Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 145

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 145 (NJ DDR 1967, S. 145); glied der sozialistischen Menschengemeinschaft zu werden. Aus allen Analysen der individuellen Entwicklungsgeschichte jugendlicher Gesetzesverletzer ist zu ersehen, daß dieser soziale Prozeß des Erwerbs von Kenntnissen und Fähigkeiten, der Verinnerlichung sozialistischer Normen, Werte und Regeln des Zusammenlebens vielfach dadurch gestört ist, daß die hauptverantwortlichen Träger der Erziehung nicht genügend oder sogar überhaupt nicht Zusammenwirken und Zusammenarbeiten. Der Jugendliche, der noch stark unter dem Einfluß seiner unmittelbaren Lebensumwelt steht, der ständiger aktiver Hilfe, Unterstüzung, Anleitung und nicht zuletzt auch der Kontrolle bedarf, wird durch derartige Schwächen, Mängel oder Fehler in der sozialistischen Kooperation der Träger des Erziehungsprozesses in seiner Entwicklung zur sozialistischen Persönlichkeit gehemmt. Bei der sozialistischen Bildung und Erziehung, deren gesellschaftliche Ziele im Jugendgesetz der DDR, im Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem und nicht zuletzt auch im Familiengesetzbuch niedergelegt sind, wächst gesetzmäßig die Rolle, die den Eltern, der Schule, den Betrieben und den Jugend-und Sportorganisationen zukommt. Der Erfolg des gesamten Erziehungsprozesses hängt gesellschaftlich und auch im Einzelfall sehr wesentlich davon ab, wie es gelingt, die Erziehungsträger bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Reichweite und der ihnen zur Verfügung stehenden spezifischen Mittel und Methoden zur Erziehung des Minderjährigen zu einem organisch-zielbewußten und einheitlichen Zusammenwirken zu führen. In dieser sozialistischen Kooperation liegt die wichtigste Kraftreserve der sozialistischen Gesellschaft, um einer sozialen Fehlentwicklung und ihrer extremsten Ausdrucksform, der Straftat, vorzubeugen. Anliegen des neuen Strafrechts, das auf dieser konzeptionellen Grundlage beruht, ist es, durch seine Ausgestaltung, Anwendung und lebendige Verwirklichung auch im Einzelfall zur Herstellung der sozialistischen Kooperation im Erziehungsprozeß beizutragen. Ohne im mindesten die eigene Verantwortung und damit die Verantwortlichkeit jugendlicher Gesetzesverletzer zu negieren, geht es davon aus, daß mit der Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Jugendlichen in jedem Fall zugleich auch die sozialistische Kooperation des Erziehungsgeschehens herbeizuführen ist. Die Wirksamkeit der gegen einen Jugendlichen verhängten Strafoder Erziehungsmaßnahmen ist mit der Lösung dieser Aufgabe untrennbar verbunden. Die Neuregelung des Jugendstrafrechts ist in ihrer Einheit von materiellem Inhalt und prozessualen Formen ein nicht zu unterschätzender Beitrag, um allen Erziehern die Grundsätze einer sozialistischen Zusammenarbeit bewußt werden zu lassen. Diese Grundsätze sind: 1. Eine einheitliche Erziehungskonzeption aller unmittelbar oder mittelbar am Erziehungsprozeß beteiligten Bürger oder Kollektive. Auf dieser Basis sind konkrete Erziehungsziele festzulegen, die die altersbedingten Entwicklungsunterschiede und die persönlichen Eigenschaften des Täters bei der Aufstellung konkreter, persönlichkeitsbezogener Anforderungen berücksichtigen. 2. Ein zeitlich und räumlich koordiniertes Vorgehen und Zusammenwirken der Erzieher, und zwar auf der Grundlage eines kontinuierlichen und ständigen Austausches von Informationen über Ergebnisse und Erfahrungen des Erziehungsprozesses. 3. Die Festlegung eines funktionstüchtigen und funktionierenden Koordinators (Einzelperson, Kollektiv oder staatliches oder gesellschaftliches Organ), der die Einhaltung und Verwirklichung der vorgenannten Grundsätze organisiert, anleitet und vor allen Dingen auch kontrolliert4. Die Berücksichtigung entwicklungsbedingter Besonderheiten Jugendlicher Die Gerechtigkeit bei der Wahrnehmung und Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Jugendlichen erfordert, die „entwicklungsbedingten Besonderheiten“ eines Jugendlichen zu berücksichtigen. Sie bestehen verallgemeinert in folgenden Charakteristika: Es wächst in diesem Lebenszeitraum die Fähigkeit zur Einsicht in das Wesen gesellschaftlicher Normen und sozialer Forderungen. Es bildet sich als eine wesentliche Voraussetzung für die Selbsterziehung eine stärkere Innensteuerung des sozialen Verhaltens heraus. Der junge Mensch lernt immer stärker, sich selbst nach subjektiv erkannten Normen und Regeln zu lenken und zu steuern. Er zeigt andererseits auch eine starke Kritikbereitschaft und eine Neigung zum Zweifeln. Das labile Selbstbewußtsein ist verbunden mit zum Teil vorschneller subjektiver Verallgemeinerung erlebter Widersprüche oder Konflikte und mit stark subjektiv gefärbter Wertung und Beurteilung von Menschen und Sachverhalten. Es ist oft gekoppelt mit einem ausgeprägten Streben, diese innere Unsicherheit durch eine betonte Selbständigkeit zu kompensieren, was seinen Ausdruck auch in sozial-negativen Handlungen finden kann. Gleichzeitig zeigt sich aber auch das starke Bedürfnis, sich an Vorbilder anzulehnen und Leitbilder anzunehmen, sich aus der „Enge“ der Familie zu lösen und neue soziale Bindungen außerhalb der Familie einzugehen. Diese hier nur skizzierten „Besonderheiten“5 bestimmen mehr oder minder ausgeprägt und in verschiedenen Graden und Kombinationen sowohl das Erscheinungsbild als auch die Formen der Straftaten Jugendlicher. In bestimmtem Umfang bestimmen sie auch das materielle Wesen der kriminellen Handlungen selbst. Neben diesen „Besonderheiten“, die allgemein das Jugendalter charakterisieren, wird das Persönlichkeitsbild jugendlicher Täter noch dadurch gekennzeichnet, daß es sich um solche Jugendlichen handelt, die überwiegend auf einem niedrigen Bildungs- und Kulturniveau stehen. Ihre weltanschauliche und moralische Haltung ist wenig ausgeprägt. Ihre geistigen und kulturellen Interessen sind vielfach einseitig und meist unmittelbar auf für sie nutzbare materielle Güter oder Dinge gerichtet. Ihre eigenen Zukunfts- oder Idealoder Idolvorstellungen werden durch verhältnismäßig primitiv sinnliche und einseitige Interessen gekennzeichnet. Im Grunde überwiegt eine engstirnig pragmatische Position, die sie gegenüber den sozialen Anforderungen an ihre eigene soziale Entwicklung einnehmen. Sie haben eine ungefestigte oder in Einzelfällen sogar beinahe verfestigte negative Haltung gegenüber den sozialen Pflichten, die dem jungen Menschen in der sozialistischen Menschengemeinschaft obliegen. Mißerfolge in der Schule oder in der beruflichen Ausbildung stehen oft in enger Wechselwirkung mit einer nicht entwickelten oder sehr unvollkommen entwickelten Lern- und Arbeitshaltung. Unter diesem Aspekt der Persönlichkeitseigenschaften eines jugendlichen Täters von sozialer Bedeutung zeigt Es wurde versucht, die Grundsätze der sozialistischen Kooperation zu formalisieren, um dadurch ein anschauliches Denk-und zugleich auch Untersuchungsmodell zu gewinnen, das in jedem Verfahren Hilfe und Anleitung sein kann. Vgl. Hartmann, „Aufgaben der Jugendkriminologie in der DDR“, Staat und Recht 1966, Heft 6, S. 982 f. 5 Vgl. Fröhlich, „Altersbesonderheiten Jugendlicher und Kriminalität“, Forum der Kriminalistik 1966, Heft 12, S. 43 fl., und 1967, Heft 1, S. 14 fl. 145;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 145 (NJ DDR 1967, S. 145) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 145 (NJ DDR 1967, S. 145)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter sind noch besser dazu zu befähigen, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit erkennbar. Maßnahmen der Vorbeugung im Sinne der Verhütung und Verhinderung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist überhaupt nur zu verstehen, wenn von der Komplexität und außerordentlichen Widersprüchlich-keit der gesamten Lebensbedingungen der gegenwärtig existierenden Menschen im Sozialismus ausgegangen wird.

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