Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 148

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 148 (NJ DDR 1967, S. 148); xis unserer Rechtspflegeorgane Die Gerichte verhängen bei jugendlichen Tätern zwischen 14 und 16 Jahren vorwiegend Erziehungsmaßnahmen nach dem JGG, oder die Strafverfolgungsorgane übergeben die Strafsache einem gesellschaftlichen Rechtspflegeorgan oder den Organen der Jugendhilfe zur Entscheidung9. Die vorgeschlagene Lösung des Strafmündigkeitsproblems lenkt die Praxis in eine Richtung, die notwendigerweise zu einem höheren Niveau in der gesamten staatlichen und. gesellschaftlichen Vorbeugungsarbeit führen muß; denn die Wahrnehmung und Verwirklichung der individuellen Verantwortlichkeit dieser Jugendlichen vor den genannten Organen bildet im Grunde stets einen konkreten Beitrag dazu, das in sich geschlossene System von Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen auszubauen und zu vervollkommnen, zumal es sich bei diesen Jugendlichen in immer größerem Umfange um Schüler der allgemeinbildenden Oberschule handeln wird. Der Vorschlag drängt dazu, die Volksbewegung für den Ausbau des sozialistischen Erziehungswesens mit der Bewegung zu vereinen, die sich die planmäßige Zurückdrängung disziplinwidriger, moral- und gesetzwidriger Verhaltensweisen einzelner Minderjähriger zum Ziele setzt und vordringlich um straffe Ordnung und Disziplin in Schule, Elternhaus und Freizeit bemüht ist. Zu den Aufgaben der Organe der Jugendhilfe Die Jugendhilfeorgane werden künftig über echte Straftaten Jugendlicher zu beraten und zu entscheiden haben. Sie müssen wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Erziehung der Jugendlichen zu einem gesellschaftsgemäßen Verhalten und den Schutz der sozialistischen Ordnung sowie der Rechte der Bürger zu gewährleisten. Die Jugendhilfeorgane werden damit wesentliche Funktionen erhalten, die bisher nur den Rechtspflegeorganen zustehen. Die nach geltendem Recht gemäß §§ 35, 40 JGG gegebene Möglichkeit, in allen wesentlichen Stadien des Strafverfahrens die Sache an die Organe der Jugendhilfe übergeben zu können, ist in den §§ 143, 151, 195 des StPO-Entwurfs fixiert. Die materielle Grundlage für solche Ubergabeverfügungen bildet § 25 Abs. 3 des StGB-Entwurfs, dessen Gedanken auch im § 75 StPO-Entwurf wiederkehren. Die Zusammenarbeit der Organe der Jugendhilfe mit den Rechtspflegeorganen ist nach dem StPO-Entwurf in zweierlei Hinsicht gegeben: Einmal wirken die Organe der Jugendhilfe bei der Verwirklichung gerichtlicher Maßnahmen' mit (§ 343 Abs. 4). Zum anderen werden sie eigenverantwortlich tätig, wenn ihnen eine Strafsache zur Beratung und Entscheidung übergeben wurde. Gegen die Übergabeverfügungen haben sie ein Einspruchsrecht. Es muß bei diesen Vorschlägen sorgfältig geprüft werden, ob und inwieweit die nach der Jugendhilfeverordnung vom 3. März 1966 (GBl. II S. 215) gebildeten Organe der Jugendhilfe vorbereitet sind, diese Aufgaben zu übernehmen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die in der Jugendhilfeverordnung vorgesehenen Maßnahmen und gesetzlichen Befugnisse ausreichen, damit die Organe der Jugendhilfe ihrer erhöhten Verantwortung bei der Bekämpfung von Strafrechtsverletzungen gerecht werden können. Zur Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren gegen Jugendliche Die gesellschaftliche Aufgabe, die das neue Strafrecht zu erfüllen hat, verlangt, die Mitwirkung der gesellschaftlichen Kollektive in Strafverfahren gegen Ju- 9 Vgl. hierzu Goldenbaum / Sander, „Übergabe von Jugendstrafsachen an die Organe der Jugendhilfe“, NJ 1966 S. 164 ff. gendliche weiterzuentwickeln. Der StPO-Entwurf stellt dazu in § 20 Abs. 2 folgenden Grundsatz auf: „Die Erziehungsberechtigten und die Organe der Jugendhilfe sind am gesamten Verfahren zu beteiligen. Weiterhin sollen die Schule, der Lehrbetrieb, die Jugendorganisation und andere gesellschaftliche Kräfte, die eine besondere Verantwortung für die Erziehung Jugendlicher tragen, am Verfahren beteiligt werden.“10 Die Erziehungsberechtigten sind gemäß § 72 Abs. 2 des StPO-Entwurfs bereits im Ermittlungsverfahren zu hören und haben das Recht, „gehört zu werden, Fragen und Anträge zu stellen und bei prozessualen Handlungen anwesend zu sein, soweit dieses Recht Beschuldigten und Angeklagten zusteht“. Besonders ausgebaut wurde das Recht auf Verteidigung. Wird von dem Recht, einen Verteidiger zu wählen, kein Gebrauch gemacht, so ist dem Jugendlichen „in allen Strafsachen ein Verteidiger zu bestellen“. Ein möglicher Verzicht auf die Verteidigung ist für das Gericht nicht bindend (§74 des StPO-Entwurfs). Besonderheiten der Verurteilung auf Bewährung und zu Freiheitsstrafe bei Jugendlichen Von den nach dem StGB-Entwurf-für Jugendliche zulässigen Rechtsfolgen sollen noch zwei Probleme hervorgehoben werden: Große Bedeutung haben heute und auch künftig die Strafen ohne Freiheitsentzug (§§ 34 ff.). Ihre detaillierte Ausgestaltung im Entwurf läßt sichtbar werden, daß sie auch die Hauptformen der Strafen bei Jugendlichen sein werden. Hierdurch werden die erzieherischen Möglichkeiten der sozialistischen Gesellschaft unmittelbar genutzt und zugleich auch gefördert, weil gesellschaftliche Kräfte unmittelbar in den verschiedensten rechtlichen Formen bei der Verwirklichung dieser Strafen mitwirken. Der Entwurf geht auch auf die Besonderheiten der Verurteilung auf Bewährung bei Jugendlichen ein (§ 40). Die Verurteilung auf Bewährung kann bei Jugendlichen mit der Auflage verbunden sein, an Weiterbildungslehrgängen teilzunehmen oder die Schulbildung abzuschließen. Ähnlich kann die Auflage bei solchen Jugendlichen lauten, die sich in der Lehr- oder Berufsausbildung befinden. Die Sicherung dieser spezifischen Auflagen ist nach § 39 gegeben, weil die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen unter Umständen ein Grund zum Widerruf der Bewährungsstrafe sein kann. Die Freiheitsstrafe beträgt bei Jugendlichen mindestens sechs Monate und höchstens zehn Jahre (§ 43 Abs. 4). Dabei werden die Besonderheiten der jugendlichen Persönlichkeit insoweit besonders hervorgehoben, als die §§ 47 und 48 allgemeine Grundsätze über Ausgestaltung und Zielsetzung des Strafvollzugs enthalten. Es wird nicht von einer juristisch notwendigen Grenzziehung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen ausgegangen, sondern von der gesellschaftlichen Realität und den Erfahrungen der Praxis, die sich bekanntlich auch in der Kriminalstatistik widerspiegeln. Die spezifischen Erziehungsgrundsätze für den Strafvollzug an Jugendlichen gelten unter bestimmten Voraussetzungen auch für junge Erwachsene bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Unter dem Begriff „Freiheitsstrafe“ erfaßt der Entwurf in § 43 Abs. 6 eine neue, bisher unbekannte Strafart: die Haftstrafe. Sie ist in den gesetzlich festgelegten 10 Die gesetzliche Beschränkung auf den „Lehrbetrieb“ ist m. E. nicht gerechtfertigt. Auch bei solchen Jugendlichen, die aus objektiven, meist aber auch subjektiven Gründen keine Lehre eingehen, bleibt die Verantwortung' der Produktionsbetriebe, die sie nach dem Jugendgesetz haben, aufrechterhalten. Bekanntlich ist gerade der Anteil dieser Jugendlichen an der Jugendkriminalität nicht unbeachtlich (vgl. Friedrich, Staat und Jugend in der DDR, Berlin 1966, S. 158 ff.). 148;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 148 (NJ DDR 1967, S. 148) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 148 (NJ DDR 1967, S. 148)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage die notwendige Einsatzbereitschaft, Opferbereitschaft und andere wichtige Eigenschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Kampf gegen den Feind hervorbringen. Diese Erkenntnis ist durch die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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