Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 711

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 711 (NJ DDR 1966, S. 711);  KURT ZIEMEN, Oberrichter am Bezirksgericht Potsdam Die Mitwirkung von Vertretern der Kollektive im Strafverfahren Die im Rechtspflegeerlaß (Zweiter Teil, Erster Abschnitt IV B 3 und 4) gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung von Vertretern der Kollektive am Strafverfahren charakterisiert besonders deutlich die demokratischen Grundlagen des sozialistischen Strafprozesses. Die Aussagen der Kollektivvertreter sind Beweismittel und mobilisierende Kraft im Kampf gegen die Kriminalität.1 Gegenwärtig werden aber noch nicht alle; Möglichkeiten; die sich aus der Mitwirkung von Kollektivvertretern am Strafverfahren ergeben, für die Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und für die Erhöhung der Wirksamkeit der Rechtsprechung genutzt. Die Aufgaben der Kollektivvertreter Der Vertreter des Kollektivs wirkt an der umfassenden Aufklärung der Tat, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen und der Persönlichkeit des Angeklagten mit. Insoweit entspricht seine Stellung im Prozeß der eines Zeugen. Es muß deshalb von ihm verlangt werden, daß er die Tatsachen und Umstände, auf denen die Kollektivmeinung beruht, darlegt, damit das Gericht sie selbständig bewerten kann. Mitunter begnügen sich Gerichte jedoch noch damit, daß der Kollektivvertreter mehr oder weniger pauschale Einschätzungen in Form von Werturteilen vorträgt, und übernehmen diese sogar in das Urteil. Das muß zwar nicht Ausdrude von Mängeln bei der Eritscheidungsbil-dung des Gerichts sein. Nicht selten verbirgt sich aber dahinter, daß sich das Gericht tatsächlich keine eigene Überzeugung gebildet hat, sondern einfach auf die Richtigkeit der Einschätzung des Kollektivs vertraut. Das ist mit der Aufklärungspflicht und der Verantwortung des Gerichts für ein gerechtes und allseitig sachlich begründetes Urteil nicht vereinbar. Die Aufgaben des Vertreters des Kollektivs erschöpfen sich jedoch nicht in seiner Funktion als Beweismittel. Sein spezieller Beitrag zur Verwirklichung der Aufgaben des Strafverfahrens besteht darin, dem Gericht die Auffassung seines Kollektivs zur Straftat, zu ihren Ursachen und begünstigenden Bedingungen, zur Persönlichkeit des Angeklagten und zu dessen Erziehung und Selbsterziehung zu vermitteln, die das Kollektiv auf Grund eigener Wahrnehmungen und der vom Untersuchungsorgan mitgeteilten Tatsachen im Ergebnis einer Beratung gewonnen hat. Gerade darin unterscheidet sich der Kollektivvertreter grundlegend vom Zeugen, der in der Regel nur ihm bekannt gewordene Fakten darzulegen hat. Die unmittelbare Mitwirkung der gesellschaftlichen Kollektive an der Bewertung der Tat und des Täters und an der Analyse der individuell und gesellschaftlich wirkungsvollsten Maßnahmen trägt zur Findung einer gerechten Entscheidung bei. ! Die Einschätzungen des Kollektivs ermöglichen es dem Gericht, Umstände und Aspekte in seine Wertung einzubeziehen, die ihm sonst verborgen bleiben würden; die aber für das Kollektiv durch das Zusammenleben mit dem Täter und wegen der praktischen Erfahrungen und Kenntnisse in dem speziellen gesellschaftlichen Bereich, insbesondere im Arbeitsprozeß, konkret überblickbar sind. Diese Mitgestaltung des Prozesses def Urteilsfindung des Gerichts ist zugleich eine wesentliche Garantie dafür, daß der Täter und das Kollektiv,! in dem er lebt l Vgl. dazu auch Beyer / Herrmann. „Die Mitwirkung von Vertretern der Kollektive der Werktätigen sowie von gesellschaftlichen Anklägern und Verteidigern“. NJ 1963 S. 647, und Beyer / Naumann, Die Mitwirkung der Werktätigen äm Strafverfahren, Berlin 1966, S. 32 bis 38 und 106 bis 109. und arbeitet, das Urteil verstehen, sich mit seinem gesetzlichen und moralischen Anliegen identifizieren, es selbständig verwirklichen und damit zur Verhütung weiterer Straftaten beitragen. v Die Information des Kollektivs durch die Ermittlungsorgane Die sachkundige und verantwortliche Mitwirkung der Öffentlichkeit an der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens hängt wesentlich von der Art und Weise der Zusammenarbeit der Rechtspflegeorgane mit den gesellschaftlichen Kräften ab. Diese dürfen nicht nur wie das oft noch der Fall ist über die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Faktoren, wie sie in Abschn. I Ziff. 2 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts über die unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung am Strafverfahren vom 21. April 1965 (NJ 1965 S. 337) angeführt sind, informiert werden. Es ist vielmehr notwendig, in den Kollektiven das Wesen, die unterschiedlichen Formen und den konkreten Inhalt der Mitwirkung am Strafverfahren vor allem unter* dem Aspekt der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die.Zurückdrängung der Kriminalität zu behandeln. Nur so werden bei allen Angehörigen des Kollektivs Erkenntnisse und Impulse für das eigene Verhalten und die Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen ausgelöst werden, die den Erfordernissen der Entwicklung unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung entsprechen. Dabei, muß stets beachtet werden, daß die Darlegung des Tatverdachts gegen ein Mitglied des Kollektivs nicht nur dazu dient, gesellschaftliche Kräfte zur Mitwirkung am Strafverfahren zu mobilisieren, sondern zugleich auf die allseitige Entfaltung der bewußtseinsbildenden Kraft der Gemeinschaft und auf die Erhöhung des gesamtgesellschaftlichen Verantwortungsbewußtseins gerichtet ist. Andernfalls kann es zu einer formalen Einbeziehung der Werktätigen kommen, die dann in der Regel auch ergebnislos bleibt. Wir haben in Rechtsmittelverfahren wiederholt festgestellt, daß nach erneuter Beratung über die Straftat im Kollektiv von demselben Beauftragten andere Auffassungen über den Angeklagten, dessen Erziehbarkeit und die erzieherischen Potenzen des Kollektivs vorgetragen wurden als im erstinstanzlichen Verfahren. Das trifft vor allem auf die Fälle zu, in denen mit dem Rechtsmittel eine bedingte Verurteilung angestrebt wurde. Die Änderung der Auffassung des Kollektivs war auf verschiedenartige Umstände zurückzuführen. In einigen Fällen hatte der Täter erst nach dem erstinstanzlichen Urteil sein Verhalten geändert oder seinen Wiedergutmachungswillen nicht eher beweisen können. In anderen Fällen hatte an der früheren Kollektivberatung eine größere Anzahl der Mitglieder nicht teilgenommen bzw. hatten nachträglich Auffassungen mehr Geltung bekommen, die vorher unterlegen oder auch gar nicht geäußert worden waren. Vereinzelt gab es unter dem Eindruck der Freiheitsstrafe auch unsachliche Motive, so z. B. betriebliches Interesse an der Arbeitskraft des Täters oder falschverstandene Kameradschaft. Am häufigsten wurde jedoch festgestellt, daß das Kollektiv erst dann, wenn es in der Hauptverhandlung umfassende Kenntnisse über die Zusammenhänge der Tat erlangt und praktische Erfahrungen über seine verantwortliche Stellung im Strafverfahren gewonnen hatte, wirklich in der Lage war, sich eine begründete Meinung zu bilden. Daraus wird deutlich, daß insbesondere Mängel in der Information die sachkundige und verantwortungsbewußte 711;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 711 (NJ DDR 1966, S. 711) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 711 (NJ DDR 1966, S. 711)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Auf der Grundlage der umfassenden politischen, politisch-operativen und straf rechtlichen Einschätzung ist die mit der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung anzustrebende politischoperative Zielstellung, die den wirkungsvollsten Beitrag zur Erfüllung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit , wie das prinzipiell bereits im Abschnitt der Arbeit dargestellt wurde. Zu : Der Schutz der inoffiziellen Mitarbeiter und die Gewährleistung der Geheimhaltung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere die Herausarbeitung und Beweisführung des dringenden Verdachts, wird wesentlich mit davon beeinflußt, wie es gelingt, die Möglichkeiten und Potenzen zur vorgangsbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet und ist auch in allen anderen Bezirksverwaltungen Verwaltungen konsequent durchzusetzen. In diesem Zusammenhang einige weitere Bemerkungen zur Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Schadens verursachender Handlungen. Die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit verlangt den zielgerichteten Einsatz der dem Staatssicherheit zur Verfügung stehenden spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf sozialen Ebene der Vorbeugung feindlich-nega und Handlungen der allgemein tiver Cinsteilun-. Das Staatssicherheit trägt auf beiden Hauptebenen der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung.

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