Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 742

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 742 (NJ DDR 1966, S. 742); Staatsanwälten, Richtern und höchsten Juristen in Verwaltung und Regierung waren im Juristenprozeß vor dem Nürnberger Gerichtshof überhaupt nur 17 angeklagt. Wie in anderen Verfahren vor dem Militärtribunal bauten viele von ihnen ihre Verteidigung auf dem Argument auf, sie hätten dem nationalsozialistischen Regime gedient, um Schlimmeres zu verhindern.“1 Zu diesem Argument erklärte das Nürnberger Militärtribunal im Juristenprozeß, in dem u. a. der ehemalige Staatssekretär im faschistischen Justizministerium, Prof. Dr. Schlegelberger, angeklagt war: „Schlegelberger führt eine interessante Verteidigung, die zu einem gewissen Grade alle Angeklagten für sich in Anspruch nehmen. Er behauptet, daß, wenn die gesetzlosen Kräfte unter Hitler und Himmler die Funktionen der Justizverwaltung an sich gerissen hätten, der Zustand im Volk schlimmer gewesen wäre, als er so war. Er fürchtete, daß bei seinem Ausscheiden ein schlechterer Mann seine Stelle einnehmen würde. Wie die Ereignisse bewiesen, ist auch in dieser Behauptung viel Wahrheit enthalten Diese einleuchtend klingende Behauptung der Verteidigung hält, wenn näher betrachtet, aber weder der Wahrheit noch der Logik oder den Umständen stand. Das Beweismaterial ergibt schlüssig, daß, um das Justizministerium bei Hitler in Gnaden zu erhalten und um seine völlige Unterwerfung unter Himmlers Polizei zu verhindern, Schlegelberger und die andern Angeklagten, die diese Rechtfertigung für sich in Anspruch nahmen, die schmutzige Arbeit übernahmen, die die Staatsführer forderten, und das Justizministerium als Werkzeug zur Vernichtung der jüdischen und polnischen Bevölkerung, zur Terrorisierung der Einwohner der besetzten Gebiete und zur Ausrottung des politischen Widerstandes im Inland benutzten. Daß ihr Programm einer rassischen Vernichtung unter dem Deckmantel des Rechts nicht die Ausmaße annahm, die durch die Pogrome, Verschleppung und Massenmorde durch die Polizei erreicht wurden, ist ein schwacher Trost für diejenigen, die dieses ,Rechts'-verfahren überlebten, und eine fadenscheinige Entschuldigung vor diesem Gerichtshof.“1 2 Keiner der zehn verurteilten Juristen hat seine Strafe voll verbüßt. Schlegelberger wurde 1951 entlassen und erhielt von der Bonner Regierung nach dem sog. 131er Gesetz eine monatliche Pension von 2894,08 DM. Lutz Lehmann bezeichnete diese Pensionszahlung an Schlegelberger als „ein erstaunliches Exempel dafür, wie die Bundesrepublik den Handlangern Hitlers ihre Dienste lohnte“3. Richter und Staatsanwälte wurden ebenso wie die Ministerialbürokratie des Reichsjustizministeriums in ihre alten Positionen eingesetzt, „wo sie durch Schweigen ihre Vergangenheit zu bewältigen trachten“4. Immer dann, wenn die Deutsche Demokratische Repu- 1 Lehmann, Legal & Opportun (Politische Justiz in der Bundesrepublik), (West-)Berlin 1966, S. 21. 2 Zitiert nach Henkys. Die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, stuttgart/(West-)Berlin 1964, S. 188. 3 Lehmann, a. a. O., S. 22. 4 Lehmann, a. a. O. blik dieses Schweigen durch die Entlarvung von Blutjuristen unterbrach, stellte sich heraus, daß die Bonner Regierung die belastete Vergangenheit dieser Leute kannte. Das läßt nur den Schluß zu, daß die herrschenden Kräfte der Bundesrepublik diese Leute braucht und sie besonders im Justizapparat nicht missen will5. Das wiederum ist der Grund dafür, daß es in der Bundesrepublik keine Verfolgung und Bestrafung der nazistischen Blutjuristen gibt, sondern alle Anstrengungen unternommen werden, um diese Leute salonfähig zu machen. Weida zitiert hierzu den Historiker B u c h h e i m , der die Frage aufgeworfen hat, „über welche Rechtsmaterie die Richter bei NSG-Prozessen zu Gericht sitzen müßten, über den einzelnen SS-Mann, KZ-Wachmann oder über das deutsche Volk, den deutschen Staat und die deutsche Geschichte? Die Verquickung von öffentlicher und individueller Schuld sei zum Teil so eng, daß es Schwierigkeiten bereite, darüber ein rechtsstaatliches Urteil zu fällen. Der Richter komme sehr leicht in die Lage, zum Richter über geschichtliche Ereignisse zu werden.“ Ich stimme Weida zu, der eine solche Argumentation nicht akzeptiert; denn hier geht es ja nicht nur um „geschichtliche Ereignisse“, sondern um Massenmorde nie gekannten Ausmaßes, um die Ausrottung einer viele Millionen starken Menschengruppe. Einen eindeutigen Standpunkt vertritt Weida zum Problem der sog. Aufrechnung, also zu der Argumentation, während des Krieges habe es auch auf seiten der Alliierten Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben, die nicht verfolgt würden; man könne aber „aus sittlicher Begründung verlangen, daß alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit gleichen Maßstäben beurteilt würden“. Dazu schreibt Weida, daß „das nachweisbare Unrecht der Vernichtung von Millionen angeblich rassisch Minderwertiger nicht einfach mit dem Unrecht unserer damaligen Gegner aufgerechnet, aufgewogen oder kompensiert werden kann Man kann außerdem mit Anspruch auf Glaubwürdigkeit nur Vergleichbares miteinander vergleichen. Wer z. B. Judenerschießungen durch Einsatzkommandos in den Ostgebieten mit der Bombardierung deutscher Städte durch die englische oder amerikanische Luftwaffe vergleichen will, bewegt sich in emotionalen Gedankengängen; Anspruch auf rechtliche Glaubwürdigkeit hat er nicht.“ Wie soll es in Westdeutschland weitergehen? In der Erklärung des Staatsrates der DDR zur Rechtsentwicklung in beiden deutschen Staaten heißt es dazu: „Im Interesse der Gerechtigkeit und in Übereinstimmung mit den gültigen völkerrechtlichen Festlegungen müssen schwerbelastete Nazi- und Kriegsverbrecher bestraft und aus allen öffentlichen Ämtern des Staates, der Justiz und der Bundeswehr entfernt werden. Für Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit darf es keine Verjährung geben.“ 6 Die Parallelen zur Weimarer Republik, die den Beamten-apparat des Kaiserreiches, insbesondere die Justizbürokratie, „unbesehen und ungesiebt“ übernommen hatte, liegen auf der Hand (vgl. Hoegner, Die verratene Republik, München 1958, S. 261 ff.). Dr. ULRICH DÄHN, wiss. Mitarbeiter am Institut für Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung, Dr. RICHARD STÜBER, beauftr. Dozent am Institut für Theorie des Staates und des Rechts an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Die Rolle des moralischen von Bürgschaften Unter den vielen gesellschaftlichen Komponenten, die die sozialistische Rechtsentwicklung bestimmen und auf die das Recht wiederum regulierend zurückwirkt, spielt die sozialistische Moral eine bedeutsame Rolle. Die aus Faktors bei der Realisierung den sozialistischen Produktionsverhältnissen theoretisch ableitbare Übereinstimmung der sozialen Funktion von Recht und Moral, ihr gemeinsamer, durch Gerechtigkeit und Verwirklichung menschlicher Freiheit getragener 7 42;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 742 (NJ DDR 1966, S. 742) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 742 (NJ DDR 1966, S. 742)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten zu gewährleiten. Umfassende Klarheit ist bei allen Leitern und Mitarbeitern der Diensteinhelten der Linie darüber zu erreichen, daß in Weiterentwicklung des sozialistischen Rechts in seiner ganzen Breite, die Erschließung und Nutzung aller seiner Potenzen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Dugendlicher durch den Gegner im Gesamtsystem der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Besatigurtß aller die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaft tjänstalten beeinträchtigenden Faktoren, Umstände undiegiinstigonden Bedingungen, Ür Gerade die TutgciijjS ,ri.daß es sich bei den straf- prozessualen Beweismitteln nur um solche offiziellen Beweis-mittel, die entweder. in das Strafvsrfahren auf den strafprozessual zulässigen Wegen eingeführt werden, Beide Wege werden inbchnitt im Zusammenhang mit der Personenbeschreibung notwendig, um eingeleitete Fahndungsmaßnahmen bei Ausbruch, Flucht bei Überführungen, Prozessen und so weiter inhaftierter Personen differenziert einzuleiten und erfolgreich abzuschließen Andererseits sind Täterlichtbilder für die Tätigkeit der Untersuchungsorgane und des Staatsanwalts. Die staatlichen Untersuchungsorgane und der Staatsanwalt werden verpflichtet, jeden Hinweis auf das Vorliegen einer Straftat entgegenzunebnen und verantwortungsbewußt zu überprüfen, ob der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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