Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 83

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 83 (NJ DDR 1966, S. 83); s Zusammenhang wandte sich Woltschkow gegen eine Verjährung von Nazi- und Kriegsverbrechen. In welcher Weise das Nürnberger Urteil und die ihm zugrunde liegenden internationalen Rechtsakte ihren Niederschlag in der innerstaatlichen Gesetzgebung finden, legten Rechtsanwältin Buch (Brüssel) am Beispiel eines belgischen Entwurfs gegen die Rassendiskriminierung und Prof. Dr. N e n o w (Sofia) am Beispiel des bulgarischen Gesetzes zum Schutze des Friedens und des Entwurfs des neuen bulgarischen Strafgesetzbuchs dar. Nenow forderte die demokratischen Juristen der ganzen Welt auf, dafür einzutreten, daß alle Staaten in ihrer Gesetzgebung die strafrechtliche Ahndung der Verbrechen gegen den Frieden sowie der Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen normieren, wie sie im IMT-Statut, im Genocid-Abkommen und in anderen internationalen Abkommen sowie in Resolutionen der UN-Menschenrechtskommission herausgearbeitet worden sind. Prof. Dr. K a d a r (Budapest) unterstrich, daß diese Verbrechen gegen die Rechtsordnung der ganzen Welt gerichtet sind und daß deshalb ein Weg gefunden werden müsse, um Kriegsverbrecher jederzeit für jedes in jedem Ort begangene Verbrechen in jedem Staate strafrechtlich zur Verantwortung ziehen zu können. Zur Problematik einer Verjährung von Kriegsverbrechen äußerte sich Prof. Dr. Renneberg (Potsdam-Babelsberg) und setzte sich dabei insbesondere mit den Bestrebungen der westdeutschen Bundesregierung auseinander, die Nazi-Verbrechen mit Ablauf des Jahres 1969 als verjährt zu betrachten. Er warnte nachdrücklich davor, das Rechtsinstitut der Verjährung zu mißbrauchen und mit dem Schein des Rechts erneut größtes Unrecht zu begehen. Der Sinn dieses Rechtsinstituts bestehe darin, daß die Verjährung eine besondere rechtliche Form der Bewältigung von Verbrechen ist, die unter anderem einschließt, daß die Strafverfolgungsorgane alle Maßnahmen getroffen haben, um die Aufklärung und gerechte Bestrafung dieser Verbrechen zu gewährleisten. Es gehe bei der Verjährung also keineswegs um einen bloßen Fristablauf. Das Völkerrecht kenne keine Verjährung der Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit; zur Bewältigung dieser Verbrechen sehe das Völkerrecht vielmehr vor und dieser Weg ist für Deutschland im Potsdamer Abkommen festgelegt , Faschismus und Militarismus auszurotten und die demokratische Erneuerung des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens zu gewährleisten. Gegen Rennebergs Darlegungen wandte sich Rechtsanwalt Burger (Mündien) aus der Sicht eines Strafverteidigers. Indem er sich ausdrücklich von faschistischen Massenmördern wie Eichmann und den Angeklagten des Auschwitz-Prozesses abgrenzte, betonte Burger, daß es doch bei einer Vielzahl von Verbrechen aus der Zeit des Naziregimes nicht möglich sein dürfte, nach so langer Zeit noch klare Beweise und Gegenbeweise für Schuld oder Nichtschuld ehemaliger Nazis zu erbringen. Der Sinn der Verjährung bestehe deshalb darin, zu verhindern, daßy nach 20 und mehr Jahren Menschen zu hohen Strafen verurteilt werden, ohne daß ihre Schuld eindeutig nachgewiesen werden könne. Diesem Beweisnotstand trügen die Verjährungsbestimmungen des innerstaatlichen Strafrechts Rechnung, und sie dürften deshalb nicht mehr oder weniger aus Zweckmäßigkeitsgründen beseitigt werden. Die Ausführungen Burgers stießen begreiflicherweise auf Widerspruch. So wies Dr. A g n o 1 e 11 i (Florenz) mit Nachdruck darauf hin, daß die Verjährung der Nazi-Verbrechen moralisch und politisch unmöglich sei, selbst wenn das in der Bundesrepublik rechtlich auf gewisse Schwierigkeiten stoßen sollte. Der Ge- danke, daß nach der von der Bundesrepublik beabsichtigten Verjährung Kriegsverbrecher nach Deutschland zurückkehren und sich engagieren könnten und niemand gegen sie einzuschreiten vermöchte, sei unerträglich. Die Völker, die den Faschismus in Deutschland besiegt haben, müßten sich auch für eine konsequente Bestrafung der Nazi- und Kriegsverbrechen einsetzen. Dem Einwand Burgers, die Schuld der Nazi- und Kriegsverbrecher ließe sich nach so langer Zeit nicht mehr eindeutig beweisen, hielt Prof. Dr. S a w i c k i (Warschau) entgegen, daß diese Verbrechen wie die Tatsachen aus vielen Prozessen zeigten gerade durch den Ablauf der Geschichte exakt zu beweisen seien. Man dürfe aber nicht übersehen, daß das beste Recht zum Unrecht wird, wenn es von gewissenlosen Richtern gehandhabt wird, daß der fundamentalste Rechtssatz ad absurdum geführt wird, wenn er in eklatanter Weise mißbraucht wird und wenn nicht alle Möglichkeiten, Beweise zu erbringen und zu würdigen, genutzt werden. Deshalb müsse den Angriffen auf die Nürnberger Prinzipien in Westdeutschland energisch entgegengetreten werden. Auch Prof. Dr. Renneberg legte in seiner Replik dar, daß in Westdeutschland bis heute nicht genügend wirksame Maßnahmen zur Verfolgung und Bestrafung der Nazi- und Kriegsverbrecher ergriffen wurden und daß die Hauptschuldigen ungestraft zum Teil bereits wieder in Amt und Würden sind. Ihre Schuld ließe sich auch heute noch genau beweisen, denn sie haben ihre Verbrechen mit einer Sorgfalt aktenkundig gemacht, die ihresgleichen sucht. Rechtsanwalt Dr. Rabofsky (Wien) machte darauf aufmerksam, daß gewisse intellektuelle Urheber der Nazibarbarei auch in Österreich wohl vielfach bekannt seien, aber immer seltener unter Anklage gestellt würden. Verbrechen vom Umfang der Nazi- und Kriegsverbrechen hätten nicht ohne Unterstützung durch faschistische Wissenschaftler, z. B. die sog. Rassentheoretiker, durchgeführt werden können. Dennoch würden heute viele Hochschullehrer, die mit ihrer ganzen wissenschaftlichen Autorität zur Vernichtung menschlichen Lebens beigetragen haben und deren Schuld eindeutig nachzuweisen ist, oftmals nicht zur Verantwortung gezogen. Die Bedeutung der Grundsatzerklärung des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands vom 13. März 1963 hob der westdeutsche Publizist Henkys hervor. Der Rat der EKD stehe auf dem Standpunkt, daß an der persönlichen Verantwortlichkeit jeder zurechnungsfähigen Person, an der erhöhten Verantwortlichkeit jedes mit Befehlsgewalt über andere ausgeslatteten Menschen festgehalten werden müsse und daß es an der Zeit sei, das Ausmaß der in der Nazizeit mit staatlichen Gewaltmitteln geplanten, befohlenen und unbeschreiblich grausam ausgeführten Massenverbrechen endlich zur Kenntnis zu nehmen und sich dieser Vergangenheit zu stellen, anstatt die Erinnerung daran zu verdrängen und jede Mitverantwortung dafür zu leugnen. * In seinem Schlußwort faßte Prof. Dr. Steiniger die Hauptergebnisse der Konferenz wie folgt zusammen: 1. In Nürnberg wurde die über Jahre und Jahrzehnte entwickelte, allgemein anerkannte, bindende Rechtsregel praktiziert, daß der Angriffskrieg kraft internationalen Rechts das größte Verbrechen ist. 2. Der Nürnberger Prozeß war ein Strafprozeß, ein Prozeß über konkrete Taten und konkrete Schuld bestimmter Angeklagter. Die Aggression war für diese Angeklagten Staatsdoktrin, und die Schuldfeststellung hinsichtlich der von ihnen begangenen Verbrechen war 83;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 83 (NJ DDR 1966, S. 83) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 83 (NJ DDR 1966, S. 83)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

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