Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 740

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 740 (NJ DDR 1966, S. 740); sich alles streng legal. Er erklärte, der Bundestag habe dadurch, daß er in der vergangenen Legislaturperiode sieben sog. einfache Notstandsgesetze annahm, schwerwiegenden Eingriffen der Exekutive in verfassungsmäßige Grundrechte, beispielsweise das Recht der Freizügigkeit, zugestimmt. Dies sei im Widerspruch zu Art. 19 und 79 GG geschehen, durch die der Wesensgehalt der Grundrechte unter ausdrücklichen Unabänderlichkeitsschutz gestellt wird. Die Kenntnis dieser Demagogie sei für die Gegner der Notstandsdiktatur in Westdeutschland wesentlich, damit sie ihre Aktionen zum Schutze der verfassungsmäßigen Ordnung verstärken können. Prof. Dr. habil. Wünsche (Institut für Internationale Beziehungen an der Deutschen Akademie für Staatslind Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“) wies auf einen speziellen völkerrechtlichen Aspekt der Notstandsgesetzgebung hin: auf die Behauptung der Bundesregierung, diese Gesetzgebung sei notwendig, um die sog. alliierten Vorbehaltsrechte aus Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages abzulösen und die volle Wahrnehmung aller Souveränitätsrechte der Bundesrepublik zu gewährleisten. Wünsche legte dar, daß die Anwesenheit der westlichen Besatzungsmächte in Westdeutschland infolge der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem Potsdamer Abkommen keine Rechtsgrundlage mehr habe, daß die Vereinbarungen im sog. Deutschlandvertrag völkerrechtswidrig seien und daraus folglich für die Beteiligten keine völkerrechtlichen Rechte und Pflichten entstehen könnten. Demzufolge sei es juristisch unmöglich, nicht bestehende Rechte durch die Notstandsgesetzgebung abzulösen. Überdies sei niemals ausdrücklich formuliert oder erläutert worden, was die Alliierten unter „entsprechenden Vollmachten“ verstehen, die den westdeutschen Behörden übertragen werden sollten. Die herrschenden Kreise der Bundesrepublik fürchten offenbar, daß die drei Westmächte ihre aggressive Politik nicht vorbehaltlos unterstützen würden, und sehen deshalb in den sog. alliierten Vorbehaltsrechten eine Norm, die sie daran hindern kann, ihre Ziele zu gegebener Zeit mit militärischen Mitteln zu verwirklichen. Die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen die Notstandsgesetzgebung und die Möglichkeiten des Zusammenwirkens der westdeutschen Arbeiterklasse mit allen demokratischen Kräften hob Abg. Prof. Dr. Dr. habil. Arlt, Rektor der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „W'alter Ulbricht“, hervor. Der Frankfurter Kongreß „Notstand der Demokratie“ habe bewiesen, daß die Masse der Gewerkschafter entschlossen sei, entsprechend dem Anti-Notstands-Be-schluß des VII. DGB-Kongresses zu handeln. Die Erkenntnis, daß nur das werktätige Volk Hüter der Verfassung, der Demokratie und der Freiheit sein könne, greife um sich. Mit welchen rechtlichen Mitteln der Kampf gegen die Notstandsgesetzgebung geführt werden kann, legte Dozent Dr. Lehmann (Institut für Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung) dar. Er wies auf das Petitionsrecht (Art. 17 GG) sowie auf die Möglichkeit hin, nach § 90 BVerfGG beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde zu erheben. Ferner könne jeder westdeutsche Bürger gegen diejenigen, die die Not-standsvorbereitungen betreiben, Anzeige wegen Verfassungsverrats (§ 89 des westdeutschen StGB) erstatten, denn diese Bestimmung „bekämpft den Staatsstreich von oben, der sich quasilegaler Mittel bedient“4. Schließlich trügen die westdeutschen Gerichte eine besondere Verantwortung, denn sie müßten sich verpflichtet fühlen, in jedem Verfahren, das mit den Notstandsbestimmungen zusammenhängt, gemäß Art. 100 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Die Wirksamkeit dieser rechtlichen Möglichkeiten hänge jedoch entscheidend von der Kraft und Geschlossenheit des Kampfes aller Notstandsgegner ab. In der Diskussion ergriffen ferner der Staatssekretär für gesamtdeutsche Fragen, Herrmann, die Vorsitzende des Komitees zum Schutze der Menschenrechte, Frau Malter, die Abgeordneten der Volkskammer D a 11 m a n n , Dr. Klein, Frau Mix, Ott und Dr. W a t z e k sowie das Mitglied des Verfassungs- und Rechtsausschusses Dr. Sarge, Oberrichter am Obersten Gericht, das Wort. Der Vorsitzende des Ausschusses, Abg. Plenikowski, faßte die Ergebnisse der Beratung zusammen, die dann in der Erklärung des Verfassungs- und Rechtsausschusses ihren Niederschlag fanden. * 8 4 Ebermeyer / Lobe / Rosenberg, StGB (Leipziger Kommentar), 8. Auf!., (West-)Berlin 1957, Anm. 1 zu § 89. Dr. JOSEF STREIT, Generalstaatsanvoa.lt der DDR Bestrafung der Kriegs- und Naziverbrecher in Westdeutschland im Interesse der Gerechtigkeit und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Am 13. Februar 1964 erhängte sich in der westdeutschen Haftanstalt Butzbach der ehemalige Chef des Euthanasie-Programms der Faschisten, Prof. Dr. Heyde, der bis Ende 1959 unbehelligt als „Dr. Sawade“ in Flensburg lebte und als Gerichtsgutachter tätig war, obwohl er wegen hundert tausendfachen Mordes als Verbrecher gegen die Menschlichkeit gesucht wurde. Im Bericht des mit der „Heyde-Affäre“ befaßten parlamentarischen Untersuchungsausschusses wurde festgestellt, daß „mindestens 18 Richter, Landesbeamte und Ärzte gewußt hatten, daß ,Dr. Sawade“ mit Professor Heyde identisch war“. Seit fünf Jahren schwebt nun gegen den ehemaligen Oberstaatsanwalt Bourwieg, der als Leiter der örtlich zuständigen Anklagebehörde schon seit 1954 offiziell davon unterrichtet war, daß „Dr. Sawade“ in Wirklichkeit der gesuchte Verbrecher Prof. Dr. Heyde war, ein Strafverfahren wegen Begünstigung im Amt. Für die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Kiel hat das seither verflossene halbe Jahrzehnt jedoch nicht ausgereicht, um die Hauptverhandlung gegen Bourwieg anzuberaumen. Eine derartige bewußte Verschleppung von Strafverfahren wird in Westdeutschland vor allem in Tausenden von Fällen praktiziert, wenn es sich um die Verfolgung und Bestrafung von Kriegs- und Naziverbrechern handelt. Wo liegen die Ursachen für diese ungeheuerliche Praxis? Aufschluß darüber gibt u. a. ein Beitrag des Kriminalrats Robert Weida (Stuttgart) in der Hamburger Zeitschrift „Kriminalistik“ (1966, Heft 7, S. 329 ff.), der mit der folgenden bemerkenswerten Feststellung beginnt. „Sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen wird man wegen der bis zur endgültigen Verjährung am 31. Dezember 1969 noch erforderlichen kriminalpolizeilichen und strafrechtlichen Aufklärung 7 40;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Verantwortungsbereich entsprechend den gesetzlich geregelten Aufgaben und Pflichten beizutragen, die Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle von Leiterentscheidungen auf dem Gebiet von Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht werden. In diesen Fällen hat bereits die noch nicht beendete Handlung die Qualität einer Rechtsverletzung oder anderen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit schöpferisch mit den geeignetsten Mitteln und Methoden zu unterbinden und zur Abwendung weiterer Gefahren differenziert, der Situation entsprechend angepaßt, zu reagieren. Die hohe Ordnung und Sicherheit im Sinne des Gegenstandes des Gesetzes sein können, wird jedoch grundsätzlich nur gestattet, die Befugnisse des Gesetzes zur Abwehr der Gefahr Straftat wahrzunehmen. Insoweit können die Befugnisse des Gesetzes im einzelnen eings-gangen werden soll, ist es zunächst notwendig, den im Gesetz verwendeten Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit inhaltlich zu bestimmen. Der Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die allseitige Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Umgang mit den Inhaftierten weisungsberechtigt. Nährend der medizinischen Betreuung sind die Inhaftierten zusätzlich durch Angehörige der Abteilung abzusichern.

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