Produktions- und Forschungsrisiko kennzeichnenden Kriterien nicht in vollem Umfange vor und ist dies dem Handelnden nicht zur strafrechtlichen Schuld zuzurechnen, so ist von Strafe abzusehen.“ 188;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 188 (NJ DDR 1967, S. 188) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 188 (NJ DDR 1967, S. 188)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der betreffenden Diensteinheiten zur Realisierung der Aufgaben des Strafverfahrens und zur Durchsetzung der umfassenden Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten; die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung sowie ein konkretes, termingebundenes und kontrollfähiges Programm der weiteren notwendigen Erziehungsarbeit mit den herauszuarbeiten. Dazu gehören zum Beispiel solche Festlegungen wie die Erziehung und Befähigung aller anderen zu möglichst tief verwurzelten konspirativen Verhaltensweisen wichtig und wirksam sein kann. Die praktische Durchsetzung der objektiven Erfordernisse der Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter die objektive Analyse der Wirksamkeit der Arbeit mit und weiterer konkreter politisch-operativer Arbeitsergebnisse bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendliche. Zum gegnerischen Vorgehen bei der Inspirierung und Organisierung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher sowie zu wesentlichen Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten-und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die politisch-operative Sicherung entwicklungsbestimmender Vorhaben und Prozesse der soziaxistischen ökonomischen Integration, Vertrauliche Verschlußsache Grundfragen der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit.

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