Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 713

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 713 (NJ DDR 1966, S. 713); So ergab sich z. B. in einer Strafsache des Kreisgerichts Potsdam-Stadt aus dem vom Untersuchungsorgan angefertigten Protokoll über die Kollektivberätung, daß der Angeklagte leichtsinnig ist, nicht gewissenhaft arbeitet, nicht glaubwürdig ist und insgesamt eine schlechte Einstellung zur Arbeit hat. In der Hauptverhandlung trug der Kollektivvertreter dagegen vor, daß der Angeklagte einen „guten Leumund“ habe. Niemand konnte mit Sicherheit angeben, ob das Protokoll oder der Kollektivvertreter die Auffassung des Kollektivs wiedergab. In den Protokollen sollten daher außer den im Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 21. April 1965 unter Abschn. I Ziff. 2 geforderten Angaben die wesentlichsten Gedanken der Diskussion festgehalten werden. Aufgabe der Mitarbeiter der Rechtspflegeorgane und der Leitungskräfte, die an der Beratung teilnehmen, ist es, dafür zu sorgen, daß alle wesentlichen Meinungsverschiedenheiten diskutiert werden und die abschließende Auffassung des Kollektivs festgelegt wird. Auch sollte das Protokoll in der Regel vom Kollektiv aufgesetzt werden, und zwar mit Unterstützung der Leitungskräfte. Das bietet zumal das Protokoll die Grundlage für den Vortrag des Kollektivvertreters in der Hauptverhandlung bildet die sicherste Gewähr für seine inhaltliche Übereinstimmung mit der erarbeiteten Kollektivmeinung. Die Vorbereitung des Kollektivvertreters durch das Gericht Die Vorbereitung des Kollektivvertreters auf die Hauptverhandlung muß bereits in der Beratung des Kollektivs beginnen. Sie darf vor allem im Hinblick auf die vorzutragenden Auffassungen des Kollektivs nicht von der individuellen Anleitung des Kollektivvertreters durch das Gericht abhängig sein. Insofern können Schlegel und L i s c h k e mißverstanden werden, die schreiben, daß die Gefahr bestehe, die Beauftragten des Kollektivs könnten den Gerichten „nicht die erforderlichen Erkenntnisse vermitteln“, wenn sie von diesen nicht individuell angeleitet würden.4 Die Kollektivvertreter haben ohne sich an jede Einzelheit klammern ( zu müssen die Auffassungen des Kollektivs wiederzugeben und nicht Ansichten, zu denen sie erst unter dem Eindruck der Erörterungen bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung oder in der Hauptverhandlung selbst gekommen sind. Deshalb darf die individuelle Anleitung durch das Gericht nicht darauf gerichtet sein, den Kollektivvertreter zur Darlegung von Erkenntnissen in der Hauptverhandlung anzuregen, die das Kollektiv in der Beratung nicht gewonnen hat. Ergibt sich im Eröffnungsverfahren, daß die Ergebnisse der Kollektivberatung für die sachkundige Mitwirkung des Kollektivvertreters in der Hauptverhandlung nicht ausreichen, so muß dem Kollektiv Gelegenheit zu einer' qualifizierteren inhaltlichen Festlegung des Auftrags an seinen Vertreter gegeben werden. Das gilt auch für die richtige Auswahl des Kollektivvertreters nach den von Schlegel und Lischke dargelegten Gesichtspunkten. Die Auswahl eines Kollektivvertreters darf ebenfalls nicht als eine Aufgabe der Rechtspflegeorgane betrachtet werden, sondern obliegt allein dem Kollektiv. Nicht zuletzt darin, daß das Kollektiv frei darüber, zu entscheiden hat, durch wen und wie es vor Gericht vertreten sein will, liegen die demokratischen Garantien bei der Verwirklichung des Rechtspflegeerlasses. Die Rückgabe der Sache nach § 174 StPO In der Praxis bereitet immer noch die Frage Schwierigkeiten, welches Rechtspflegeorgan für die Gewährlei- 4 Schlegel / Lischke, „Erfahrungen aus der Durchsetzung des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts über die unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung im Strafverfahren“, NJ 1965 S. 722. stung einer wirksamen Mitwirkung der Werktätigen am gerichtlichen Verfahren verantwortlich ist, wenn die Beratung des Kollektivs im Ermittlungsverfahren zwar zur Benennung eines Kollektivvertreters geführt hat, aber das Kollektiv sonst nicht hinreichend auf den Gegenstand der Beratung gelenkt wurde (Abschn. I Ziff. 2 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 21. April 1965). Dieser keineswegs seltene Fall wird vom Präsidiumsbeschluß nicht erfaßt. Das Gesetz hat dem Untersuchungsorgan und dem Staatsanwalt die alleinige Verantwortung dafür übertragen, daß dem Gericht mit der Anklageschrift alle zur Entscheidung benötigten Beweismittel benannt und die durch sie zu beweisenden Tatsachen in der für die Eröffnung des Hauptverfahrens und für die Entscheidung der Sache geeigneten Weise angegeben werden. Diese Verantwortung ist auch hinsichtlich des Kollektivvertreters gegeben. Sind Untersuchungsorgan und Staatsanwalt dieser Verantwortung nicht gerecht geworden, so müssen die Mängel grundsätzlich durch neue Ermittlungen behoben werden. Es kann nicht Aufgabe des Gerichts sein, Versäumnisse des Ermittlungsverfahrens, nämlich die exakte Aufklärung der Tat, ihrer Bedingungen und Ursachen und der Täterpefsönlichkeit mit Hilfe des Kollektivs, nachzuholen. Die Verantwortung des Gerichts für eine wirksame Mitwirkung der Werktätigen am Strafverfahren kann sich nur darauf erstrecken, die Kollektive und ihre Vertreter über ihre Rechte und Pflichten im Verfahren, die Möglichkeiten und Erfordernisse ihrer Mitwirkung an der Kriminalitätsbekämpfung und -Verhütung sowie über die Maßnahmen zur Lösung ihrer Aufgaben bei der Erziehung und Selbsterziehung des Täters zu beraten. Die Teilnahme eines Richters an einer Beratung des Kollektivs, die sich nicht auf diese Fragen beschränkt, sondern auf die weitere Sachaufklärung gerichtet, ist, verwischt nicht nur die Grenzen der speziellen Verantwortung der Organe der Rechtspflege, sondern beeinträchtigt die erzieherische Wirkung der Hauptverhandlung und kann auch zu Zweifeln an der Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts führen. Die Kollektive müssen grundsätzlich im Ermittlungsverfahren umfassend auf ihre Mitwirkung am Strafverfahren vorbereitet werden. Es erscheint keineswegs sinnvoll, neben dem Untersuchungsorgan und dem Staatsanwalt auch dem Gericht prinzipiell die Pflicht zur Beratung mit den Kollektiven zu übertragen. Untersuchungsorgan und Staatsanwalt müssen alle Fragen behandeln, die eine Erörterung durch das Gericht umfassen kann, um die Mitwirkung der Werktätigen wirksam zu machen. Die Befähigung dazu ist überwiegend vorhanden und muß dort, wo sie zur Zeit noch fehlt, entwickelt werden. Eine andere Auffassung führt m. E. zu doppelter und an sich unnötiger Beanspruchung, insbesondere auch der Werktätigen selbst. Nicht jeder auf die unzureichende Einbeziehung der Werktätigen zurückzuführende Mangel muß zu einer nochmaligen Kollektivberatung führen. Es ist stets sorgfältig abzuwägen, welcher Aufwand sachlich berechtigt ist. Auf eine erneute Kollektivberatung sollte nur in unumgänglichen Fällen hingewirkt werden, z. B., wenn ein Kollektiv einbezogen wurde, dem der Angeklagte nicht angehört und auch nicht angehört hat, wenn sein Arbeitskollektiv nicht angemessen in der Beratung vertreten war, wenn Leitungskader in Zeugenaussagen Auffassungen bekundeten, die in völligem Gegensatz zur Meinung des Kollektivs stehen, und das Kollektiv mit diesen nicht konfrontiert wurde, wenn weitere Ermittlungen wesentlich andere Feststellungen als die in der früheren Kollektivberatung dargelegten ergaben und aus ähnlichen gewichtigen Gründen. 713;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 713 (NJ DDR 1966, S. 713) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 713 (NJ DDR 1966, S. 713)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Im Zusammenhang mit der Aufklärung straftatverdächtiger Handlungen und Vorkommnisse wurden darüber hinaus weitere Personen zugeführt und Befragungen unterzogen. Gegen diese Personen, von denen ein erheblicher Teil unter dem Einfluß der politisch-ideologischen Diversion und verstärkter Eontaktaktivitäten des Gegners standen, unter denen sich oft entscheidend ihre politisch-ideologische Position, Motivation und Entschluß-, fassung zur Antragstellung auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der gestellt hatten und im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und ihrer weltanschaulichen Grund- läge, dem Marxismus-Leninismuse Feindliche Einstellungen bringen die innere Bereitschaft zu einem Handeln zum Ausdruck, das offen oder verdeckt dem Ziel dient, die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der vor Angriffen zu gewährleisten. Deshalb ist in unverminderter Schärfe das subversive Wirken des Gegners sozialistischen Staat und seine Machtorgane, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der Sicherheit der Rechte Verhafteter macht es sich erforderlich, eine für alle Diensteinheiten der Linie einheitlich geltende Effektenordnunq zu erlassen.

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