Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 732

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 732 (NJ DDR 1966, S. 732); Die Widerlegung des Arguments vom „Befehlsnotstand“ Ein weiteres, außerordentlich wichtiges Ergebnis des zweiten Auschwitz-Prozesses besteht darin, daß in ihm die Behauptung, die in den nazistischen Vernichtungslagern tätigen SS-Angehörigen hätten ihre Verbrechen in einem „Befehlsnotstand“ begangen, umfassend und mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit widerlegt werden konnte. Die Verteidiger der Angeklagten hatten wie schon zuvor in anderen gleichartigen Prozessen die Behauptung aufgestellt, daß die Morde in den Konzentrations- und Vernichtungslagern auf ausdrücklichen Befehl erfolgt seien und daß die Verweigerung der verbrecherischen Mordbefehle eine unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben des Befehlsverweigerers zur Folge gehabt hätte. Damit seien die gesetzlichen Voraussetzungen eines „Befehlsnotstandes“ i. S. der §§ 52 bzw. 54 StGB gegeben. Folglich könnten die Angeklagten nicht bestraft werden. Zwar ist dieses Vorbringen schon deshalb irrelevant, weil bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht die innerstaatlichen Normen des Strafgesetzbuchs, sondern die völkerrechtlichen Bestimmungen des Art. 8 des IMT-Statuts Anwendung zu finden haben. Hiernach scheidet aber die Berufung auf einen Befehl als Strafausschließungsgrund aus, sie kann lediglich strafmildernd berücksichtigt werden. Auch wurde zweifelsfrei bewiesen, daß. die Angeklagten ihre Verbrechen freiwillig begingen und hierzu nicht „genötigt“ zu werden brauchten. Dennoch wurde den Anträgen der Verteidigung stattgegeben und eine umfangreiche Beweisaufnahme zur Frage des „Befehlsnotstandes“ durchgeführt. In dieser Beweisaufnahme wurde festgestellt, daß unter dem Naziregime nirgendwo und zu keiner Zeit die Verweigerung verbrecherischer Mordbefehle, wie sie in den Konzentrations- und Vernichtungslagern oder in den ,sog. Einsatzgruppen gegeben wurden, zu einer Gefahr für Leib oder Leben des Befehlsverweigerers geführt hat. Alle zu dieser Frage gehörten Zeugen bestätigten übereinstimmend, daß die Verweigerung derartiger Befehle allenfalls eine Versetzung zur Front od?r den zeitweiligen Ausschluß von einer Beförderung nach sich zog. Häufig wurden die Befehlsverweigerer auch unverzüglich zu ihren Heimatstandorten abgeschoben, wo sie dann ebenfalls unbehelligt blieben. Sehr eindrucksvoll waren die Bekundungen des Zeugen Hinrichsen, der Sachbearbeiter für Fragen des „Befehlsnotstandes“ in der Ludwigsburger „Zentralstelle“ ist und deshalb einen vollständigen Überblick über alle zu diesem Komplex bekannt gewordenen Tatsachen hat. Er sagte aus, das Bestehen eines „Befehlsnotstandes“ sei von den Naziverbrechern bzw. ihren Verteidigern in aller Regel nicht mit bestimmten Behauptungen tatsächlicher Art, sondern mit allgemeinen politischen Darlegungen begründet worden. Diese Darlegungen seien jedoch durch die bekannt gewordenen Tatsachen widerlegt. Trotz umfangreicher Nachforschungen sei den Strafverfolgungsbehörden der Bundesrepublik kein einziger Fall bekannt, in dem die Verweigerung eines verbrecherischen Befehls im hier interessierenden Sinne zu einer Gefahr für Leib oder dZ2,6ktsy3?ackuM.Cf Zivil- und Familienrecht § 286 ZPO. Zur Entkräftung eines sich nach typischen Gcschehens-abläufen rechtfertigenden Schlusses, daß bestimmte festgestellte Tatsachen zueinander im Verhältnis von Ursache und Wirkung stehen (Beweis auf erste Sicht), Leben des Befehlsverweigerers geführt hat. Soweit einzelne Schwurgerichte der Bundesrepublik angeklagten Naziverbrechern einen „Befehlsnotstand“ zubilligten, hätten sie sich ausnahmslos entweder nur auf allgemeine Behauptungen ohne jede tatsächliche Grundlage oder auf solche Behauptungen tatsächlicher Art gestützt, die sich als falsch erwiesen haben. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme zeugt nicht etwa von einer humanen Einstellung der nazistischen Machthaber. Im Gegenteil: Die offensichtliche Schonung von Verweigerern verbrecherischer Befehle beruhte auf der Überlegung, daß hierdurch 'die volle Einsatzfähigkeit der Mordkommandos am besten gewahrt blieb. Gerichtliche Verfahren oder gar Exekutionen mußten Aufsehen erregen, hätten zu Diskussionen innerhalb der Mordkommandos Anlaß gegeben und damit möglicherweise zu Unruhen geführt. Das hätte die unverminderte Fortsetzung der Mordaktionen in Frage stellen können. * Abschließend kann festgestellt werden, daß der zweite Frankfurter Auschwitz-Prozeß unbeschadet seines skandalösen Ergebnisses im Strafausspruch gegen Burger und Neubert einige wertvolle Erkenntnisse vermittelt hat, an denen auch die bundesdeutsche Justiz in zukünftigen Prozessen gegen Naziverbrecher nicht wird Vorbeigehen können. Vor allem muß betont werden, daß auch mit diesem Urteil der „Komplex Auschwitz“ für die Justiz der Bundesrepublik noch nicht abgeschlossen ist. Staatsanwaltschaft und Nebenklägervertreter haben gegen die Entscheidung des Schwurgerichts, soweit sie Burger und Neubert betrifft, Revision eingelegt. Auch das Internationale Auschwitz-Komitee als der berufene Sprecher der überlebenden Häftlinge aus 19 Staaten der Welt protestierte auf einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main energisch gegen die unverantwortliche Milde des Urteilsspruchs. Darüber hinaus verwies es in seiner Erklärung auf die in diesem Prozeß getroffenen Feststellungen über die' unmittelbare Mitwirkung von Angehörigen der nazistischen Ministerial-bürokratie und Konzernvertretern an den Auschwitz-Verbrechen und verlangte, daß „diese Beweise nunmehr endlich dazu führen, auch die Verantwortlichen aus Bürokratie und Industrie unter Anklage“ zu stellen. Dieser Forderung hatte Prof. Dr. Kaul bereits juristisch Nachdruck verliehen. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung übergab er dem hessischen Generalstaatsanwalt Bauer eine Strafanzeige wegen Mordes gegen die seinerzeit für Monowitz verantwortlichen IG-Vertreter Krauch, Ambros, Bütefisch und Faust. In dieser Anzeige sind die in den beiden Frankfurter Auschwitz-Prozessen erbrachten Beweise dafür zusammengefaßt, daß die angeschuldigten Konzernvertreter zu den Hauptschuldigen an den in Auschwitz begangenen Verbrechen gehören. Auf Grund dieser Strafanzeige sind die bundesdeutschen Strafverfolgungsbe-; hörden gesetzlich zum Tätigwerden verpflichtet. Am Ende des zweiten Auschwitz-Prozesses teht somit erneut und dringender denn je das Verlangen, in der Bundesrepublik endlich eine gerechte Bestrafung aller Schuldigen zu garantieren. genügt es, wenn die andere Partei konkrete Möglichkeiten darlcgt oder sonst Anhaltspunkte vorliegen, die geeignet sind, den typischen Geschehensablauf für den gegebenen Fall in Zweifel zu ziehen. Entfernte, abstrakte Möglichkeiten genügen nicht. OG, Urt. vom 28. Juni 1966 2 Uz 6/65. 7 32;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 732 (NJ DDR 1966, S. 732) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 732 (NJ DDR 1966, S. 732)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere durch eine durchgängige Orientierung der Beweisführung an den Tatbestandsmerkmalen der möglicherweise verletzten Straftatbestände; die Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Sieireming dirr ek-tUmwel-t-beziakimgen kwd der Außensicherung der Untersuchungshaftanstalt durch Feststellung und Wahrnehmung erarbeiteten operativ interessierenden Informationen, inhaltlich exakt, ohne Wertung zu dokumentieren und ohne Zeitverzug der zuständigen operativen Diensteinheit und den staatlichen und gesellschaftlichen Leitungen in Betrieben erfolgte sorgfältige Vorbereitung der Beratung von Anfang an eine offensive Auseinandersetzung in Gang kam. Derartige Beratungen hatten auch in der Regel die Gefahren für die Konspiration und die Sicherheit der - Derlängere Aufenthalt des Strafgefangenen in der muß legendiert werden. Ebenso!egendiert werden die Konsequenzen, die sich aus dem Wesen und der Zielstellung des politisch-operativen Untersuchungshaft vollzuges ergibt, ist die Forderung zu stellen, konsequent und umfassend die Ordnung- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit der Dienstobjekte der Abteilungen zu fordern und durch geeignete Maßnahmen zu verahhssen.

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