Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 144

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 144 (NJ DDR 1967, S. 144); Öffentlichkeit und den Richtern suggerieren wollen, daß alles, was sie angerichtet und verbrochen haben, nicht auf eigene, seltostverantwortliche Entscheidung zurückging, sondern gewissermaßen durch den deus ex machina, der da Hitler oder Notwendigkeit des Krieges hieß, vorentschieden und damit vorgegeben war. Selbst Verbrecher wie Eichmann waren bereit, das objektive Unrecht, das sie begangen hatten, anzuerkennen, und fanden sogar wohl- und hohltönende Phrasen dafür, daß sie für die objektive Verwirklichung solcher Verbrechen den Tod verdient hätten. In dem Moment aber, da es an ihre eigene Schuld ging, da sie anerkennen sollten, daß ihre Untaten Ergebnis eigener Entscheidungen waren, erfanden sie Ausreden über Ausreden. Sie alle wollten nur kleine, unverantwortliche Rädchen in einem großen Getriebe gewesen sein. Vielleicht können wir hieran besser als an sog. Grenzfällen erkennen, welche Durchschlagskraft hinter diesem keineswegs nur psychologisch, sondern ebenso auch philosophisch und politisch-moralisch geprägten Begriff der Entscheidung als Grundbegriff der Schuld steckt. Leider werden wir, da unser Sprachschatz nie so reich ist wie die Wirklichkeit, mit den verwendeten Worten immer an die Grenzen der Ausdruckskraft gebracht. Der Begriff „Entscheidung“ assoziiert ebenso manche unrichtige Vorstellung wie der Begriff „Steuerung“, obwohl die moderne Steuerungs- und Regeltechnik damit schon neue Vorstellungsweiten wie den der Kopplung und Rückkopplung hervorruft. Dennoch sind die Worte recht unzulänglich, weil sie doch anknüpfen an Vorstellungen von Schiffen, Pferden, Wagen oder Eisenbahnzügen, die man steuern oder koppeln kann. Unser Begriff der Schuld, den wir bestimmen wollten und der jetzt in der Fassung des § 4 S1)GB-Entwurf vorliegt, muß sich gegen alte Vorstellungen von Rache und Sühne, gegen kausalmechanische Interpretation und Mißverständnis wehren. Es scheint vielleicht manchem so, als wäre es angesichts so vieler Mißverständnisse besser, keinen Schuldbegriff, keinen Vorsatzbegriff und keinen Fahrlässigkeitsbegriff, sondern nur Intuition zu haben, um allen Varianten gerecht werden zu können. Es dürfte jedoch eine große Frage sein, ob ein Gesetzbuch nach dem Motto verfahren darf: Wer gar nichts bringt, wird jedem etwas bringen. Die Entscheidung über die hier erörterten Standpunkte liegt nunmehr in der Diskussion und schließlich beim Gesetzgeber selbst, den wir mit unseren Vorschlägen nur beraten wollten. Prof. Dr. habil. RICHARD HARTMANN, Institut für Strafrecht an der Humboldt-Universität Berlin Das künftige Jugendstrafrecht In den Entwürfen des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung wurde der seit langem geforderten Vereinigung des Jugendstrafrechts mit dem allgemeinen Strafrecht entsprochen1. Es hat sich erwiesen, daß die Prinzipien des sozialistischen Jugendstrafrechts, wie sie im Jugendgerichtsgesetz vom 23. Mai 1952 niedergelegt sind, allgemeine Prinzipien des gesamten Strafrechts der sozialistischen Gesellschaft sind. Die Enwürfe verallgemeinern die Erfahrungen, die bei der Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes gemacht wurden. Zugleich werden neue gesetzliche Lösungen vorgeschlagen, die den gegebenen und sich abzeichnenden Möglichkeiten der sozialistischen Gesellschaft entsprechen, Straftaten Jugendlicher zu bekämpfen. Mit der Aufhebung der bisherigen gesetzessystematischen Verselbständigung des Jugendstrafrechts ist aber zugleich auch eine stärkere Betonung der Besonderheiten verbunden, die bei jugendlichen Rechtsverletzern zu beachten sind. Im 3. Kaipitel des Allgemeinen Teils des StGB-Entwurfs wird der gesellschaftliche Erziehungsauftrag, den das sozialistische Strafrecht gegenüber dem jugendlichen Straftäter zu erfüllen hat, formuliert ( § 23 Abs. 2): „Bei der Verwirklichung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher geht das sozialistische Strafrecht davon aus, daß ihre entwicklungsbedingten Besonderheiten berücksichtigt und Maßnahmen eingeleitet werden, die die Erziehungsverhältnisse des Jugendlichen positiv beeinflussen und den Prozeß der sozialistischen Persönlichkeitsentwicklung des Jugendlichen und sein Hineinwachsen in die gesellschaftliche Verantwortung wirksam unterstützen.“ Die Notwendigkeit der sozialistischen Kooperation bei der Erziehung Jugendlicher Mit § 23 des Entwurfs wird die in Art. 2 statuierte Aufgabe der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für ju- 1 Die Aussprache hierüber wurde eingeleitet durch Lekschas / Fräbel, „Bedarf die Regelurfg des Strafverfahrens gegen Jugendliche einer Veränderung?“, NJ 1959 S. 341 ff.; vgl. auch Grathenauer, Die Überwindung der Sonderstellung des Jugendstrafrechts, in: Beiträge zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, Berlin 1961, S. 80 S. gendliche Täter ergänzt und konkretisiert. Sie beruht auf zahlreichen kriminologischen Analysen, die von Praxis und Wissenschaft gemeinsam angefertigt wurden, um tiefer in die objektiven und subjektiven Bedingungskomplexe einzudringen, die bei der Entstehung krimineller Handlungen Jugendlicher mehr oder minder entscheidend mitgewirkt haben2. Solche Analysen haben immer wieder den Nachweis erbracht, daß bei Jugendlichen, die wegen Straftaten zur Verantwortung gezogen werden mußten, überwiegend Mängel oder sogar Fehler in der Erziehung vorliegen. Diese Mängel, Schwächen oder Fehler sind in den unmittelbaren Lebensbereichen und Lebensbeziehungen nachweisbar, die für die Persönlichkeitsentwicklung eine große Bedeutung haben und von denen das Kind oder der Jugendliche noch sehr starke und vielfach auch unmittelbare Anregungen für das eigene soziale Handeln erhält. Widersprüche in der erzieherischen Einwirkung im weitesten Sinne führen oft zu solchen Verhaltensreaktionen des Minderjährigen, die in krassem Gegensatz zu grundsätzlichen Erziehungserwartungen und zu den sozialen Anforderungen an den jungen Menschen in der sozialistischen Gesellschaft stehen oder stehen können. Das neue Strafrecht versteht unter Jugendalter den Lebenszeitraum zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr (§ 24 Abs. 1). Dieser Lebensabschnitt ist wie die Jugendforschung herausgearbeitet hat3 unter anderem dadurch gekennzeichnet, daß der junge Mensch sich noch in einem Prozeß des sozialen Werdens befindet. Durch Bildung und Erziehung, die zum Teil fest institutionalisiert sind, wird er auf das Leben in der sozialistischen Gesellschaft vorbereitet. Der junge Mensch eignet sich durch Erziehungsanforderungen und aktive Auseinandersetzung mit diesen die notwendigen Kenntnisse und 'Fähigkeiten an, um ein vollwertiges Mit- 2 zu den Arbeiten, die sich mit den Problemen der Jugendkriminalität befassen, vgl. die Bibliographie in: Buchholz / Hartmann / Lekschas, Sozialistische Kriminologie, Berlin 1966, S. 303 ff. 3 Vgl. Friedrich / Kossakowski, Zur Psychologie des Jugendalters, Berlin 1962; Kossakowski, Über die psychischen Veränderungen in der Pubertät, Berlin 1965. 144;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 144 (NJ DDR 1967, S. 144) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 144 (NJ DDR 1967, S. 144)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen die vielfältigen spontan-anarchischen Wirkungen eine wesentliche Rolle spielen, die von der Existenz des Impsrialismus ausgehen. Die spontan-anarchischen Einflüsse wirken mit der politisch-ideologischen Diversion und feindlichen Kontaktpolitik Kon-takttätigkeit gegen Angehörige Staatssicherheit im allgemeinen und gegen Mitarbeiter des Untersuchungshaftvollzuges des Ministeriums Staatssicherheit im besonderen sei ten Personen rSinhaftier- BeauftragiigdrivÄge Muren mit dem Ziel, die Angehörigen der Linie zu unüberlegten Handlungen, insbesondere zur Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, zu provozieren, um diese Handlungsweisen in die politisch-ideologische Diversion des Gegners gegen die Sicherheitsorgane der ist es für uns unumgänglich, die Gesetze der strikt einzuhalten, jederzeit im Ermittlungsverfahren Objektivität walten zu lassen und auch unserer Verantwortung bei der Sicherung des Friedens, der Erhöhung der internationalen Autorität der sowie bei der allseitigen Stärkung des Sozialismus in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat erfährt. Die sozialistische Gesetzlichkeit ist bei der Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche und Bearbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte, genutzt werden. Dabei ist stets auch den Erfordernissen, die sich aus den Zielstellungen für die Vorgangs- und personenhezögeheyArbeit im und nach dem Operationsgebiet Die wirkunggy; punkten vorhatnäi unter ekampfung der subversiven Tätigkeit an ihren Ausgangs-ntensive Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der ist ständig von der Einheit der Erfordernisse auszugehen, die sich sowohl aus den Zielstellungen für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet. Derartige Aufgabenstellungen können entsprechend der Spezifik des Ziels der sowohl einzeln als auch im Komplex von Bedeutung sein.

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