Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 730

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 730 (NJ DDR 1966, S. 730); nigsten Fällen wegen Täterschaft, sondern meist nur wegen Beihilfe. Insofern berücksichtigte das Schwurgericht auch nicht die heftige Kritik der Weltöffentlichkeit am Urteil im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozeß gegen den ehemaligen Lageradjutanten Mulka und 19 andere2. Das zeigt sich speziell in dem skandalös milden Strafausspruch gegen die Angeklagten Burger und Neubert. Bei Burger sah das Gericht die Mitwirkung an der Ermordung von „mindestens 3112 Menschen“ als erwiesen an, wobei der Vorsitzende in der mündlichen Urteilsbegründung hinzufügte, daß dieser Angeklagte in Wahrheit wohl an der Ermordung von Zehntausenden von Menschen mitgewirkt hat. Bei diesem vom Gericht selbst zugrunde gelegten Sachverhalt hat die ausgesprochene Strafe ohnehin nichts mehr mit einer Sühne für begangene Verbrechen gemein. Hinzu kommt aber, daß diese „Strafe“ im Urteil ausdrücklich als bereits verbüßt bezeichnet wurde. Burger war nämlich bereits nach Kriegsende in der Volksrepublik Polen zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden und hatte diese Strafe auch verbüßt. Obwohl dieser Verurteilung ausschließlich andere in Auschwitz begangene Verbrechen zugrunde lagen, wurde Burger die verbüßte Strafe jetzt in voller Höhe angerechnet. Das Frankfurter Urteil war damit für ihn faktisch ein Freispruch. Nicht viel anders ist es bei Neubert. Ihn sprach das Schwurgericht der Mitwirkung an 35 Fällen meist vielfachen Mordes schuldig. In zwei dieser Fälle wurde beispielsweise die Zahl von jeweils 80 Ermordeten angenommen. Dennoch hat das Gericht für jeden der 35 Fälle die Mindeststrafe von drei Jahren Zuchthaus als ausreichend bezeichnet und dann aus diesen Einzelstrafen von 35 mal drei Jahren eine Gesamtstrafe von lediglich dreieinhalb Jahren Zuchthaus gebildet. Mit einer derartigen Verfahrensweise werden Strafprozesse gegen Naziverbrecher zur Farce und zu einem Täuschungsmanöver gegenüber der Öffentlichkeit. Überführte Mörder werden unter dem Schein einer Verurteilung entweder faktisch sofort amnestiert, oder es werden alle Voraussetzungen für ihre alsbaldige heimliche Amnestierung geschaffen, beispielsweise im Wege vorzeitiger Entlassung wegen eines nur noch geringen Strafrests. Die IG-Farben Urheber und Nutznießer vieler Auschwitz-Verbrechen Es wäre jedoch verfehlt, den zweiten Frankfurter Auschwitz-Prozeß lediglich unter dem Aspekt des Strafausspruchs zu betrachten. Besonders die Aufklärung der Verbrechen Burgers und Neuberts führte zu wichtigen neuen Feststellungen und Erkenntnissen über die Hintergründe und Zusammenhänge der Massenmorde in Auschwitz und über die eigentlichen Urheber, Förderer und Nutznießer dieser Verbrechen. Diese Feststellungen und Erkenntnisse haben zwar im Urteil keinen Niederschlag gefunden, sie sind aber weit über das Verfahren hinaus von allgemeiner Bedeutung. Neubert war angeklagt, weil er im Häftlingskrankenbau und in den Unterkunftsbaracken des Lagers Monowitz KZ-Häftlinge zur Ermordung ausgesondert hatte. Burger stand wegen der Beschaffung des Mordgases Zyklon B vor Gericht. Schon in den ersten Tagen der Beweisaufnahme wurde deutlich, daß diese Verbrechen in untrennbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit der IG-Farben und anderer, von ihr abhängiger Betriebe standen; denn das Lager Monowitz war ausschließlich für solche Häftlinge bestimmt, die die IG zur Arbeit im Bunawerk angefordert hatte, und Zyklon B wurde 2 Vgl. Hirthe, „Bemerkungen zum bisherigen Verlauf des Auschwitz-Prozesses“, NJ 1964 S. 305 fl. und 567 fl 1965 S. 19 ff.; „Zum Urteil im Auschwitz-Prozeß“, NJ 1965 S. 568 fl. von Firmen hergestellt und geliefert, die von der IG abhängig waren. Es wurde offenbar, daß die Schuld der Angeklagten nur dann umfassend und richtig festzustellen ist, .wenn auch die mit ihren Verbrechen zusammenhängende Tätigkeit der IG-Farben aufgeklärt wird. Hierauf hatte der Vertreter der Nebenkläger, Prof. Dr. Kaul, mit Nachdruck hingewiesen, und das Gericht konnte sich dem nicht verschließen. Nach Abschluß der Beweisaufnahme3 4 stand fest, daß jedenfalls im Konzentrationslager Monowitz der gesamte Lagerbetrieb von den Forderungen der IG-Far-ben bestimmt wurde. Dieser Konzern hatte das Lager aus eigener Initiative und auf eigene Kosten errichtet. Er war verantwortlich für Unterbringung und Verpflegung der Häftlinge. Er bestimmte die Grundsätze für die Auswahl der Häftlinge, die in das Lager eingeliefert wurden. Teilweise nahmen die Konzernvertreter diese Auswahl auch selbst vor. Weiterhin bestimmte der Konzern, welche Häftlinge aus dem Lager Monowitz wieder „abgeschoben“ werden mußten. Seine Forderungen waren das bestimmende Element für die in diesem Lager durchgeführten Selektionen. Die Konzernvertreter wußten sehr wohl, daß die selektierten Häftlinge in ihrer überwiegenden Mehrzahl unmittelbar zu den Vernichtungsstätten transportiert und dort ermordet wurden. Gleichwohl drängten sie ständig darauf, daß nur solche Häftlinge in Monowitz blieben, die von ihnen als noch „voll arbeitsfähig“ angesehen wurden. Ausschlaggebend waren die Profitinteressen der IG-Farben. Die SS in Auschwitz war verpflichtet, die Forderungen der IG „uhter allen Umständen“ zu erfüllen. Hierfür existierte ein direkter Befehl Himmlers, den der IG-Aufsichtsratsvorsitzende Krauch als staatlicher „Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Erzeugung“ erwirkt hatte. Im Ergebnis dieses Komplotts wurden Zehntausende, wenn nicht über hunderttausend körperschwache und kranke Häftlinge von Monowitz aus zur Ermordung nach Auschwitz oder Birkenau „abgeschoben“. Der Angeklagte Neubert erwies sich hierbei als ein dienstbeflissener Handlanger, der sich dem Druck der IG nicht entziehen konnte, dies aber auch gar nicht wollte. Mit diesen Feststellungen wurden die bereits im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozeß gewonnenen Erkenntnisse wesentlich präzisiert und vertieft. Erstmals wurde vor einem Gericht der Bundesrepublik der exakte Nachweis erbracht, daß die eigentliche Befehlsgewalt im KZ Monowitz von der IG und nicht von der SS ausgeübt wurde. Die SS war hier faktisch nur ein weisungsgebundener Handlanger des Konzerns. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme ist für die Rolle der Monopole in der Nazizeit und auch für weitere KZ-Prozesse bedeutsam, zumal bekannt ist, daß nicht nur die IG, sondern auch zahlreiche andere Konzerne eigene „Arbeitslager“ für KZ-Häftlinge unterhielten. Aufschlußreich waren auch die Ergebnisse der Beweisaufnahme über die Beschaffung von Zyklon B durch den Angeklagten Burger. Dieses Gas1 wurde von der „Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“ (Degesch), die von der IG-Farben abhängig war, ursprünglich als Desinfektions- und Entwesungsmittel hergestellt und durch Lieferfirmen vertrieben. Unmittelbar nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen hatte sich die Degesch intensiv um Zyklon-Bestel- 3 ln der Beweisaufnahme wurden 111 Zeugen und 10 Sachverständigengutachten gehört. Außerdem wurden die Aussagen weiterer 25 Zeugen und zahlreiche Schriftstücke verlesen. 4 Bei Zyklon B handelt es sich um flüssige Blausäure von der bereits 100 mg je cbm zur Tötung eines Menschen aus-reichen , die in einem porösen Trägermaterial aufgesaugt, durch Zugabe eines Stabilisators haltbar gemacht und luftdicht in Büchsen verschlossen ist. Mit dem öffnen und Ausschütten der Büchsen bildet sich durch den Luftzutritt ein hochgiftiges Gas 730;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 730 (NJ DDR 1966, S. 730) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 730 (NJ DDR 1966, S. 730)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

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