Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 184

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 184 (NJ DDR 1967, S. 184); Funktion ganzer Abteilungen, Betriebsteile oder Betriebe abhängt. „Besondere Pflichten“ würden demnach solche Personen zu erfüllen haben, die z. B. in der Meßwarte eines Chemiebetriebes, am Steuerpult eines Großkraftwerkes, in der Leitstelle einer Taktstraße oder ähnlichen Funktions- und Verantwortungsbereichen mit bestimmten Aufgaben betraut sind. Die dritte Gruppe ist charakterisiert durch das Bestreben des Schadenverursachers, im vermeintlich gesellschaftlichen Interesse zu handeln und dabei Pflichten verletzen zu können bzw. zu müssen. Der Schadenverursacher handelt in diesen Fällen ganz uneigennützig; er verfolgt keine egoistischen (auch nicht betriebsegoistische) Ziele. Seine Handlungen sind situationsgebunden und werden maßgeblich von solchen Verhaltensmaximen wie Hilfsbereitschaft, selbstlosem Einsatz bei der Überwindung bestimmter Schwierigkeiten in der Produktion u. ä. beeinflußt, ohne daß dabei eine Risikosituation gegeben ist. Folgendes Beispiel ist hierfür typisch: In einem VEB hatte ein Arbeiter einer Stanzerei eine Funktionsstörung an seiner Presse. Da der für ihn zuständige Einrichter nicht anwesend war, bat er den Einrichter der Nachbarabteilung, seine Presse zu überprüfen. Obwohl dieser nicht für die betreffende Abteilung zuständig war, fühlte er sich zur Hilfe verpflichtet. Weil er jedoch die Presse nicht genau kannte, unterlief ihm bei der Einstellung ein Fehler, und die Presse wurde beschädigt. Der Einrichter ist ein sonst verantwortungsbewußt handelnder und stets einsatz- und hilfsbereiter Arbeiter. Die Strafrechtsverletzer dieser Gruppe sind meistens Bürger, die langjährig demselben Betrieb angehören imd sich in ihrer Arbeit sowie im gesellschaftlichen Leben Verdienste erworben haben. Die Verletzung von Pflichten im Umgang mit der Technik ist bei ihnen oftmals ein Rudiment aus der Zeit des Aufbaus unserer Betriebe, als der Produktionsprozeß mit einer häufig veralteten Technik und vorrangig durch manuelle Arbeit gestaltet wurde. Was damals aus der Not der Lage heraus „organisiert“ und „improvisiert“ werden mußte, hat sich als „Möglichkeit der Überwindung bestimmter Schwierigkeiten“ erhalten und wirkt unter den heute veränderten gesellschaftlichen Bedingungen negativ. Diese Pflichtverletzungen müssen in erster Linie im Prozeß der kollektiven gesellschaftlichen Erziehung am Arbeitsplatz beseitigt werden. Nicht das Strafrecht, sondern die zielstrebige Durchsetzung des neuen ökonomischen Systems, speziell die richtige Anwendung materieller Stimuli, der sozialistische Wettbewerb und die Bewegung zur Erringung des Ehrentitels einer sozialistischen Brigade erweisen sich hierbei als die wirksamsten Möglichkeiten der Erziehung solcher Schadenverursacher zu einem verantwortungsbewußten, disziplinierten Verhalten im Umgang mit der Technik. Die Schadenverursacher der vierten Gruppe verletzen Sorgfaltspflichten im Umgang mit der Technik infolge Gewöhnung an das pflichtwidrige Verhalten; im Moment der schadenauslösenden Pflichtverletzung sind sie sich dessen nicht bewußt. Sie können sich z. B. an das pflichtwidrige Verhalten gewöhnt haben, ohne daß sie sich jemals bewußt zur Verletzung der Pflichten entschieden haben. Typisch dafür ist folgendes Beispiel: Eine Arbeiterin in einem VEB räumte an der von ihr bedienten Presse die Abfälle nicht rechtzeitig weg. Dadurch entstand am Stößel der Presse ein erhöhtes einseitiges Druckmoment, und bei erneutem Pressen des Bleches zerriß der Pressenbär. Es entstand ein Sachschaden von etwa 12 000 bis 16 000 MDN. Die Arbeiterin meinte dazu: „Ich habe es immer so gehandhabt, daß ich nach gewissen Zeitabständen, also nach einer An- zahl von Arbeitsgängen der Maschine, die Abfallstücke abräumte. Ich habe mich dabei nicht nach einer bestimmten Anzahl von Arbeitsgängen gerichtet, sondern man merkte es bei der Bedienung der Maschine, daß der Stößel auf den Abfallblechen aufsitzt und diese zusammendrückt. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, was passieren könnte, wenn einmal ein Stapel dieser Abfallbleche zu groß wird. Mir wurde auch von niemandem gesagt, was das für Folgen haben könnte.“ Allgemein war also der Arbeiterin bewußt, daß es erforderlich ist, die Abfälle abzuräumen. Auf Grund ungenügender Kenntnisse und Erfahrungen konnte sie aber die technischen Zusammenhänge und Vorgänge an ihrem Arbeitsplatz nicht so weit überblicken, um evtl, selbständig die einzelnen Tätigkeiten als objektiv notwendige Pflichten zur sorgsamen Behandlung der Technik zu erkennen. Deshalb machte sie sich darüber auch keine Gedanken und gewöhnte sich an ein selbst ausgedachtes, den Regeln der Sicherheit widersprechendes „System“, das ihrer Auffassung nach den Erfordernissen des Arbeitsprozesses genügte. Wenn „das Wesen strafrechtlicher Schuld in der subjektiven verantwortungslosen, pflichtwidrigen Entscheidung zu objektiv schädlichem Verhalten zu sehen ist, so muß es auch bei der kriminellen Fahrlässigkeit ein Minimum der Bewußtheit der Widersprüchlichkeit des Handelns zu den sozialen Anforderungen, die ihrer rechtlichen Natur nach Rechtspflichten sind, geben“’. Da diese Bewußtheit bei den im Beispiel genannten Pflichtverletzungen nicht gegeben ist, sollte strafrechtliche Schuld und damit strafrechtliche Verantwortlichkeit unabhängig von der verursachten Schadenhöhe ausgeschlossen sein. Bei solchen Beschädigungshandlungen geht es in erster Linie um die Verbesserung bestimmter Methoden der Wirtschaftsleitung, der Arbeit mit den Menschen, des Kadereinsatzes, der Qualifizierung und Anleitung usw. Von der bisher erörterten Art der Gewöhnung an pflichtwidriges Verhalten unterscheiden sich solche Pflichtverletzungen, die dem Schadenverursacher im Moment der Schadenverursachung zwar auch nicht bewußt sind, bei denen der Betreffende sich jedoch schon zu einem früheren Zeitpunkt verantwortungslos zur Verletzung einer bestimmten Pflicht entschied oder nicht prüfte, ob ihm möglicherweise Pflichten obliegen1 2. Hier äußert der Schadenverursacher mit seinem Verhalten subjektiv eine bewußte Widersetzlichkeit gegenüber sozialen Anforderungen, wobei das Verwerfliche seines Verhaltens in der disziplinlosen Einstellung zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten bzw. der Notwendigkeit der sorgfältigen Prüfung einer Sachlage im Umgang mit der Technik besteht, an die er sich gewöhnt hat und in deren Folge die im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten, bei pflichtgemäßem Verhalten voraussehbaren und vermeidbaren schädlichen Folgen herbeigeführt werden. In diesen Fällen wird strafrechtliche Schuld generell zu bejahen sein. Untersuchungen hierzu haben aber ergeben, daß der Gewöhnungsprozeß in den einzelnen Fällen zahlreiche individuelle Besonderheiten aufweist, die bei der Schuldprüfung zur differenzierten Wertung zwingen. Solche Praktiken wie Duldung technischer Mängel, Fehlen technischer bzw. kombinierter Sicherheitseinrichtungen oder arbeitserleichternder Vorrichtungen, unsachgemäße Einrichtung des Arbeitsplatzes u. ä. haben oft einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Gewöhnung an Pflichtwidrigkeiten, bestärken sie den Betreffenden doch mehr oder weniger in seiner verantwortungslosen Einstellung zu seinen Pflichten im Um- 1 Lekschas / Loose/ Henneberg, Verantwortung und Schuld im neuen Strafgesetzbuch, Berlin 1964, S. 133 f. 2 Vgl. Lekschas / Loose / Benneberg, a. a. O., S. 139. 184;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 184 (NJ DDR 1967, S. 184) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 184 (NJ DDR 1967, S. 184)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren in: Justiz MüIle ranowsky Willamowski Rationelle rfahrensweise und Beschleunigung des Strafverfahrens -wichtiges Anliegen der - Novelle in: Justiz Mühlbe rge Gewährleistung des Rechts auf Mitwirkung im Strafverfahren durch das Untersuchungsorgan verfolgt das Ziel, objektiv alle beund entlastenden Umstände zur Straftat gleichermaßen festzustellen und die gerechte Beurteilung der Tat und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens, die immer auch die Entscheidung einschließen muß, welche konkrete Straftat der das Ermittlungsverfahren begründendeVerdacht betrifft. Aus der Bestimmung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung der inoffiziellen Arbeit zu sichern. Deshalb muß die Überprüfung und Kontrolle zu einem ständigen Arbeitsprinzip der operativen Mitarbeiter werden und sich sowohl auf die als auch auf die neue Arbeitsstelle und die dort auszuübende Tätigkeit. Deshalb sind die Legenden dafür und die Verhaltenslinie gegenüber Außenstehenden gründlich mit den zu beraten. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Volksbildung, der Jugend, der Kirchen- und Sektentätigkeit, der Kampfgruppen, Absicherung politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte und Sicherung der örtlichen Industrie. Ihm wurden demzufolge übergeben aus dem Bereich der Zollverwaltung teil. Im Mittelpunkt des Erfahrungsaustausches standen: der erreichte Stand und die weitere Durchsetzung der vom Genossen Minister gestellten Aufgaben im Zusammenwirken, die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten.

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