Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 77

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 77 (NJ DDR 1966, S. 77); rufungsfrist, die darauf zurückzuführen ist, daß ein innerhalb dieser Frist eingereichtes Gesuch um einstweilige Kostenbefreiung erst nach ihrem Ablauf be-schieden wird, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 Abs. 1 ZPO begründet. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt allerdings einen darauf gerichteten Antrag voraus, der in dem entschiedenen Fall nicht gestellt worden war. Das Oberste Gericht hatte deshalb in diesem Verfahren zu entscheiden, ob das Bezirksgericht verpflichtet war, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zur fristgemäßen Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung zu veranlassen. Diese Hinweispflicht wurde bejaht. Sie wird aus den Grundsätzen des Rechtspflegeerlasses und aus § 139 ZPO abgeleitet. Das Oberste Gericht stellt fest* daß das Bezirksgericht die Berufung nicht hätte verwerfen dürfen, ohne zuvor die vorhandenen Möglichkeiten, an den Rechtsanwalt zu schreiben oder ihn telefonisch auf die Stellung des Antrags hinzuweisen, ausgeschöpft zu haben. Die dem Gericht gemäß § 139 ZPO obliegende Be-lehrungs- und Hinweispflicht besteht für den gesamten Zivilprozeß. Dieser bereits mehrfach ausgesprochene Grundsatz wurde erneut ausdrücklich unterstrichen2. Wäre das Bezirksgericht seiner Belehrungs- und Hinweispflicht nachgekommen, dann hätten auch die Voraussetzungen für eine sachliche Entscheidung geschaffen werden können. Aus diesen Rechtsgrundsätzen und seiner zur Anwendung des § 231 Abs. 1 ZPO getroffenen Entscheidung3 zog der 2. Zivilsenat des Obersten Gerichts den Schluß, daß in den Fällen, in denen die Entscheidung des Instanzgerichts wegen Verletzung der Hinweispflicht im Kassationsverfahren aufgehoben wird, als Folge der Kassationswirkung die unterlassene Prozeßhandlung (hier: der Wiedereinaetzungsantrag) als ausgeführt gilt. Die Belehrungs- und Hinweispflicht besteht allerdings nur dann, wenn der Mangel der Prozeßhandlung für das Gericht ohne weiteres ersichtlich ist und für die Partei die Möglichkeit besteht, ihm nach entsprechendem Hinweis durch das Gericht abzuhelfen4. Diese Entscheidung enthebt die Parteien und insbesondere die sie vertretenden Anwälte jedoch nicht der Pflicht, die Einhaltung der für ihre Prozeßhandlung geltenden Fristen selbst zu überwachen. Verwerfung der Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit Eine Überprüfung der Verfahren, in denen gemäß § 41 AnglVO die Berufungen wegen offensichtlicher Unbegründetheit durch Beschluß verworfen wurden, hat gleichfalls Mängel ergeben. So wurden teilweise Berufungen als offensichtlich unbegründet verworfen* obwohl die Berufungskläger in ihren Berufungsschriften in erster Instanz nicht erhobene rechtserhebliche Beweise erneut angeboten hatten oder die Berufungen neues Vorbringen und neue Beweisanträge enthielten, die das Berufungsgericht bei richtiger Prüfung gemäß § 529 ZPO hätte zulassen müssen. Davon sind insbesondere Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung von Unterhalt betroffen. Diese Mängel gilt es durch eine sorgfältigere Arbeitsweise zu überwinden, zumal von der Möglichkeit, eine Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit durch Beschluß 2 Die Auffassung, daß die Belehrungs- und Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nur für die mündliche Verhandlung gilt, findet im Gesetz keine Grundlage. 3 Vgl. OG, Urteil vom 14. April 1962 - 2 Uz 12/61 - (NJ 1962 S. 454). 4 Die Entscheidungen des Obersten Gerichts vom 5. Oktober 1956 - 1 Zz 249/56 - (OGZ Bd. 5 S.37 ff.; NJ 1957, Rechtsprechungsbeilage Nr. 1, S. 8) und vom 15. November 1957 - 2 Zz 76/57 - (OGZ Bd. 5 S. 161 ff.) stehen dieser Rechtsauffassung nicht entgegen. zu verwerfen, nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden sollte. Einstweilige Kostenbefreiung in Ehesachen In Ehesachen ist eine Berufung grundsätzlich nicht wegen offensichtlicher Unbegründetheit zu verwerfen3. Das wird von den Bezirksgerichten beachtet. In ihrer Rechtsprechung in Ehesachen zeigen sich jedoch zwei-Formen, wie auf andere Art einer Prozeßpartei meist ist es die Ehefrau die Möglichkeit der zweiten Instanz genommen wird. Dies sind die Ablehnung der einstweiligen Kostenbefreiung für die Durchführung des Berufungsverfahrens und die Versagung der einstweiligen Anordnung, mit der eine Partei den für die Berufung notwendigen Kostenvorschuß erlangenwollte. In einem dem Obersten Gericht bekannt gewordenen Fall hatte das Kreisgericht die seit 1941 bestehende Ehe der Parteien, aus der drei Kinder hervorgegangen sind, von denen zwei noch minderjährig waren, geschieden. Der Kläger hatte sein Scheidungsbegehren mit ständigen Differenzen in der Ehe motiviert, während die Verklagte Differenzen zwar nicht bestritt, diese aber auf ein ehebrecherisches Verhältnis des Klägers zurückführte. Das Bezirksgericht lehnte den Antrag der Verklagten auf Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung wegen mangelnder Erfolgsaussicht ab, weil sie keine neuen Tatsachen oder Beweisanträge angekündigt habe und der Senat somit eine eigene Würdigung der kreisgerichtlichen Feststellungen vornehmen könne. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden, da sie die Verpflichtung der Gerichte, im Eheverfahren den Sachverhalt exakt aufzuklären, ignoriert. Auf die Notwendigkeit der umfassenden und allseitigen Sachverhaltsaufklärung insbesondere, wenn es sich um sog. alte Ehen handelt oder wenn minderjährige Kinder vorhanden sind hat das Oberste Gericht bereits in seiner Richtlinie Nr. 9 hingewiesen8. Im Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts vom 15. April 1965 über die erzieherische Tätigkeit der Gerichte zur Erhaltung von Ehen wurde die Notwendigkeit der genauen Prüfung aller Umstände und Ursachen in Eheverfahren erneut hervorgehoben5 6 7. Abgesehen von der Nichtbeachtung der in diesen Leitungsdokumenten festgelegten Grundsätze durch das Bezirksgericht kann auch seiner Auslegung des § 114 ZPO nicht gefolgt werden. Nach dieser Bestimmung ist einstweilige Kostenbefreiung dann zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Der Erfolg braucht also nicht gewiß zu sein. Das Oberste Gericht hat insoweit in seinem Urteil vom 12. August 1965 1 ZzF 22 65 (NJ 1966 S. 26) den Grundsatz aufgestellt, daß wegen der großen Bedeutung, die die Eheauflösung für die künftige Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten hat, an die Versagung der einstweiligen Kostenbefreiung strenge Anforderungen zu stellen sind. Die Bezirksgerichte dürfen deshalb insbesondere dann, wenn es sich um sog. alte Ehen handelt oder wenn minderjährige Kinder vorhanden sind, der Partei, die um die Erhaltung der Ehe kämpft, nicht durch Engherzigkeit bei der Gewährung einstweiliger Kostenbefreiung die Möglichkeit der Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht nehmen. Das gilt auch dann, wenn der Berufungskläger nur die erstinstanzliche Entscheidung überprüfen las- 5 ziff. 5 der Richtlinie Nr. 10 des Plenums des Obersten Gerichts vom 1. Juli 1957 (GBl. II S. 239). 6 Ziff. 3 und 4 der Richtlinie Nr. 9 des Plenums des Obersten Gerichts vom 1. Juli 1957 (GBl. II S. 235). 7 NJ 1965 S. 309 ff. 77;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 77 (NJ DDR 1966, S. 77) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 77 (NJ DDR 1966, S. 77)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung. Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Linie Untersuchung ist zu gewährleisten ständig darauf hinzuwirken, daß das sozialistische Recht - von den Normen der Staatsverbrechen und der Straftaten gegen die staatliche Ordnung und Sicherheit. Die wesentlichste Angriffsrichtung bei staatsfeindlicher Hetze und anderen Straftaten gegen die innere Ordnung bestand in der Diskreditierung der Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten Untergrund-tät igkeit Potsdam, Duristische Hochschule, Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Humitzsch Fiedler Fister Roth Beck ert Paulse Winkle eichmann Organisierung der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge im Verantwortungsbereich sowie die Festlegung erforderlicher Maßnahmen. Die bei der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge im Verantwortungsbereich erzielten Ergebnisse sind ständig und im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteter Haltungen. Unterschriftenleistungen zur Demonstrierung politisch-negativer. Auf fassungen, zur Durchsetzung gemeinsamer, den sozialistischen Moral- und Rechtsauffassungen widersprechenden Aktionen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X