Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 741

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 741 (NJ DDR 1966, S. 741); von NS-Gewaltverbrechen nicht immer ungeteilte Zustimmung erwarten dürfen.“ Leider sagt Weida nicht konkret, was er unter „Öffentlichkeit“ und „Fachkreisen“ versteht. In Wirklichkeit ist es doch so, daß die ehrlichen Menschen in Westdeutschland die Verbrechen der Nazis verabscheuen und ein Interesse daran haben, daß die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Auch unter den westdeutschen Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern gibt es verantwortungsbewußte Beamte, die mit der derzeitigen Verfolgungspraxis bei Kriegs- und Naziverbrechen nicht einverstanden sind. Weida selbst, der sich hauptsächlich mit NS-Gewaltverbrechen beschäftigt, die von Angehörigen der Nazi-Polizei begangen wurden, vertritt zu dieser Frage eine recht zwiespältige Position. Er betont einerseits: „Solange jedenfalls gestern, heute und auch morgen Angehörige oder ehemalige Angehörige der Polizei wegen NS-Gewaltverbrechen befragt, vernommen, verhaftet oder gar verurteilt werden, haben wir allen Grund, uns über die Ursachen und das Ausmaß dieser Verbrechen zu orientieren.“ Unter Außerachtlassung der Tatsachen kolportiert Weida jedoch andererseits Lüge und Verleumdung: „Bekanntlich betreiben seit einiger Zeit die Ostblockstaaten mit in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen eine weltweite Diffamierung unseres demokratischen Staatswesens, indem nachzuweisen versucht wird, die heutige Polizei der Bundesrepublik sei mit Henkern und Mördern durchsetzt. Dieser Vorwurf muß mit Entschiedenheit als völlig unbegründet zurückgewiesen werden, denn wiederum sind es Polizeibeamte insbesondere Kriminalbeamte welche seit Jahren die schwere Last dieser Ermittlungen (gemeint sind die Ermittlungen von NS-Ge-walttaten J. St.) mittragen und dabei wesentliche Aufklärungsarbeit leisteten.“ Dazu ist folgendes zu sagen: Erstens geht es bei den Veröffentlichungen sozialistischer Staaten über Kriegs- und Naziverbrechen nicht um eine Diffamierung der Bundesrepublik; vielmehr kommen sie damit einer allgemeinen völkerrechtlichen Verpflichtung nach, die allen Staaten unabhängig von ihrer Gesellschaftsordnung gebietet, solche gegen das Völkerrecht verstoßenden Verbrechen zu verfolgen und die Täter der gerechten Strafe zuzuführen. Zweitens wurde der Weg über die Weltöffentlichkeit in der Regel erst dann gewählt, wenn die Bundesrepublik auf das ihr übergebene Material nicht reagierte. Drittens wäre Weida gut beraten, wenn er das vom Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen Deutschland herausgegebene „Braunbuch“ über Kriegsund Naziverbrecher in der Bundesrepublik sowie andere Veröffentlichungen der DDR aufmerksam studierte. Er würde dann feststellen, daß zahlreiche belastete SS-Führer, Mitarbeiter der Gestapo usw. wieder in der westdeutschen Polizei Dienst tun. Ebenso ist es mit Nazi-Juristen, die heute wieder als Staatsanwälte oder Richter tätig sind. Natürlich wissen wir sehr gut, daß es in der Bundesrepublik ehrliche Kriminalisten und Staatsanwälte gibt, die eine umfangreiche Arbeit zur Aufklärung von nazistischen Verbrechen geleistet haben und noch leisten. Wir schätzen ihre Tätigkeit sehr hoch ein, obwohl sie in den meisten Fällen nutzlos war, weil die Angeklagten von den Gerichten freigesprochen wurden oder mit geringfügigen Strafen davonkamen. Wir wissen auch aus Äußerungen von westdeutschen Staatsanwälten und Kriminalbeamten, daß sie erheblichen Angriffen ausgesetzt sind, weil sie sich um die Aufklärung von NS-Verbrechen bemühen. Weida fährt anschließend an das vorige Zitat fort: „Auch nach der im Frühjahr 1955 von der Bevölkerung mit großem Interesse verfolgten Debatte des Bundestages über die Verjährung von NS-Gewaltverbrechen werden immer noch Meinungen vertreten, die eine Einstellung oder eine grundsätzliche Amnestierung dieser Verfahren fordern. Es wird darauf hingewiesen, auch die deutsche Justiz habe dem NS-Staate gedient und dabei schwer gefehlt. Wegen des fast unauflöslichen Zwiespaltes, in dem sich die Justiz befinden würde, sei es auch nicht möglich gewesen, diese Vergangenheit rechtlich zu bewältigen. Von den Ermittlungen betroffene Polizeibeamte versuchen nachzuweisen, die Polizei habe lediglich Befehle der obersten Reichsbehörden ausgeführt. Der Polizeibeamte sei wie der Richter ein ohnmächtiger Befehlsempfänger dieses Regimes gewesen; Im übrigen hätten auch Richter aus unbedeutendem Anlaß Todesurteile gefällt und vollstrecken lassen. Wegen solcher Todesurteile seien aber Richter bisher nicht vor Gericht gestellt worden.“ Dazu ist folgendes zu sagen: 1. Eine objektive Betrachtung der Situation nach der Verjährungsdebatte im Bundestag hätte den Hinweis erfordert, daß der überwiegende Teil der westdeutschen Bevölkerung die Meinung vertritt, Kriegs- und Naziverbrechen dürften nicht verjähren, und daß diese Auffassung in der ganzen Welt vorherrscht. 2. Die Tatsache, daß auch die Justiz des faschistischen Staates an Verbrechen mitgewirkt hat und deshalb nicht in der Lage ist, die Vergangenheit zu bewältigen, ist offenkundig. Man muß endlich zugeben, daß der Zwiespalt deshalb da ist, weil die Justiz der Bundesrepublik sowohl personell als auch in ihrer Geisteshaltung weitgehend mit der Justiz des „Dritten Reiches“ identisch ist. 3. Der Einwand belasteter faschistischer Polizisten, die Justiz dürfe nicht gegen sie Vorgehen, weil ja beide Polizei und Justiz nur als „ohnmächtige Befehlsempfänger“ Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten, ist nichts anderes als eine perfekte Drohung unter Komplicen und die Aufforderung, am gleichen Strang zu ziehen. Weida meint zwar, kein Verantwortlicher werde „sich der Einsicht entziehen, daß die Justiz und ihre Organe die Sühne dieser Verbrechen vollziehen muß“; er vertritt dazu aber folgenden Standpunkt: „So gewiß niemand die ganze Wahrheit besitzt, so sicher ist es, daß auch die Justiz eine von Menschen geschaffene Einrichtung ist. Auf der ewigen Suche nach Wahrheit kann die Justiz nur relativ Gerechtigkeit üben. Jedenfalls sind zwanzig und mehr Jahre zurückliegende Verbrechen nur noch schwer aufzuklären.“ Dazu ist folgendes zu sagen: 1. Um Kriegs- und Naziverbrechen zu verfolgen, bedarf es keines „göttlichen“ Gerichts, sondern nur des ehrlichen Willens der irdischen Gerichte. 2. Weil aber dieser Wille zur Verfolgung nicht vorhanden war, sind zwanzig Jahre ungenutzt vergangen. Das hat natürlich zur Folge, daß die Aufklärung mancher Verbrechen komplizierter geworden ist. Deshalb hat die DDR der Bundesrepublik vorgeschlagen, die vorhandenen Materialien zusammenzufassen, um die Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen gemeinsam zu verfolgen. Dieses Angebot hat die Bundesrepublik abgelehnt. Wie ist es zu erklären, daß insbesondere die Verbrechen der Nazi-Justiz bis heute in der Bundesrepublik überhaupt nicht verfolgt wurden? \ Der westdeutsche Publizist Lutz Lehmann schreibt dazu: „Tatsächlich hat der alte Justizapparat, ohne größere Reibungsverluste, den Weg vom Dritten Reich in die Bundesrepublik überstanden. Von den Tausenden 7 41;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 741 (NJ DDR 1966, S. 741) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 741 (NJ DDR 1966, S. 741)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

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