Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 146 (NJ DDR 1967, S. 146); sich ebenfalls, daß die Straftaten wesentliche soziale Mängel oder Schwächen sichtbar werden lassen, die bei der Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu beachten sind. Die Grundsatzbestimmungen der §§ 23 bis 25 des StGB-Entwurfs orientieren daher auf die Anwendung solcher Straf- oder Erziehungsmaßnahmen, durch die unsere sozialistische Staats- und Rechtsordnung sowie die Rechte der Bürger allseitig geschützt werden und die zugleich dazu dienen, das geistige und moralische Defizit des jugendlichen Täters auszugleichen. Das Ein-stehen-Müssen vor dem Gericht, vor einem Organ der gesellschaftlichen Rechtspflege oder vor dem Jugendhilf eorgan soll bei dem jugendlichen Gesetzesverletzer die innere Aufgeschlossenheit wecken, fördern oder wachhalten, selbst an seiner Persönlichkeitsentwicklung zu arbeiten. Das ethische Grundanliegen unserer sozialistischen Gesellschaft ist, den Jugendlichen zur Einsicht in seine eigene Verantwortung zu führen und ihm dabei die notwendige gesellschaftliche Hilfe zu geben. Um die Wahrnehmung und Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei einem Jugendlichen zu einem Erlebnis werden zu lassen, sind die Rechtspflegeorgane verpflichtet, die Persönlichkeit des jugendlichen Straftäters allseitig zu analysieren und alle für seine Persönlichkeitsentwicklung wesentlichen und real existierenden Determinanten aufzudecken. Der Umfang, der gesellschaftliche Inhalt und die Zielsetzung dieser notwendigen Aufklärungsarbeit ist in § 71 des StPO-Entwurfs erfaßt6. Zum Begriff „Verantwortungsreife“ oder „Schuldfähigkeit“ Eine wesentliche Voraussetzung für die optimale Wirkung der Wahrnehmung und Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Jugendlichen ist, daß dieser im gesamten Prozeß der Persönlichkeitsentwicklung einen bestimmten Stand erreicht hat. Bei dem Jugendlichen, der zur Verantwortung gezogen werden soll, muß ein Minimum an sozialer Verhaltensdisposition vorliegen. Bei ihm muß zur Zeit der Straftat ein bestimmtes inneres Bezugsund Steuerungssystem funktionstüchtig existiert haben; erst dann liegen die Voraussetzungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit vor. Dieser im Prozeß der Persönlichkeitsentwicklung erworbene Zustand wird mit dem Begriff „Schuldfähigkeit“ oder „Verantwortungsreife“ umschrieben. Sie ist als eine subjektive Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Jugendlichen in jedem Verfahren festzustellen. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Jugendliche auf Grund des Standes seiner Persönlichkeitsentwicklung unfähig war, „sich bei seiner Entscheidung zur Tat von den hierfür geltenden Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen, oder zurechnungsunfähig ist“ (§ 24 Abs. 2). Dieser Vorschlag zur Neufassung der Schuldfähigkeit ist das Ergebnis zahlreicher Beratungen, an denen sich Wissenschaft und Praxis, Rechts Wissenschaftler, Psychologen und Psychiater beteiligt haben7. Die Neufassung entwickelt den Grundgedanken des jetzigen § 4 JGG in zweierlei Richtung weiter: Zum einen wird das Wesen der Schuldfähigkeit klarer erfaßt, indem auf das im sozialen Entwicklungsprozeß erworbene Fähigsein, sich von den Normen, Regeln und Werten e Hierdurch wird die Notwendigkeit deutlich, konkrete Untersuchungsmodelle für das Jugendstrafverfahren auszuarbeiten. Grundlage für eine solche Afbeit können u. E. die Darlegungen zur Persönlichkeitsanalyse im Strafverfahren sein. Vgl. Buchholz / Hartmanny Lekschas, a. a. O., S. 273 ff. 7 Vgl. hierzu: Die Begutachtung und Behandlung erwachsener und jugendlicher Täter, Bericht über das in. Internationale gerichtspsychiatrische Symposion, Jena 1966. der Gesellschaft leiten lassen zu können, hingewiesen wird. Zum anderen ist von vornherein das Grundverhältnis zwischen der Unzurechnungsfähigkeit (§ 14 StGB-Entwurf) und der Schuldfähigkeit klargestellt. Vielfach wurde das Verhältnis des jetzigen § 4 JGG zu § 51 StGB nur als formale Regel-Ausnahme-Beziehung betrachtet, und zwar dergestalt, daß bei Jugendlichen im Gegensatz zu Erwachsenen die fehlende Verantwortungsreife als Regel angenommen und erst positiv widerlegt werden müsse. Für eine solche Betrachtungsweise läßt die vorgeschlagene Neufassung keinen Raum. Wir können und müssen auch bei jugendlichen Gesetzesverletzern grundsätzlich davon ausgehen, daß sie durch die Gesamtheit der bewußten Erziehung und Einwirkung im sozialen Entwicklungsprozeß die Fähigkeit erwerben, sich von den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen. Diese konzeptionelle Auffassung wird durch die tägliche Praxis bewiesen. Der überwiegende Teil der Jugendlichen verfügt nicht nur über diese subjektive Möglichkeit, sich der gesellschaftlichen Relevanz seines Verhaltens bewußt zu werden und danach zu handeln. Er verwandelt diese Möglichkeit täglich in Wirklichkeit, und zwar durch gesellschaftlich nützliches Handeln in Übereinstimmung mit den Regeln des Zusammenlebens in der sozialistischen Gesellschaft. Die Bedeutung des Vorschlags in § 24 Abs. 2 liegt darin, daß die allseitige Erforschung der jugendlichen Persönlichkeit gefordert wird8. In diesem Zusammenhang sind auch die §§ 71 und 76 des StPO-Entwurfs zu beachten. Sie orientieren die Rechtspflegeorgane auf die sachkundige Aufklärung aller Umstände, die für die Erkenntnis der Schuldfähigkeit von Bedeutung sein können. Die Wahrnehmung und Realisierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher Die Schuldfähigkeit ist eine wesentliche subjektive Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Jugendlichen. Diese ist aber nur dann gegeben, wenn alle objektiven und subjektiven Umstände, die der gesetzliche Tatbestand erfordert, nachgewiesen sind. Erst in dieser untrennbaren Einheit ist es möglich, das soziale Wesen und die soziale Bedeutung der Straftat eines Jugendlichen zu bewerten. Erst auf der Grundlage einer bestimmten realen und tatbezogenen Möglichkeit, sich bei der Entscheidung zum Handeln, das den Gegenstand des Verfahrens bildet, von den hierfür geltenden Regeln der sozialistischen Gesellschaft leiten zu lassen, erwächst die Schuld des Jugendlichen. Auch die Schuld ist in ihrem sozialen Wesen grundsätzlich der Ausdruck einer verantwortungslosen oder nicht voll verantwortungsbewußten Entscheidung zu einem bestimmten gesellschaftswidrigen oder sogar gesellschaftsgefährlichen Verhalten. Hier ist jedoch ebenfalls die Besonderheit des Jugendlichen zu beachten: Zwar ist ein Widerspruch in der Hinsicht gegeben, daß der Jugendliche sich gegen die ihm real objektiv und subjektiv gegebene Möglichkeit zum gesellschaftsgemäßen Handeln entschieden hat; aber dieser Widerspruch ist in seiner Stärke und in seinem Inhalt wesentlich vom noch ablaufenden sozialen Prozeß der Verinnerlichung gesellschaftlicher Normen, Regeln und Werte abhängig. Die Beachtung dieses mit der Persönlichkeitsentwicklung zusammenhängenden Prozesses läßt erkennen, daß dieses innere 8 Vgl. Hartmann, „Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher untrennbarer Bestandteil der allseitigen Persönlichkeitserforschung“, NJ 1965 S. 476 ff. Der Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 13. Oktober 1965 zur einheitlichen Anwendung des § 4 JGG durch die Gerichte (NJ 1965 S. 711 ff.) ist m. E. mit seinen Begutachtungskriterien auch nach der sprachlichen Neufassung der Schuldfähigkeit Jugendlicher von grundsätzlicher Bedeutung. 146;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Abteilung und der Abteilung zusammenzuwirken. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Haupt- abteilungen selbständigen Abteilungen und rksverwa tungep. an den Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit einzureichen. Der Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit hat diese qe?y nach Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Sicherheit des Dienstobjektes sowie der Maßnahmen des. politisch-operativen Unter-suchungshaftVollzuges, Der Refeiatsleiter hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der getroffenen gemeinsamen Festlegungen dieser Diensteinheiten in kameradschaftlicher Weise zu gestalten. Ihre gemeinsame Verantwortung besteht darin, optimale Voraussetzungen und Bedingungen für die qualifizierte Aufklärung sämtlicher Straftaten, insbesondere der Pläne und Absichten des Gegners und die Einleitung offensiver Gegenmaßnahmen auf politischem, ideologischem oder rechtlichem Gebiet, Aufdeckung von feindlichen Kräften im Innern der deren Unwirksammachung und Bekämpfung, Feststellung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen der konkreten Straftat sowie effektiver Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Straftaten und zur Festigung Ordnung und Sicherheit im jeweiligen Bereich; zur weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Ge-Währ lei stung von Ordnung und Sicherheit, zu verbinden. Diese Probleme wurden in zentralen und dezentralisierten Dienstberatungen detailliert erläutert.

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