Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 748

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 748 (NJ DDR 1966, S. 748); gerecht werden, damit der erstrebte pädagogische Effekt erreicht wird. Die Vorbereitung der Hauptverhandlung In der Praxis der Rechtspflegeorgane werden gegenwärtig Zielrichtung und Aufwand des einzelnen Verfahrens kaum von der Aufklärung der Täterpersönlichkeit in ihrer ganzen Kompliziertheit bestimmt, sondern fast ausschließlich von der Art und dem Charakter der Straftat. Alle Beteiligten bereiten nur unter diesem Gesichtspunkt die gerichtliche Hauptverhandlung vor. So erarbeiten sich die Gerichte vorwiegend dann Verhandlungskonzeptionen, wenn Umfang und Kompliziertheit der Straftat dies notwendig machen. Die in der Persönlichkeitsstruktur des Täters liegenden Bedingungen in ihrer Beziehung zur Tat und die Motive des Täters finden dagegen wenig Beachtung. Wird aber allein das Tatgeschehen bewertet, so kann das beim Täter, der ja immer in irgendeiner Form zur Gesellschaft und zu ihren Interessen in einem die Tat bestimmenden Widerspruch steht, innere Widerstände auslösen und den Prozeß der Erziehung und Selbsterziehung erschweren8 9. Uns erscheint es daher notwendig, bereits in Vorbereitung der Hauptverhandlung auch jenen Anhaltspunkten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, die Aufschluß über die inneren Bedingungen der Tat geben können, um sie in der Hauptverhandlung dem Täter verdeutlichen zu können. Das ist auch noch unter einem anderen Gesichtspunkt von Bedeutung. Wie das Strafverfahren auf den Täter einwirkt, hängt entscheidend von der sinnvollen tat-und täterbezogenen Durchsetzung der Prinzipien über die Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte ab. Die Teilnahme eines gesellschaftlichen Anklägers oder Verteidigers bzw. Kollektivvertreters an der Hauptverhandlung kann nur dann voll wirksam werden, wenn durch die gemeinsame Aufdeckung der inneren Bedingungen der Tat die entscheidenden Ansatzpunkte für die Erziehung des Täters herausgearbeitet worden sind. Dieser Forderung des Rechtspflegeerlasses werden die Gerichte aber gegenwärtig noch nicht gerecht. Untersuchungen des Stadtgerichts von Groß-Berlin über die Tätigkeit xler Stadtbezirksgerichte zur Sicherung der Wirksamkeit von Arbeitsplatzbindungen und Bürgschaften haben ergeben, daß verschiedentlich nicht notwendige Arbeitsplatzbindungen ausgesprochen und gleichzeitig damit gesellschaftliche Kräfte unnötig in Bewegung gesetzt worden sind. Andererseits wird die Erziehungsbereitschaft des Kollektivs auch bei richtiger Anwendung der Arbeitsplatzbindung nur selten auf die den Tatentschluß determinierenden inneren Bedingungen und Ursachen gelenkt, so daß die Kollektive sich im wesentlichen darauf beschränken müssen, auf das Arbeitsverhalten des Verurteilten zu achten. Ähnliche Tendenzen gibt es auch in den Verfahren, in denen Bürgschaften bestätigt worden sind8. Die Stadtbezirksgerichte, die in 25 % der untersuchten Fälle von sich aus erstmalig mit den Kollektiven vor oder in der Hauptverhandlung Verbindung aufgenommen haben, sind bei ihren Bemühungen um die Anregung oder Ausgestaltung der Erziehungsbereitschaft der Kollektive ebensowenig wie in vielen anderen Fällen die Untersuchungsorgane von den jeweiligen äußeren und inneren Tat- und Persönlichkeitsbedingüngen ausgegangen, sondern begnügten sich in der Regel mit einer allgemeinen Bereitschafts- bzw. Bürgschaftserklärung, die meist nur auf äußeren Tatumständen auf- 8 Insoweit ist der Hinweis von Friedrich (a. a. O., S. 59) wichtig, daß nur dann dauerhafte Verhaltensänderungen erreicht werden können, wenn sowohl die intellektuellen als auch die motivationalen Möglichkeiten (Einstellungen) des zu Erziehenden berücksichtigt werden. 9 Vgl. Brunner / Oehmke, „Wirksamkeit der Arbeitsplatz- bindung und Bürgschaft“, NJ 1966 S. 714. baute und deshalb nicht immer Ansatzpunkte für die individuelle Erziehung des Täters bot. Nur selten umfaßte eine Bürgschaftserklärung oder die im Rahmen der Vorbereitung einer Arbeitsplatzbindung erklärte Erziehungsbereitschaft des Kollektivs die Überwindung der überwiegend außerhalb der Arbeitssphäre gewachsenen inneren Bedingungen, die den Täter zur Tatentscheidung und strafbaren Verhaltensweise geführt hatten10 * S Bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung sollten daher neben Tatumfang, Art und Weise der Begehung usw. vor allem folgende Gesichtspunkte beachtet werden: Die Gerichte müssen in der Hauptverhandlung die Persönlichkeitsstruktur des Täters, soweit sie in unmittelbarer Beziehung zur Tat steht, und die darauf beruhenden Tatmotive feststellen; das muß bereits in der Vorbereitung der Verhandlung gesichert werden. Von den im Ermittlungsverfahren festgestellten Anhaltspunkten ausgehend, müssen sinnvoll und zielgerichtet die gesellschaftlichen Kräfte einbezogen werden, die entweder zu dieser Frage Aufschluß geben oder auf der Grundlage der festzustellenden Tatsachen auf die Weiterführung des Erziehungsprozesses Einfluß nehmen können. Von diesen Faktoren muß das Gericht auch bei notwendig werdenden Rücksprachen ausgehen. Erst auf dieser Grundlage kann die nach Art und Höhe von Tatschwere und konkretem Schuldgrad abhängige Strafe Voraussetzung für eine wirksame Erziehung sein, weil sich nur dann der gesellschaftliche Prozeß der Weitererziehung widerspruchslos anschließen kann. Daraus ergibt sich die Frage, welcher Methoden sich die Rechtspflegeorgane bedienen müssen, um diese Forderungen erfüllen zu können. Die Lösung kann nicht in erster Linie in der Einholung psychologischer Gutachten bestehen. Vielmehr kommt es darauf an, die grundlegenden Erkenntnisse der Pädagogik und der Psychologie zu beherrschen, um die subjektiven Bedingungen in jedem Einzelfall exakter klären zu können. Das ist vor allem für die erzieherische Ausgestaltung der Hauptverhandlung selbst wichtig. Zur Ausgestaltung der Hauptvcrhandlung Bereits bei der Vernehmung des Angeklagten muß im Interesse der Erforschung der objektiven Wahrheit und der davon nicht zu trennenden Einleitung des Erziehungsprozesses der Motivstruktur des Täters besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dabei kann es sicherlich nicht Aufgabe der Hauptversammlung sein, alle die Verhaltensweise des Täters determinierenden Einstellungen festzustellen, also kriminologische Forschungen zu betreiben. Das würde den Rahmen der Verhandlung sprengen, an den Richter sowohl hinsichtlich der Sachkunde als auch hinsichtlich des möglichen Zeitaufwands unerfüllbare Forderungen stellen und im Ergebnis die für die erzieherische Wirkung wichtigen Proportionen verschieben. Typisch für solche Versuche des Gerichts, tiefer liegende „Ursachen“ strafbaren Verhaltens zu ergründen, ist die Verfahrensweise eines Berliner Stadtbezirksgerichts in einem Strafverfahren gegen einen Täter, der seine Ehefrau mißhandelt hatte. Hier war unschwer festzustellen, daß der Tat eine meist beherrschte Neigung zur Brutalität zugrunde lag, die wegen der zerrütteten Eheverhältnisse zum Ausbruch kam. In dem falschverstandenen Bestreben nach Erforschung der Ursachen ging das Gericht aber so weit, in die Beurteilung u. a. auch die im inzwischen durchgeführten Ehescheidungsverfahren bekannt gewordene Tatsache ein- 10 Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Dähn, a. a. O.; S. 328 f. 748;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 748 (NJ DDR 1966, S. 748) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 748 (NJ DDR 1966, S. 748)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit haben und die Eignung und Befähigung besitzen, im Auftrag Staatssicherheit , unter Anleitung und Kontrolle durch den operativen Mitarbeiter, ihnen übergebene Inoffizielle Mitarbeiter oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit Gesellschaftliche Mitarbeiter sind staatsbewußte Bürger, die sich in Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte auf Mitwirkung an der staatlichen Arbeit zu einer zeitweiligen oder ständigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit. Die Funktion der Gesellschaftlichen Mitarbeiter für Sicherheit im Gesamtsystem der politisch-operativen Abwehrarbeit Staatssicherheit im Innern der Deutschen Demokratischen Republik. Die Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte zur Gewährleistung der Sicherheit uhd Ordnung in den Straf-gefangenenarbeitskonunandos der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Der Vollzug der Freiheitsstrafen in den. Straf gef ange n-arbeitskommandos hat auf der Grundlage des Gesetzes hängen davon ab, ob das den Schaden verursachende Verhalten durch Mitarbeiter der Untersuchungsorgane Staatssicherheit rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist.

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